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Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall

Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall

Titel: Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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Junge, nicht wahr?«
    »Quatsch!«
    Der Rechtsmediziner hatte inzwischen Tannenbergs Schreibtisch erreicht. Mit seinen Adleraugen hatte er natürlich sofort erspäht, dass sein bester Freund, kurz nachdem er ihn bemerkt hatte, etwas in seiner Hand hatte verschwinden lassen.
    »Komm, zeig mal dem lieben Onkel Doktor, was du da gerade vor ihm versteckt hast!«, forderte er mit kurzem, hartem Tonfall.
    Tannenberg warf ihm einen irritierten Blick zu. Dann befolgte er die Anweisung und öffnete zögerlich seine rechte Hand. »Ach, nichts Besonderes, nur ein Ring«, sagte er eher beiläufig.
    »Nichts Besonderes, nur ein Ring«, äffte ihn der Gerichtsmediziner nach, während er ihm gegenüber Platz nahm. Der schon etwas betagte Bürostuhl protestierte mit einem ächzenden Quietschen. Er schlug sich an die Stirn. »Ich Hornochse! Jetzt versteh ich endlich! Der Herr Hauptkommissar trägt sich mit Heiratsabsichten!«
    »Heiratsabsichten?« Der Kriminalbeamte lachte schallend. »So ein Blödsinn!«
    »Nein, nein. Mir ist nun auch klar, warum du eben das alte Johnny-Cash-Stück bemüht hast. Natürlich! Ich bin nur zu spät gekommen.«
    »Wieso?«
    »Na, wie lautet wohl die erste Strophe dieses legendären Country-Songs?«
    Tannenberg hob die Schultern. »Keine Ahnung. Ich erinnere mich nur an den Text des Refrains.«
    »Von wegen, du alter Schwerenöter! Du kennst ganz genau den Inhalt der ersten Strophe«, behauptete Dr. Schönthaler und intonierte:
     
    »Love is a burning thing
    And it makes a fiery ring.
    Bound by wild desire
    I fell into a ring of fire.
     
    Deswegen auch die frühmorgendliche Endorphinausschüttung.«
    »Was für’n Ding?« Tannenbergs Stirn glich einer ungebügelten, zerknitterten Tischdecke.
    »Endorphine sind körpereigene Drogen, die in besonders euphorischen Glücksmomenten ausgeschüttet ...«
    »Komm, Rainer, hör jetzt mal auf, hier wild herumzufantasieren!«, würgte Tannenberg den dozierenden Gerichtsmediziner ungehalten ab. »Was willst du überhaupt?«
    »Och, eigentlich nichts Konkretes. Ich hatte nur Sehnsucht nach dir.«
    Tannenberg sondierte sein Gegenüber mit einem verwunderten Gesichtsausdruck. »Aber wir haben uns doch erst gestern Abend getroffen.«
    »So, haben wir das?«
    »Ja, und zwar zum Schachspielen. Wenn ich dich daran erinnern dürfte: Ich hab dich zweimal hintereinander in geradezu genialer Manier mattgesetzt.« Tannenberg reckte stolz den Hals zur Zimmerdecke hin. Etwa zeitgleich legte er den Ring vor sich auf den Schreibtisch. Dann klatschte er seine Handflächen ein paarmal so aneinander, als wolle er sich demonstrativ selbst applaudieren. Gleich anschließend nahm er wieder den Platinring auf und ließ ihn abermals in seiner Hand verschwinden.
    Dr. Schönthaler grinste. »Na, nun werd mal nicht gleich übermütig, du alter Angeber. Wollen wir doch mal ehrlich sein. Du hast doch nur deshalb gewonnen, weil du mich mal wieder mit deinem köstlichen Mirabellenschnaps vorsätzlich narkotisiert hast.«
    »Von wegen!«
    »Außerdem hab ich dich gewinnen lassen«, verkündete der Rechtsmediziner mit einem triumphalen Schmunzeln auf den Lippen. »Ich wollte es dir ja eigentlich gar nicht sagen, schließlich weiß ich ja aus Erfahrung, dass du nicht verlieren kannst. Bei der Zusammensetzung deiner genetischen Grundausstattung wurde damals nämlich die Abteilung ›Frustrationstoleranz‹ gänzlich vergessen.«
    »Was? Sag mal, hast du heute deinen Fremdwörtertag?«
    Nach dieser gelungenen Attacke schien Dr. Schönthaler plötzlich das Interesse an einer Fortsetzung der unter den Freunden häufig ausgetragenen Wort-Scharmützel verloren zu haben. Kommentarlos ergriff er Tannenbergs Hand, klappte die Finger nach außen und pflückte den Platinring heraus. Mit der anderen Hand zückte er seine Lesebrille, schob sie auf die Nase und begutachtete die Inschrift.
    »In ewiger Liebe deine Leonie. Und wer ist das, diese Leonie?«, fragte er den Kriminalbeamten.
    »Keine Ahnung. Ich hab den Ring doch auch erst vor einer halben Stunde von einem Kollegen aus Kusel überreicht bekommen.«
    »Aus Kusel?«
    »Ja. Dort gibt es anscheinend eine Tierkörperbeseitigungsanlage.«
    Der Rechtsmediziner nickte eifrig. »Davon hab ich schon mal gehört.«
    »Beim Filterwechseln hat jemand den Ring gefunden und ihn bei den Kollegen abgegeben. Und die haben eben gemeint, dass sie sicherheitshalber mal die zuständige Kripo davon in Kenntnis setzen sollten. Schließlich könnte ja vor der Einäscherung
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