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Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Titel: Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)
Autoren: Luanne Rice
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Tod ging; der Lohn, der winkte, war die Freiheit für Rose und sie. Wenn sie den Weg des Mutes und der Wahrhaftigkeit wählte, ihrem Herzen folgte, standen die Chancen gut, am Ende die Freiheit zu gewinnen. Sie konnten nach eigenem Gutdünken kommen und gehen, würden sich nie mehr vor Edward fürchten müssen.
    Alles, was ihnen in diesen neun Jahren widerfahren war, hatte sie an diesen Punkt, diesen Scheideweg gebracht. Was wäre, wenn sie Edward die Stirn bot? Schluss mit dem Versteckspiel, mit der Sehnsucht nach Maeve. Sie würde endlich nach Haus fahren und Rose mit ihrer Urgroßmutter bekannt machen können.
    »Warum kannst du nicht schlafen?«, fragte Liam nach ein paar Minuten.
    »Ich denke an mein altes Zuhause.«
    »Du willst weg, oder?«
    »Liam«, flüsterte sie.
    Schweigend zog er sie noch enger an sich. Lily wusste weder, was sie tun, noch, was sie darauf antworten sollte. Sie verschränkte ihre Finger mit den seinen und küsste seinen Handrücken.
    Es bot sich keine Gelegenheit mehr, wieder einzuschlafen. Sie hörte, wie Rose sich rührte, und ging nach nebenan, damit sie beim Aufwachen ihre Mutter vorfand. Rose rappelte sich mühsam hoch – sie war während der Nacht steif geworden. Ihre linke Hand wanderte unwillkürlich zum Hals, um das Herz zu schützen. Lily half ihr beim Aufstehen, streifte ihr die Pantoffeln über die Füße.
    Sie gingen nach unten in die Küche, wo Liam bereits das Frühstück bereitete, Kaffee kochte und Orangensaft einschenkte.
    »Guten Morgen, Rose«, begrüßte er sie. »Wie hast du geschlafen?«
    »Besser als jemals zuvor.« Sie lächelte.
    Sie nahmen an dem runden Eichentisch Platz, und plötzlich sah Lily, was sie gestern Abend in der Dunkelheit nicht bemerkt hatte: Überall waren gerahmte Schulfotos von Rose an der Wand und Zeichnungen von ihr aus dem Kindergarten und der ersten Klasse am Kühlschrank. Sie erinnerte sich verschwommen, dass Rose darauf bestanden hatte, Liam in seinem Büro zu besuchen, um sie ihm zu schenken.
    »Du hast sie aufbewahrt?«, fragte Rose.
    »Natürlich. Dachtest du, ich würde sie wegwerfen?«
    »Ja, dachte ich.«
    Liam schmunzelte, doch als er seinen Laptop einschaltete, wusste Lily, dass er nach einem Lebenszeichen von Nanny Ausschau hielt. Rose schien nichts davon mitzubekommen, denn sie war damit beschäftigt, unter ihr Nachthemd zu spähen, um ihre Nähte in Augenschein zu nehmen.
    »Und, wie sehen sie aus?«, erkundigte sich Lily.
    »Gut.«
    Lily beugte sich vor, um sie zu überprüfen – die Narben schienen gut zu verheilen, die Ränder des langen Einschnitts waren perfekt zusammengefügt, kein Wundsekret, kein Eiter und keine Infektion.
    »Du hast recht. Prima.«
    Sie füllten Müsli in Schalen, und Liam nahm am Tisch Platz, um mit ihnen zu frühstücken. Er erwähnte mit keiner Silbe, was er auf dem Bildschirm entdeckt hatte, und Lilys Herz sank – vermutlich war Nanny immer noch in Richtung Süden unterwegs. Warum musste die Freude immer wieder durch einen Wermutstropfen getrübt werden? Warum konnte man nicht alles haben, was man liebte – Menschen und Dinge gleichermaßen, und alles zur gleichen Zeit.
    Sie dachte an die einzigartige Liebe, die sich ihr vor vierundzwanzig Stunden offenbart hatte – in Boston, wo sich ihre Welt auf die neue Beziehung zu Liam und die neu gewonnene Gesundheit ihrer Tochter konzentriert hatte. Sie hatte schon vor langer Zeit Frieden mit ihrer Entscheidung geschlossen, Hubbard’s Point zu verlassen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Doch nun, nur einen Tag später, war diese Welt durch den Hinweis des Polizisten, dass ihre Großmutter sie brauchen würde, aus den Fugen geraten.
    Lily blickte zum Küchenfenster hinaus, auf den weitläufigen, beeindruckenden, blauen Golf von St. Lawrence. Als sie sich vom Fenster abwandte, merkte sie, dass Liam sie beobachtete. Seine Augen waren traurig, als könnte er ihre Gedanken lesen.
    Doch in Roses Gegenwart war kein klärendes Wort möglich. Schweigend saßen sie beim Frühstück – wobei Lily und Liam keinen Bissen hinunterbrachten, sondern nur in ihrem Müsli stocherten.
    Als es klopfte, stand Liam auf und ging an die Tür. Lily holte tief Luft. Noch bevor er wieder in der Küche erschien, wusste sie, dass Patrick Murphy gekommen war. Ihre Ahnung bestätigte sich; was Lily überraschte, war, dass Marisa ihn begleitete. Ihre Gesichter ließen darauf schließen, dass es besser war, Rose außer Hörweite zu bringen.
    Sie machte es Rose auf der
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