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Wolkengaenger

Titel: Wolkengaenger
Autoren: Alan Philps , John Lahutsky
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Swetlana. Die Tür knallte zu, und er war verschwunden.
    Wanja hatte dies nicht zum ersten Mal gesehen: Swetlana kam herein, nahm ein Kind mit und brachte es nie wieder zurück. Vielleicht
     würde sie als nächstes Andrej holen, und er würde ohne seinen Freund zurückbleiben müssen. Er verdrängte diesen Gedanken und
     sah stattdessen Walentina an, um sie noch einmal zu fragen, was ein Internat war. Aber sie war gerade damit beschäftigt, ein
     anderes Kind zu wickeln, und ihr Blick sagte ihm, dass sie diese Frage nicht beantworten wollte.
    Ein paar Minuten später öffnete sich die Verbindungstür zum Babyzimmer von Gruppe 1, und die stellvertretende Chefärztin kam
     mit einem kleinen blonden Mädchen auf dem Arm herein. »Sie haben ja jetzt ein freies Bett. Die ist für Sie«, sagte sie zu
     Walentina und warf einen Blick auf eine braune Karte. »Name: Kurdjajewa. Frühgeburt. Ihre Mutter hat sie nach der Geburt weggegeben.
     Alter: fünfzehn Monate; kann noch immer nicht ohne Hilfe sitzen. Offensichtlich stark zurückgeblieben. Ganz klar jemand für
     Ihre Gruppe.«
    Walentina setzte das Mädchen in den Gehfrei, der auf Wanjas Seite des Raumes an den Laufstall gebunden war, und wandte sich
     der Schreibarbeit zu.
    »Hallo, ich bin Wanja. Wie heißt du?«
    Das Mädchen sah Wanja aus intelligenten Augen an und gab sich alle Mühe, etwas zu sagen, doch alles, was es zustande brachte,
     war ein erstickter M-m-m-Laut. Wanja konnte ihr ansehen, wie gern sie bei ihm und Andrej am Tisch gesessen hätte.
    »Und das ist Andrej«, sprach Wanja weiter. »Schau, Tante Walentina hat jedem von uns ein Spielzeug gegeben.«
    |25| Er zeigte ihr sein Spielzeug: die eine Hälfte eines kaputten Plastiktelefons. Wanja hatte das Unterteil, während Andrej den
     Hörer in der Hand hielt, an dem die Schnur fehlte. Das Mädchen wurde ganz aufgeregt, als Wanja mit seinen Fingern die Wählscheibe
     drehte und ein zirpendes Geräusch erklang. Ihr Blick sagte: Lass mich mitspielen. Wanja erklärte ihr, wie man die Wählscheibe
     bediente, und zeigte ihr das Gesicht, das vorn auf dem Spielzeug aufgemalt war. Er war so darin vertieft, dass er die Gestalt,
     die plötzlich hinter ihm stand, gar nicht bemerkte.
    »Oh, Mascha, gefällt dir das?«, fragte eine ihm unbekannte Stimme. Eine Hand schnappte sich von oben das Telefon und gab es
     dem Mädchen. Wanja klappte die Kinnlade herunter. Die Frau hatte ihm nun den Rücken zugewandt, ging in die Hocke und bemutterte
     den Neuzugang. »Jetzt üben wir sprechen, Mascha. Sag Mama. M-m-m-m.« Gehorsam wiederholte Mascha: »M-m-m.«
    Wanja war von dem Schauspiel gefesselt. Sein Blick folgte der jungen Frau, als sie aufstand und zu Walentina hinüberging.
     »Bitte entschuldigen Sie meine Unhöflichkeit. Ich bin Wika. Ich bin eine freiwillige Helferin und unterstütze eine Freundin
     drüben im Babyzimmer. Ich habe viel Zeit mit Mascha verbracht. Ist es in Ordnung, wenn ich sie besuchen komme, jetzt, da sie
     in Gruppe 2 ist? Ich kann auch Ihnen helfen.«
    »Oh, Hilfe kann ich hier immer gebrauchen. Wie Sie sehen, bin ich ganz allein mit einem Dutzend Kinder, die gefüttert und
     gewickelt werden wollen. Und das vierundzwanzig Stunden am Tag. Und die Jüngste bin ich auch nicht mehr«, sagte Walentina
     lachend. »Sie können bleiben und mir mit dem Mittagessen helfen.«
    Während sich die beiden miteinander unterhielten, erkannte Wanja, dass das die junge Frau war, die er dabei beobachtet hatte,
     wie sie im Nebenzimmer den Babys vorgesungen hatte – die Frau, die ihm seit seinem Abenteuer mit der angelehnten Tür keinen
     Moment aus dem Kopf gegangen war. Und jetzt war sie in seinem Zimmer – seine Aufregung wuchs. |26| Während er sie dabei beobachtete, wie sie Mascha ungeschickt mit einem Löffel fütterte, wobei die Hälfte auf dem Boden landete
     statt in Maschas Mund, war er einfach nur froh, sie in seiner Nähe zu haben. Still übte er ihren Namen: Wika, Wika.
    »Wir hatten noch nie eine freiwillige Helferin«, sagte Walentina, während sie gemeinsam die Kinder fütterten. »Fremde haben
     hier normalerweise keinen Zutritt.«
    »Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob ich wirklich erwünscht bin. Manchen hier scheine ich sogar im Weg zu stehen.«
    Walentina lächelte sanft. »Das glaube ich nicht, Liebes.«
    Die beiden Frauen plauderten weiter. Wie berauscht sog Wanja jedes Wort in sich auf, wenngleich ihm keine Beachtung geschenkt
     wurde, denn Mascha, der Neuzugang, stand im Zentrum des
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