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Würfelwelt (German Edition)

Würfelwelt (German Edition)

Titel: Würfelwelt (German Edition)
Autoren: Karl Olsberg
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Ferne einen winzigen Lichtpunkt. Ich konzentriere mich darauf, sehne ihn herbei, und tatsächlich wird er allmählich größer.
    Das Licht nimmt die Form eines Krankenzimmers an. Einen Moment lang freue ich mich über den Anblick. Dann merke ich, dass etwas nicht stimmt.
    Die Perspektive ist falsch. Statt das Zimmer aus dem Blickwinkel des Bettes zu sehen, betrachte ich es von schräg oben, als schwebte ich in einer Ecke des Raums.
    Das Zimmer wird rasch größer. Wir jagen auf das Bett zu, das jetzt gigantische Ausmaße annimmt. Ich umklammere die Hörner fester, darauf gefasst, in der nächsten Sekunde auf die Bettdecke zu prallen. Im letzten Moment schlägt der Enderdrache mit den Flügeln und zieht den Kopf empor. Wir jagen dicht über das Bett, das sich unter uns erstreckt wie eine verschneite Landschaft.
    Eine Hügelkette scheint vor uns aufzuragen, doch als der Drache an seiner Flanke emporsteigt und den Kamm überfliegt, erkenne ich, dass es ein Körper ist, der unter der Decke liegt.
    Der Drache steigt auf, bis es mir erscheint, als blicke ich aus mehreren hundert Metern Höhe auf einen schlafenden Riesen herab. Er wirkt friedlich, wie er so daliegt, die Augen fest geschlossen, das Gesicht entspannt, als träume er einen tiefen, schönen Traum.
    „Wir müssen ihn aufwecken!“, rufe ich.
    „Das wird nicht funktionieren“, antwortet der Enderdrache.
    „Flieg zu seinem Ohr!“
    Der Drache gehorcht. Die Ohrmuschel ist gigantisch, der Gehörgang so groß, dass wir bequem hineinpassen würden.
    „Wach auf, Marko!“, rufe ich, so laut ich kann. Aber meine Stimme ist für dieses gewaltige Ohr kaum mehr als das Summen einer Mücke.
    Ich überlege, ob ich in den Gehörgang hineinfliegen soll. Vielleicht kann ich auf diese Weise in mein eigenes Gehirn gelangen und die Kontrolle über meinen Körper zurückgewinnen? Besonders plausibel scheint mir der Gedanke nicht, und mein Ohr sieht auch nicht sehr sauber aus.
    Stattdessen dirigiere ich den Drachen zum rechten Auge. Die Wimpern ragen empor wie dünne Baumstämme. Ich versuche, eine davon zu ergreifen und das Augenlid aufzuziehen, doch selbst die Kraft des Enderdrachen reicht dafür nicht aus.
    Plötzlich gibt es eine Art Erdbeben unter uns. Das Augenlid zuckt für einen Moment. Anscheinend habe ich einen Reflex ausgelöst.
    Noch einmal zerre ich an einer Wimper. Wieder gibt es eine kurze Reflexreaktion. Doch das Auge öffnet sich nicht.
    So wird das nichts. Ich hatte schon immer einen gesunden Schlaf, und wahrscheinlich ist mein Körper vollgepumpt mit einer Überdosis Schlafmittel.
    Verzweifelt sehe ich mich um. In der Ferne ragen die medizinischen Apparate auf wie ein Gebirge aus Metall und Plastik. Ich sehe einen großen Bildschirm mit einer leuchtenden Linie, auf der hin und wieder steile Zacken langsam nach links gleiten. Jedes Mal, wenn ein solcher Impuls auftritt, ertönt ein Piepen. Die Zacken scheinen mir ziemlich unregelmäßig zu sein.
    Ein Kabel läuft von dem Apparat nach unten, führt über den linken Arm des Riesen und verschwindet unter der Bettdecke.
    Mir kommt ein Gedanke. „Los!“, rufe ich dem Enderdrachen zu. „Zum Arm!“
    „Hast du es immer noch nicht begriffen?“, fragt der Enderdrache. Seine eisige Stimme klingt genervt. „Du kannst hier nichts ausrichten! Du bist nur ein Gedanke!“
    „Das werden wir ja sehen!“, sage ich trotzig.
    Der Enderdrache tut mir den Gefallen. Wir landen auf dem gigantischen Arm, dicht bei der Armbeuge.
    Ich steige vom Hals des Drachen und wandere über die Haut, die aus dieser Perspektive wie eine hügelige Ebene wirkt. In unregelmäßigen Abständen befinden sich Löcher im Boden, aus denen Haare emporragen, jedes länger als ich.
    Ich greife eines der Haare und ziehe daran.
    Eine gewaltige Erschütterung läuft durch den Boden unter mir. Ich verliere den Halt und rutsche beinahe in eine der Poren.
    Ich rappele mich auf und ziehe erneut an dem Haar. „Ich bin eine Spinne!“, rufe ich, so laut ich kann. „Eine fiese kleine haarige Spinne, die auf deinem Arm herumkrabbelt!“
    Wieder läuft ein Beben durch den Arm, heftiger diesmal. Ich klammere mich an dem Haar fest, um nicht weggeschleudert zu werden.
    Der Enderdrache sieht mich, wie es scheint, mitleidig an.
    „Los, hilf mir!“, rufe ich ihm zu.
    Ich hüpfe auf der Stelle. „Ich bin eine fiese, haarige Spinne!“, brülle ich dabei. „Ich krabbele auf deinem Arm herum! Du hast panische Angst vor Spinnen! Wach endlich auf, du Idiot!“
    Wieder
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