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Bombengeschäfte

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Titel: Bombengeschäfte
Autoren: H Friederichs
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„Ich hatte nie die Absicht, Panzer nach Saudi-Arabien zu liefern“
Helmut Schmidt im Gespräch mit dem Autor
    In einem Interview mit „Wehr und Wirtschaft“ haben Sie 1970 als Verteidigungsminister gesagt, die Bundesrepublik müsste sich künftig bei der Lieferung von Kriegsmaterial an Staaten außerhalb des NATO-Bereichs zurückhalten. Das ist ja nun eine ganze Zeit lang her
.
    Helmut Schmidt: Das ist über 40 Jahre her.
    Würden Sie sagen, dass Ihre Aussage von 1970 auch heute noch ein guter Rat für Bundesregierungen wäre?
    Schmidt: Ohne Einschränkung, jawohl.
    Die aktuelle Bundesregierung beteuert immer wieder, dass sie eine restriktive Rüstungsexportpolitik betreibt. Haben Sie den Eindruck, dass diese Aussage die aktuelle Rüstungsexportpolitik treffend wiedergibt?
    Schmidt: Nein. Die Theorie und die Praxis klaffen weit auseinander. Tatsächlich ist Deutschland heute als Exporteur von Waffen und von Kriegsgerät wahrscheinlich unter allen Staaten der Welt an dritter Stelle.
    Die Entscheidung der Regierung Merkel, eine Voranfrage für die Lieferung von 270 Leopard-2-Panzern nach Saudi-Arabien zu genehmigen, wird als Abkehr von der bisherigen Rüstungsexportpolitik bewertet. Wie sehen Sie das?
    Schmidt: Das ist ein Bruch eines alten Tabus. Und es bedeutet gleichzeitig eine Neuausrichtung der Exportpolitik. Angeblich geschieht die Lieferung von Panzern an Saudi-Arabien mit dem Einverständnis der israelischen Regierung. Eine solche Zustimmung Israels hat es früher nicht gegeben. Aber selbst mit Einverständnis Israels hätten wir damals keine Panzer geliefert.
    Warum hätten Sie als Kanzler keine U-Boote an Israel und Panzer an Saudi-Arabien geliefert?
    Schmidt: Wir hatten damals einen Grundsatz, der bei Entscheidungen im Bundessicherheitsrat galt. Er hieß: Keine Waffen und Kriegsgeräte zu liefern an andere Mächte, sondern nur an unsere Bündnisgenossen. Nach diesem Grundsatz haben wir uns damals gerichtet.
    Die Regierung Merkel schweigt zu der genehmigten Voranfrage für den Panzerexport nach Saudi-Arabien. Wie erklären Sie sich die strikte Geheimhaltung?
    Schmidt: Das ist die Angst vor der Öffentlichkeit. Saudi-Arabien ist ein besonderer Fall. Sie wollten immer deutsche Panzer haben, schon zu meiner Zeit als Bundeskanzler. Sie haben auch den Eindruck erweckt, als ob wir ernsthaft mit ihnen verhandeln. Ich hatte nie die Absicht, Panzer nach Saudi-Arabien zu liefern. Ich hätte auch nie dem Export von Unterseebooten nach Israel zugestimmt, die in Wirklichkeit dafür bestimmt sind, umgebaut zu werden als Träger für nukleare Waffen.
    Die Geheimhaltung wird von der Bundesregierung bei Rüstungsexporten sehr gepflegt. Selbst genehmigte Rüstungsexporte werden nicht öffentlich gemacht oder begründet. Halten Sie das für den richtigen Weg?
    Schmidt: Nein, das finde ich nicht vernünftig. Ich bin für Transparenz in solchen Dingen. Die Tatsache, dass der Bundessicherheitsrat eine Anfrage abgelehnt hat, die muss nicht veröffentlicht werden. Aber die Exportanträge, die er genehmigt hat, die bedürfen der Veröffentlichung.
    Die Regierung Schröder beschloss im Jahr 2000 neue Richtlinien zu Rüstungsexporten. Darin heißt es, dass grundsätzlich keine Waffen an Staaten exportiert werden sollen, in denen systematisch Menschenrechte verletzt werden und die in einem Spannungsgebiet liegen. Beides dürfte wohl auf Saudi-Arabien zutreffen
.
    Schmidt: Das trifft nicht nur auf Saudi-Arabien zu. Andere muslimische Staaten des Nahen Ostens haben ähnliche Probleme. Auch der Iran im Mittleren Osten gehört zu den problematischen Ländern dazu.
    1981 waren Sie zum Staatsbesuch in Riad. Der „Spiegel„ schrieb damals, dass, wenn die Saudis keine Panzer bekämen, die Gefahr bestünde, der Regierung vor den Kopf zu stoßen. Wie haben die Saudis reagiert, als Sie deren Wünsche nach Panzern nicht erfüllt haben?
    Schmidt: Das liegt so lange zurück; ich kann mich nicht mehr an alle Details erinnern. Auf jeden Fall ist das Verhältnis zu Saudi-Arabien in Ordnung geblieben. Der damalige Verteidigungsminister Prinz Sultan hat zwar später immer weiter gebohrt – er wollte unbedingt deutsche Panzer bekommen.
    Weshalb wollten die Saudis damals überhaupt deutsche Panzer haben?
    Schmidt: Das wussten die Saudis, glaube ich, selbst nicht genau.
    Von wem fühlte sich Saudi-Arabien bedroht?
    Schmidt: Der Irak unter Saddam Hussein war ein Konkurrent Saudi-Arabiens um die Vormacht im Mittleren Osten. Später kam der Iran hinzu.
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