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Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber

Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber
Autoren: Lori Handeland
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Frank mir gegeben hatte, dann verließ ich das French Quarter und fuhr über die Schnellstraße, die über den Lake Pontchartrain führte, nach Slidel l – einer interessanten Kombination aus Pendlervorort und viktorianischen Backsteinhäusern. Allerdings hatte ich nicht die Zeit, den Kontrast zu bewundern. Ich wollte die Sache mit dem Führer klären, um mich anschließend in die Arbeit stürzen zu können.
    Ich kam an sämtlichen Fast-Food- und Kettenrestaurants vorbei, die ich kannte, und auch an einigen, die ich nicht kannte. Direkt hinter einem Einkaufszentrum bog ich links ab, dann passierte ich eine Reihe von neuen Häusern mit dicken Schlitten in den Einfahrten und Swimmingpools in den Hintergärten.
    Diese wichen zunehmend älteren Gebäuden, dann Wohnwagen und schließlich Hütten. Eine letzte Abzweigung und schnipp – da war er, der Sumpf. Kein Wunder, dass ich Geschichten über Alligatoren in den Gärten von Menschen gehört hatte. Was erwarteten sie denn, wenn sie sie im Territorium von Alligatoren anlegten?
    Ich schaltete den Motor aus, und die Stille senkte sich wie ein bleiernes Gewicht herab. Doch das Handy in meiner Tasche beruhigte mich ein wenig. Ich konnte jederzei t … irgendjemanden anrufen.
    Während ich aus dem Lexus stieg, dankte ich Frank in absentia. Wann immer ich mich in irgendein kleineres Fahrzeug als einen viertürigen Mittelklassewagen zwängen musste, fühlte ich mich, als lenkte ich ein Auto für Clowns.
    Meine Mutter war zwar ebenfalls recht groß, dabei aber ärgerlich schlank, mit Eis in den Adern und Haaren, die so dunkel waren wie ihre Seele. Obwohl ihr jeder Sinn für Märchen fehlte, hatte sie mich einmal mit einem Wechselbalg verglichen. Niemand schien zu wissen, woher ich meine hellgrünen Augen, das feuerrote Haar und dieses überwältigende Verlangen, Softball zu spielen, hatte. Mein Aussehen hatte mich schon als Außenseiter gebrandmarkt, noch bevor mein Verhalten dies bestätigt hatte.
    Die feuchte Hitze strich zusammen mit dem Geruch von verrottender Vegetation und Brackwasser über mein Gesicht. Meine Augen durchsuchten die Düsternis nach irgendetwas. Ganz gleich was. Obwohl meine Uhr darauf beharrte, dass mir noch eine gute Stunde Tageslicht blieb, warfen die dichten Kronen uralter Eichen ihre frostigen Schatten über mich.
    Ich sah nicht mehr als einen Steg und einen Flussarm, der hinter einer Biegung verschwand. Jenseits des Gewässers standen Hunderte Zypressen, von denen Louisianamoos bis ins Sumpfgras herabhing.
    „Hallo?“, rief ich. Ich fasste in meine Hosentasche und kramte einen Zettel hervor. „Adam Ruelle?“
    Die einzige Antwort war ein sattes Platschen, das mich auf meinem Weg den Steg hinunter abrupt innehalten ließ. Wie schnell konnte sich ein Alligator an Land fortbewegen?
    Nicht so schnell wie ich. Aber was, wenn es gar kein Alligator gewesen war?
    Wölfe sind sehr schnell, genau wie große Katzen, und wenn man es mit neuen oder bislang unentdeckten Tieren zu tun hat, ist alles möglich.
    Ich holte tief Luft. Ich war zwar verweichlicht erzogen worden, aber Simon und ich hatten ein paar Selbstverteidigungskurse absolviert, bevor wir anfingen, möglichst viel Zeit in freier Wildbahn zu verbringen. Man kann nicht in einem Dutzend verschiedener Staaten unter freiem Himmel schlafen, ohne früher oder später in Schwierigkeiten zu geraten.
    Allerdings würde mir das Wissen, wie ich einen Mann, der zwanzig Kilo schwerer war als ich, überwältigen konnte, nicht viel bringen, wenn ich an ein wildes Tier geriet. Was hatte ich mir bloß dabei gedacht, allein und unbewaffnet hierherzukommen?
    Ich schnaubte. Ich besaß überhaupt keine Waffe. Langsam und die Augen auf das fließende Gewässer fixiert, trat ich den Rückzug zum Ufer an. Das gedämpfte Platschen kam näher und näher. Ich sollte die Beine in die Hand nehmen und rennen, aber ich hasste die Vorstellung, dem mit Seerosenblättern überwucherten Flus s – und was auch immer sich in seinen Tiefen verbar g – den Rücken zuzukehren.
    Ich hörte ein Rascheln, das nicht von einem Fisch stammen konnte und auch gar nicht nach Wasser klang. Es war eher das Flüstern von Gräsern, das Knacken eines Zweiges. Langsam hob ich den Blick und richtete ihn auf das gegenüberliegende Ufer.
    Eine einzelne Blüte an einem schwankenden Stängel, eine flammend rote Nuance vor dem feuchten blaugrünen Hintergrund und das hohe Gras, das sich hinter einem Körper schloss.
    Hätte alles oder jeder sein
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