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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman
Autoren: PeP eBooks
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Aufmerksamkeitsbekundungen des jungen Burschen bemerkt hatte. Eines Morgens, als sie wieder einmal eine neue Ladung löschten, kam einer der Hafenarbeiter ins Stolpern. Die Kiste, die er gerade trug, glitt ihm aus den Händen, und mit einem lauten Knall fiel sie mit der Ecke auf den harten Betonboden. Das Geräusch des berstenden Holzes und die wütenden Rufe des Kommissars brachten den ganzen Pier vorübergehend zum Stillstand. Svritsky stürmte auf den Kollegen zu und brüllte ihn an, um ihn so von den Flaschen mit teurem Whisky abzulenken, die zwischen den zerbrochenen Holzlatten hervorblitzten. Dann warf er hastig eine Plane darüber.
    Der Polizeioberkommissar musterte ihn, sagte aber nichts. Als die nächste Ladung eintraf, befahl er dem Kontrolleur mit harscher Stimme, von nun an solle Svritsky die Löschung der Fracht beaufsichtigen. Schon bald machte sich der Kommissar nicht länger die Mühe, selbst zu den Docks herunterzukommen, sondern ließ Svritsky die illegalen Waren direkt zur Miliz bringen. Am Ende des Jahres hatte der junge Mann die Piers hinter sich gelassen und begonnen, ausschließlich für die Miliz zu arbeiten, indem er ihr bei verschiedenen zwielichtigen Aufgaben zur Hand ging.
    Sein Aufstieg in der sowjetischen Unterwelt vollzog sich rasch
und problemlos. Er wusste, wie man Loyalität mit ausgeprägter Selbstsucht verband. Jahrelang hielt er den Schwarzmarkt im nördlichen Russland unter seiner brutalen Kontrolle und belieferte die gesamte politische Elite mit verbotenen Luxusgütern.
    Das Monopol der Miliz fand mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ein jähes Ende. Importkontrollen brachen zusammen, und so mancher Gangster ergriff die Gelegenheit, gewaltsam sein Territorium auszuweiten. Russland wurde für einen früheren Milizganoven immer gefährlicher, so dass sich Svritsky schon bald gezwungen sah, das Land zu verlassen. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Westafrika kam er ohne Freunde oder Familie nach Kapstadt. Es gelang ihm recht schnell, diese fehlenden emotionalen Bindungen zu seinem Vorteil zu nutzen. Durch seine unerschrockene, eigenständige Art wusste er selbst die geringste Schwäche seiner Mitmenschen auszunutzen. Die Entschlossenheit und Bereitschaft des Russen, Menschen auszubeuten, um sein Ziel zu erreichen, machte ihn zu einem gefürchteten Konkurrenten der örtlichen Verbrecher. Mit seiner Mischung aus Intelligenz und Skrupellosigkeit war er ihnen sogar deutlich überlegen. Während sie noch versuchten, mit Drohungen und Beschimpfungen weiterzukommen, führte Svritsky seine Pläne bereits aus. Schon bald hatte er seine Macht in den Nachtclubs und Geschäften der Innenstadt gefestigt.
    Sein schwerer Körper und sein fleischig rundes Gesicht, das oft feucht glänzte, unterstrichen noch seinen Ruf als knallharter Gangster. Sein rasierter Kopf und die knopfartige Nase erinnerten an ein Stachelschwein. Als Jugendlicher hatte er unter schwerer Akne gelitten, wodurch seine Haut auch jetzt noch wie die unebene Oberfläche eines Haferbreis aussah. Weißgraue Bartstoppeln verbargen die schlimmsten Narben. Doch wenn er wütend war, rötete sich sein Nacken, als wäre er mit heißem Wasser verbrüht worden, und die Pockennarben schienen sich
wie Wunden zu entzünden. Seinen rechten Unterarm zierte die Tätowierung einer nackten Frau, die versuchte, eine Schlange in Schach zu halten. Der dicke Leib des Tieres hatte sich um einen Schenkel der Frau gewickelt und zwischen die Beine gedrängt, wobei es sich vor den zusammengezogenen roten Brustwarzen aufbäumte.
    Svritsky trug gern locker geschnittene Shorts, die seine stämmigen Oberschenkel gerade einmal zur Hälfte bedeckten. Dazu hatte er meist weiße Socken und Turnschuhe an. Kurzärmlige Polohemden betonten seine fassförmige Brust und die kraftvollen, behaarten Arme. In einer solchen Aufmachung hätten die meisten Geschäftsmänner lächerlich gewirkt, doch in seinem Fall hob sie die bedrohliche Ausstrahlung noch hervor. In seinen Augen zeigte sich gnadenlose Entschlossenheit. Die Iris wirkte manchmal beinahe opak - ein lebloses Grau wie die Farbe des Meeres seiner Heimatstadt -, nur um sich dann blitzschnell in ein gefährliches Grün zu verwandeln, die schillernde Farbe brennenden Bariums. Am erschreckendsten wirkte er, wenn er sein Gegenüber regungslos anstarrte.
    Richard Calloway beobachtete, wie sein Mandant jetzt den zornig funkelnden Blick auf die zierliche Gestalt von Cerissa du Toit richtete, die Behördenleiterin der
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