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Titel: wsmt
Autoren: Unknown
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um über Gott und die
Welt zu reden, jedenfalls nicht ausschließlich..“
    Er ließ seinen Blick
umherwandern:
    „Ich möchte mit Mademoiselle
Chatelain sprechen. Mademoiselle Hélène Chatelain.
    „Wie Sie sehen“, sagte ich,
„ist sie im Augenblick nicht da. Sie hatte etwas zu erledigen, aber sie wird
bald zurücksein. Worum geht es?“
    Er hob eine Hand.
    „Eine persönliche
Angelegenheit.“
    Ganz Orsini, der Schankwirt des
Teufels, wie er sein berühmtes Belle
nuit pour une orgie à la Tour rezitiert.
    „Eine persönliche
Angelegenheit. Ich bin ein Freund ihres seligen Herrn Vaters.“
    Er glaubte, mich genügend
informiert zu haben.
    „Wenn Sie auf sie warten
wollen...“, schlug ich ihm vor.
    „Ich danke Ihnen, Monsieur“,
sagte er, höflich ablehnend. „Das Wetter ist schön. Ich werde einen kleinen
Spaziergang machen und dann noch einmal wiederkommen. Spazierengehen ist ein
vortrefflicher Sport. Wir Künstler müssen uns stets gut in Form halten.
Monsieur, ich empfehle mich...“
    Er verbeugte sich majestätisch,
wobei keine Feder über den Fußboden wischte, da an seinem Filzhut gar keine
Feder war (dafür legte er sehr viel Gemüt in diese Bewegung). Dann setzte er
den Hut wieder auf die blankpolierte Billardkugel, wandte sich kunstvoll um und
ging hinaus.
    Vorhang.
     
    * * *
     
    Kurz darauf kam Hélène mit
leeren Händen von ihrem Einkaufsbummel zurück. Ich berichtete ihr von dem
Besuch des alten Schauspielers. Wenn ich gerne mit komischen Typen zusammen
war, dann trat sie würdig in meine Fußstapfen.
    Sie überging meine
entsprechende Bemerkung:
    „Oh! Monsieur Colin ist
gekommen? Er war ein Freund von Papa. Ich hab ihn, glaube ich, zweimal gesehen,
das zweite Mal vor mehr als zehn Jahren. Er hat mich in den letzten Tagen
häufig zu Hause angerufen. Weil er so hartnäckig war, hab ich mich schließlich
hier mit ihm verabredet...“
    „Und darum haben Sie sich
dünnegemacht?“
    „Ja. Ich wollte, daß Sie sich
ihn ansehen.“
    „Sie trauen dem Kerl nicht?“
    „Bloß ein Anfall von
Berufskrankheit, nehme ich an. Und dann habe ich ihn so selten gesehen. Kann
man ihm denn trauen?“
    „Ich glaub schon.“
    „Welchen Eindruck hat er auf
Sie gemacht?“
    „Ach Gott... Solche Typen sind
weder Fisch noch Fleisch, wissen Sie...vielleicht deshalb, weil sie nie genug
davon bekommen.“
    „Hm“, machte Hélène und
schüttelte ihren hübschen Kopf. „Dieses Kauderwelsch heißt wohl, daß er Ihnen
nicht sympathisch ist, oder?“
    „Er ist mir auch nicht
unsympathisch. Es gibt angenehmere Zeitgenossen.“
    „Hm...“
    Sie kramte in ihrer Tasche, zog
ein vergilbtes, großformatiges Bild heraus und reichte es mir.
    „Ich habe es im Familienalbum
gefunden. Ist das der Mann?“
    „Ich sah mir das Bild an.
Herzlichst dem verstorbenen Vater von Mademoiselle gewidmet, in Großbuchstaben.
    „Ein paar Jahre jünger, ja“, sagte
ich. „Jetzt sieht er viel weniger tragisch aus als hier auf dem Foto. Mit
seiner Glatze gleicht er Frederic O’Brady, aber weniger talentiert. Ich hab
nicht gewagt, ihn zu fragen, an welcher Nuß er sich die Zähne ausgebissen hat.“
    Ich gab das Foto meiner
Sekretärin zurück. Sie schob es wieder in ihre Tasche. Nachdenklich sagte sie:
    „Was er wohl von mir will?“
    Sie sah mich an.
    „Hat er es Ihnen nicht gesagt?“
    Ich hob die Hand, wie Colin es
eben getan hatte:
    „Er hat mir nur gesagt, es sei
persönlich. Das schien das Schlußwort zu sein. Vorhang. Also hab ich nicht
weitergebohrt.“
     
    * * *
     
    Ich mußte einen Zeugen in der
Nähe der Oper aufsuchen. Es ging um eine unwichtige Sache, aber trotzdem mußte
ich ihn aufsuchen. Also ließ ich Hélène mit dem Laden alleine und machte mich
auf die Socken.
    Als ich zurückkam, war der
komische Alte wieder dagewesen und wieder gegangen. Es überraschte mich nicht
zu hören, daß er versucht hatte, die Ersparnisse meiner Sekretärin anzuzapfen.
Zweiter Auftritt, nicht gerade überwältigend gespielt. Er brauchte so schnell
wie möglich Geld, das das liebe Kind in der gewünschten Höhe nicht in ihrem
Strumpfband mit sich herumschleppte. Also mußte ich wohl an dieser
Wohltätigkeitsveranstaltung teilnehmen. Na ja, wenn ich Kies habe, weine ich ihm
nicht hinterher, auch wenn ich beschissen werde. So bin ich nun mal. Und Hélène
hat so eine Art, um etwas zu bitten, mit diesem ganz besonderen Lächeln... Gut.
Schien übrigens so, als schulde sie es dem Andenken ihres Vaters. Nestor, das
Opfer heiliger
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