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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber
Autoren: R Adelmann
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kann zu versorgen. Das schulde ich dir. Du wirst
    ja einen guten Grund haben, einen Notarzt zu verweigern,
    obwohl es mir nicht gefällt. Schließlich könntest du innere
    Verletzungen haben. Die sind verflucht gefährlich!“, ermahn-
    te ich ihn mit überschlagender Stimme.
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    „Ich habe bestimmt keine inneren Verletzungen, Joe.
    Du musst dir keine Sorgen machen. Es hat mich wirklich
    nicht schlimm erwischt“, versicherte er mir mit tiefer, sanf-
    ter Stimme und legte seine Hand zärtlich auf meinen Arm,
    der sich am Lenkrad befand. Instinktiv blickte ich zu ihm.
    Sanfte, grüne Augen strahlten mich beruhigend an. Und da
    war es wieder. Poch, poch. Mein Herz fand wieder zu seinem
    Galopprhythmus zurück.
    Wieso versuchte er, mich zu beruhigen, und warum war
    er kein bisschen sauer auf mich? Ich hatte ihn immerhin an-
    gefahren. Ich musste ihn danach fragen.
    „Wieso bist du nicht wütend auf mich? Herrgott, ich habe
    dich angefahren!“, schrie ich förmlich.
    „Unfälle passieren nun mal. Es war nicht deine Schuld.
    Du hattest keine Zeit mehr zu reagieren. Ich hätte nicht auf
    der Straße sein dürfen. Niemand hat Schuld.“ Er sprach noch
    immer mit fester, sanfter Stimme und ließ mich dabei nie aus
    den Augen, während ich nur stur geradeaus auf den Weg sah.
    Mittlerweile waren wir vor meinem Haus angekommen. Es
    schien mir plötzlich völlig fremd und wenig vertraut. Ich
    wollte ihm wieder beim Aussteigen helfen, doch als ich auf
    seiner Wagenseite angelangt war, stand er auch schon vor
    mir. Noch immer keinerlei Anzeichen von Schmerzen oder
    Schock. Er musste übermenschliche Stärke im Ertragen
    von Schmerzen besitzen. Ich war beeindruckt. Von der Auf-
    fahrt war es nur ein kurzes Stück bis zum Eingang. Ich hielt
    vor den Stufen zur Eingangstür und wartete, falls er meine
    Unterstützung bräuchte. Doch er ging langsam und mit si-
    cheren Schritten vor mir her und wartete geduldig, bis ich
    den Schlüssel aus meinen Jeans hervorgekramt hatte. Ich
    schloss die Holztür auf und schaltete das Licht ein. Ich war-
    tete, bis er im Haus war, dann tat ich einen tiefen Atem-
    zug und ließ die kalte Nachtluft in meine Lungen. Dabei
    bemerkte ich, dass es immer noch regnete. Doch immerhin
    nicht mehr ganz so stark.
    18

    Ich trat ein und schloss die Tür hinter mir. Er wartete, ein-
    gehüllt in die Decke, mitten im Vorraum meines Hauses auf
    mich. Ich führte ihn zwei Zimmer weiter in die Küche und
    versuchte das Licht anzumachen, wobei die Deckenlampe
    mit einem Knall durchbrannte. „Verdammtes Gewitter! Jetzt
    ist bestimmt die Sicherung rausgeflogen!“, schimpfte ich vor
    mir her. Ich schob ihm einen Sessel hin und wartete, bis er
    sich gesetzt hatte, wobei ich versuchte einen geschäftsmä-
    ßigen Ton anzustimmen, als ich ihm sagte:
    „Bitte warte hier. Ich hole eine Lampe und ein paar Sa-
    chen, damit ich deine Wunden säubern und verbinden
    kann.“
    Er nickte kurz und sah mich mit staunenden Augen an,
    die ich auch zu spüren glaubte, als ich ihm schon den Rü-
    cken zugewandt hatte.
    Mit schnellen, hektischen Schritten ging ich zum Bad
    und öffnete das Schränkchen mit der Hausapotheke. Alles,
    was ich brauchen würde, befand sich darin. Desinfektions-
    mittel, Wundsalbe, Verbände, Kompressen, Pflaster und ein
    paar saubere Tücher. Ich kippte alles in eine große Schüssel,
    die am Badewannenrand stand, und ging ins Wohnzimmer.
    Ohne das Licht anzuschalten, durchquerte ich den Raum
    und schnappte mir die Schreibtischlampe, die auf dem Tisch
    stand. Mit vollen Händen ging ich zurück in die Küche, wo
    er noch immer, genau wie ich ihn verlassen hatte, auf dem
    Stuhl saß.
    Ich stellte alles, was ich trug, auf den Tisch und wandte
    mich ihm zu.
    „Ich komme gleich. Ich muss nur die Sicherung wieder
    einschalten.“ Er nickte wieder und sah mir nach. Im Vor-
    raum öffnete ich auf der Seite das kleine Kästchen. Ein kur-
    zer Schnipp und es gab wieder Strom. In nicht einmal einer
    Minute war ich wieder in der Küche.
    Er schien sehr ruhig und schweigsam. Ich nahm mir den
    Stuhl, der neben ihm stand, und setzte mich ihm gegenüber.
    Die Lampe stellte ich zwischen uns und knipste sie an.
    19

    „Wo hast du Schmerzen?“, fragte ich ihn mit besorgter
    Stimme.
    „Eigentlich nirgends. Aber ich glaube, meine Hüfte könn-
    te etwas Jod vertragen“, sagte er scherzhaft.
    Ich schüttelte den Kopf und musste unwillkürlich zu-
    rücklächeln. Den Blick behielt ich dabei gesenkt. „Also,
    dann
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