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Worm

Worm

Titel: Worm
Autoren: Mark Bowden
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Domain-Name-Server, die von Nanosekunde zu Nanosekunde dafür sorgen, dass der Datenfluss in die richtige Richtung verläuft.
    Das System ähnelt mehr einem Organismus als irgendeinem traditionellen Konzept einer Maschine. Der bislang gelungenste Versuch einer visuellen Darstellung des Internets stammt von Wissenschaftlern der Bar-Ilan-Universität in Israel, die ein atemberaubendes Abbild erzeugt haben, das sich am ehesten als eine einzelne Zelle beschreiben lässt. Darauf zu sehen ist ein dichter, orangefarben leuchtender Kern aus rund achtzig zentralen Knoten, umgeben von einer diffusen protoplasmatischen Peripherie aus breit gestreuten gelben und grünen Flecken, die isolierte kleinere Knoten darstellen. Das Ganze ist umhüllt von einer dichten blauen und violetten Außenhülle oder Membran, den direkt verknüpften Peer-to-Peer-Netzwerken. Die hell leuchtenden Farben im Kern und der Peripherie zeigen Verbindungen mit hohem Datenverkehrsaufkommen an, beispielsweise Rootserver oder große, von staatlichen Einrichtungen, Universitäten und Konzernen betriebene Netzwerke, während das kühlere Blau und Violett der Außenhülle den geringeren Datenverkehr lokaler Internetprovider und Unternehmen widerspiegelt. Die Karte hat etwas sehr Suggestives an sich und erinnert an das, was Douglas Hofstadter in seinem Klassiker Gödel, Escher, Bach als »strange loop«, als »seltsame Schleife«, bezeichnete, die Vorstellung, dass komplexe Systeme zur Selbstreferenz neigen und unweigerlich in Richtung Bewusstsein streben. Wenn man auf dieses bemerkenswerte Bild des arbeitenden Internets schaut, kann man sich vorstellen, wie es wächst, sich vervielfacht, diversifiziert und, eines Tages, in einem epochalen Moment, blinzelt, zu uns aufschaut und lebendig wird . Planetares Bewusstsein. Das globale Ich.
    Das Internet ist natürlich (noch) weit davon entfernt, uns zuzuzwinkern, aber die Vorstellung hilft, die Verehrung zu verstehen, die ihm jene entgegenbringen, die an seiner Konzeptualisierung, seinem Aufbau und seiner »W artung« beteiligt waren und sind. Das Internet stellt etwas völlig Neues in der Geschichte der Menschheit dar und ist die bemerkenswerteste technologische Errungenschaft unserer Zeit. Wissenschaftler entdeckten die immensen Vorteile des unmittelbaren und weltumspannenden Austauschs von Forschungsergebnissen und Gedanken mit anderen auf ihrem Gebiet und begeisterten sich für die Möglichkeit, große Netzwerke miteinander zu verknüpfen und so Forschungen auf einem zuvor unerreichbaren Niveau durchzuführen. Sozialtheoretiker erkannten das dem Internet innewohnende Potenzial und entwarfen eine neue Vision von einem Techno-Utopia. Das gesamte menschliche Wissen für jeden auf Knopfdruck verfügbar! Ideen, die weltweit ausgetauscht, kommentiert und verbessert werden! Ereignisse in den entlegensten Winkeln der Erde, die überall simultan miterlebt werden! Das Web würde ein Aufbewahrungsort für das gesamte Wissen der Menschheit sein, ein globaler Marktplatz für Produkte und Ideen, ein Forum für alles, was auf Interaktion angewiesen ist, von heiklen internationalen diplomatischen Angelegenheiten über die Kalkulation hochkomplexer Differentialgleichungen bis hin zum Einkauf von Büromaterial  … und das alles absolut frei von jedweder Regulierung und Kontrolle! Regierungen wären nie mehr in der Lage, Informationen zu zensieren! Die Medien und die Wissenschaften würden nicht mehr länger von ein paar Reichen beherrscht werden! Geheimnisse ließen sich nicht mehr geheim halten! Das Internet versprach den Anbruch eines wahrhaft globalen, egalitären Zeitalters. Das war zumindest der Gedanke. Für die frühen Internet-Idealisten war gerade die internationale und unstrukturierte Natur des Ganzen entscheidend. Wenn Wissen Macht ist, dann würde die Macht über kurz oder lang endlich dorthin gelangen, wohin sie gehört, in die Hände der Menschen, aller Menschen! Tyrannen und Oligarchen würden erzittern! Bürokratien abgebaut! Die Barrieren zwischen Nationalstaaten und Kulturen in sich zusammenbrechen. Die Menschheit würde endlich  … !!
    Sie verstehen, worauf ich hinauswill.
    Manches davon ist auch so gekommen. Nur wenige andere Innovationen haben sich so schnell weltweit durchgesetzt und sich auf derart freie und demokratische Weise weiterentwickelt. Das Internet hat uns alle, in einem virtuellen Sinne, zu Bürgern einer einzigen Welt gemacht, eine Entwicklung, die bereits tiefgreifende Konsequenzen für viele
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