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Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin

Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin

Titel: Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin
Autoren: Kelley Armstrong
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ich zuvor von ihm gesehen hatte – die dreiste Angeberei, unter der er ein schnell gekränktes Ego verbarg –, dachte ich, dass er bei Lebensgefahr in Panik geraten würde. Aber vielleicht war all dies in seinen Augen nach wie vor ein Spiel. Unglücklicherweise war es ein Spiel, das er gerade gewann. Da rede noch einer von gekränktem Ego. Erst hatte er uns getäuscht und sich Waffen verschafft. Jetzt saß er auf einem Baum – dem einzigen Ort, wohin wir ihm nicht folgen konnten. Der Baum beschützte ihn nicht nur vor uns, er war auch ein perfekter Schützenstand.
    Eine plötzliche Salve krachte durch den Wald. Ich schoss aus meinem Versteck und bremste mich dann im Rennen ab. Ich sollte nicht wegrennen. Ich war sicherer dort, wo ich war. Clay ebenfalls. Aber was war passiert? Schoss Winsloe blind in die Gegend? Oder hatte er Clay gesehen?
    Eine weitere schnelle Salve. Dann Stille. Ich stand mit zitternden Beinen da und horchte. Als Winsloe das nächste Mal feuerte, fuhr ich vor Schreck fast aus der Haut. Jetzt reichte es. Ich raste den Hang zum Waldrand hinunter, wurde langsamer und kroch geduckt weiter, bis ich sehen konnte, was dort vor sich ging. Vor mir war die Eiche mit Winsloe in sechs Metern Höhe. Er spähte nach Süden, die Waffe im Anschlag. Abgesehen davon war die Lichtung leer. Leer und still. Plötzlich durchbrach das Prasseln von Laub die Stille. Ich drehte den Kopf und sah zwischen den Bäumen ein Aufblitzen von goldenem Fell. Winsloe drehte sich um und feuerte. Clay war längst fort. Eindeutig verschwendete Munition. Mir ging ein Licht auf. Sollte Winsloe doch das Magazin leer schießen, indem er auf Trugbilder feuerte! Ein guter Plan, ein sehr guter Plan, auf den auch ich hätte kommen können … Stunden später wahrscheinlich.
    Winsloe schoss das Maschinengewehr schnell leer. Dann zog er unter der Jacke eine Pistole hervor. Jetzt war er vorsichtiger und weniger gewillt, Kugeln an bloße Geräusche zu verschwenden. Also musste Clay waghalsiger werden. Zunächst kam er nur bis an den Waldrand, so dass Winsloe ein Aufblitzen von Pelz sehen konnte. Irgendwann funktionierte auch das nicht mehr, und er musste sich einen Augenblick lang im Freien zeigen. In diesen Momenten hatte ich die Augen fest zusammengekniffen. Mein Herz hämmerte so laut, dass Winsloe es beinahe hören konnte. Aber irgendwann war es so weit. Der letzte Schuss war abgefeuert. Nach einigen Minuten kam Clay aus dem Wald. Er stand dort, frei sichtbar, die Muskeln gespannt, und wartete. Winsloe schleuderte die leer geschossene Pistole in seine Richtung und fluchte. Clay kam langsam näher – ein perfektes Ziel, falls Winsloe eine weitere Waffe unter der Jacke versteckt hatte. Nichts. Winsloe war die Munition ausgegangen.
    Und jetzt hatte auch ich einen Plan. Was für mein Ego ein Glück war. Es war meine Jagd, und ich hatte bisher so gut wie nichts getan, keine Pläne gemacht, keine Gefahren auf mich genommen. Endlich war ich an der Reihe. Während Clay überprüfte, dass Winsloe nicht mehr schießen konnte, schlich ich mich tiefer in den Wald, suchte mir einen geeigneten Ort und begann mit der Wandlung.
    Keine zehn Minuten später kehrte ich zum Rand der Lichtung zurück und pfiff. Winsloes Kopf fuhr herum, und er suchte den Waldrand ab.
    »Hörst du das?«, rief er Clay zu. »Da kommt jemand! Ich nehme mal an, ihr habt eben doch nicht alle Wachmänner umgebracht!«
    Er beugte sich auf dem Ast vor und spähte nach unten, aber Clay war fort. Sekunden später brach Clay durch die Büsche und sah fragend zu mir auf. Wollte ich, dass er sich ebenfalls verwandelte? Ich schüttelte den Kopf, ging auf die Knie und flüsterte ihm zu, was ich vorhatte. Während ich sprach, kam er näher; sein Pelz rieb sich an meiner nackten Haut. Ohne nachzudenken strich ich mit den Fingern durch das dichte Fell. Erst danach ging mir auf, was ich tat, und ich hörte auf. Mein Gesicht wurde heiß. Bei den seltenen Gelegenheiten, wenn ich ein Wolf war und Clay seine menschliche Gestalt hatte, rastete ich aus, sobald er mich berührte. Es war einfach zu … ich weiß nicht, es war ein zu merkwürdiges Gefühl. Als ich diesmal den Arm zurückzog, stupste Clay seine Schnauze in meine Hand und leckte mich zwischen den Fingern, um mir zu zeigen, dass alles in Ordnung war. Und es war in Ordnung. Clay war Clay, ganz gleich, welche Gestalt er gerade hatte. Wieder ein winziger Schritt auf dem Weg dazu, meine Doppelnatur zu akzeptieren.
    »Okay so?«, flüsterte
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