Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber

Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber
Autoren: Lori Handeland
Vom Netzwerk:
Sein dunkles zerzaustes Haar fiel ihm auf die Schultern. Ich konnte sein Gesicht noch immer nicht sehen.
    „Wer sind Sie?“, wisperte ich.
    Erantwortetenicht,sondernzündetesichstattdesseneineZigarettean,wobeierdasStreichholzmitderHandabschirmte,soalswollteerverhindern,dassdieFlammeetwasandereserreichtealsdenTabak.EinbronzenesArmband,dasdengleichenFarbtonhattewieseineHaut,umschlossseinHandgelenk.IchhattemirnievielausSchmuckbeiMännerngemacht,dochin seinemFallschienesseineMaskulinitätnochzuunterstreichen.
    „Haben Sie irgendwelche Wölfe gesehen?“, fragte ich.
    Er inhalierte tief und genüsslich, so als hätte er keine einzige Sorge oder Verpflichtung auf dieser Welt. Trotzdem spürte ich ein leises Aufflackern von Interesse.
    „Oder vielleicht einen schwarzen Kojoten?“, hakte ich nach.
    Allein schon der Gedanke versetzte mich in Aufregung. Ein schwarzer Kojote würde mir vielleicht endlich diesen verdammten Doktortitel einbringen.
    „Wie steht’s mit einer großen Wildkatze?“, fuhr ich fort, als er nicht reagierte, sondern nur wieder an seiner Zigarette zog. „Ein Puma?“
    Er stieß Rauch durch seine Nase aus. „So weit im Süden gibt’s keine Wölfe.“
    „Kojoten?“
    „Die haben wir jetzt. Wurden angesiedelt, um Jagd auf Biberratten zu machen.“
    Von denen hatte ich gelesen. Riesige Nager, die zwar Ähnlichkeit mit Bibern, dabei aber rattenähnliche Schwänze hatten. Ich hoffte, dass die Kojoten siegen würden.
    „Wildkatzen?“, wiederholte ich. „Was ist mit Bären?“
    „Rotluchse. Ein paar vereinzelte Bären. Aber die sieht man nicht oft.“
    Es verblüffte mich immer wieder, wie leicht es diesen Tieren fiel, sich in ihrem natürlichen Lebensraum zu verstecken.
    „Ich habe von Vermissten gehört. Und von Geschichten über einen Wolf.“
    „Solche Geschichten gibt es immer.“
    „Wo Rauch ist, ist auch Feuer“, belehrte ich ihn.
    Das Ende seiner Zigarette glimmte rot, als er daran zog. „Sind Sie ein Cop?“
    „Nein, Wissenschaftlerin.“
    Zuzugeben, dass ich Kryptozoologin war, verwirrte die Menschen nur.
    Mit einem verächtlichen Schnauben schnippte er die Kippe weg. Das anschließende Zischen verriet, dass er ins Wasser getroffen hatte.
    „Können Sie mich führen?“ Ich trat auf ihn zu. „Kennen Sie einen Adam Ruelle?“
    „Nein.“
    Seine Stimme war hypnotisierend. Ich wollte, dass er weitersprac h – für immer.
    Ein mächtiges Platschen ertönte, gefolgt von einem dumpfen Aufschlag auf dem Steg. Mich plötzlich daran erinnernd, dass es in dem Sumpf noch andere wilde Tiere als solche mit Fell gab, schoss ich herum, aber da war nichts.
    Und es war auch nichts mehr da, als ich mich wieder zu den Bäumen umdreht e – kein Mann, kein Tier.
    Verdammt, ich konnte noch nicht mal die Zigarettenkippe finden.

3
    Während ich noch zu der Stelle starrte, wo der Mann gestanden hatte, zerriss ein lang gezogenes tiefes Heulen die abendliche Stille. Mir stellten sich die Nackenhärchen auf. Ich hätte schwören können, dass das Geräusch direkt vor mir gewesen war.
    Ich bin Zoologin. Deshalb weiß ich, dass es mit dem Heulen von Wölfen etwas Seltsames auf sich hat. Nicht nur ist es für einen Menschen praktisch unmöglich, die Richtung oder Distanz zu bestimmen, sondern oft können einige wenige Wölfe wie ein großes Rudel klingen.
    Natürlich klingt ein einzelner auch wie ein einzelner, allerdings war das bereits einer mehr, als hier eigentlich sein sollte.
    „Keine Wölfe hier im Sumpf, dass ich nicht lache“, murmelte ich.
    Trotzdem kehrte ich zu meinem Wagen zurück, so schnell ich konnte, ohne dabei über meine eigenen Füße zu stolpern. Ich hatte nicht die Absicht, meine Theorie unter Beweis zu stellen, indem ich einem einsamen Wolf gegenübertra t – oder worum auch immer es sich sonst handelte. Recht zu haben würde mich nicht vor dem Tod bewahren.
    Da Wölfe nachtaktiv sind, wäre es das Beste, mit der Sonne, einem Führer und einer Schusswaffe zurückzukehren.
    Aber vielleicht würde mir eine Waffe gar nichts nützen. Oder zumindest keine, die nicht mit Silberkugeln geladen war.
    Der Gedanke brachte mich unwillkürlich zum Lachen. Da dem Geräusch etwas leicht Hysterisches anhaftete, ließ ich den Motor an und fuhr zurück in die Stadt, wobei ich mein Tempo nicht verringerte, bis ich meinen Hintern auf einen Barhocker in einem Lokal namens Kelly’s gepflanzt hatte. Es gab überall ein Kelly’s.
    Mehrere Blocks entfernt wurden die Musik und die Stimmen aus der Bourbon
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher