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Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall

Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall

Titel: Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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Freundes sie seelisch und körperlich stark in Mitleidenschaft gezogen hatte: Ihr hübsches, mädchenhaftes Gesicht hatte seine jugendliche Frische gänzlich verloren und war durch den gleichen gräulichen Farbton ersetzt worden, den man von dem verhärmten Antlitz alter Menschen her kennt. Die glasigen, geröteten Augen starrten an Sabrina vorbei auf die gegenüberliegende Flurwand.
    Nachdem Tannenberg, mit bewusstem Verzicht auf die Angabe ihrer genauen Kommissariatszugehörigkeit, sich und seine Begleiterin vorgestellt hatte, drückte er kurz die ihm apathisch entgegengestreckte Hand. Sie war eiskalt und zitterte.
    Allem Anschein nach hatte irgendjemand die Studentin bereits im Vorfeld über den genauen Ort des Ringfundes ins Bild gesetzt. Tannenbergs gewaltiger Unmut über das unsensible Verhalten eines seiner Kollegen war kaum zu zügeln. Trotzdem zwang er sich mit aller Macht, sich seinen Zorn nicht anmerken zu lassen.
    »Ja, es stimmt«, versetzte er wahrheitsgemäß. »Irgendein Mitarbeiter dieser Anlage in Kusel hat den Ring beim Wechseln der Filter gefunden.« Dann schob er einen Beschwichtigungsversuch nach: »Aber zunächst einmal bedeutet das rein gar nichts. Sie sollten sich nicht allzu sehr beunruhigen. Zu diesem frühen Zeitpunkt kann aus kriminalpolizeilicher Sicht über den Verbleib ihres Freundes noch überhaupt nichts Definitives ausgesagt werden.«
    »Sie haben gut reden«, entgegnete Leonie mit tränenerstickter Stimme. »Ihr Freund ist ja nicht spurlos verschwunden.«
    In dem von grellem Neonlicht durchfluteten, schmalen Korridor öffnete sich plötzlich eine Appartementtür.
    »Frau Kalkbrenner, sollten wir nicht besser in Ihre Wohnung gehen?«, fragte Tannenberg daraufhin. Allerdings eher pro forma, denn sein hünenhafter Körper hatte sich zwischenzeitlich bereits in Bewegung gesetzt und an Leonie vorbeigeschoben. Sabrina folgte ihm auf dem Fuß.
    Die Studentin geleitete die beiden Kriminalbeamten durch einen engen Flur in ein sonniges Zimmer, das Tannenberg im Geiste spontan als das absolute Gegenteil dessen deklarierte, was er sich bislang unter einer so genannten ›Studentenbude‹ vorgestellt hatte: Der ca. 25 Quadratmeter große Raum war sehr modern eingerichtet und vor allem – was Tannenberg geradezu als Stilbruch empfand – vorbildlich aufgeräumt.
    Nirgendwo lagen Bücher, Zeitschriften oder Kleider herum. Auch sahen seine verwunderten Augen weder irgendwelche Flaschen noch Gläser, nichts dergleichen. Selbst das Obst in der Glasschale auf dem Couchtisch war von makellosem Äußeren und zudem auf einem farblich exakt abgestimmten Deckchen perfekt arrangiert. Irgendwie hatte er den Eindruck, sich im Ausstellungsraum eines Designer-Möbelhauses zu befinden.
    Leonie bot den Ermittlern höflich einen Platz auf einer der beiden schwarzen Zweisitzer-Ledersofas an, die, von besagtem Glastisch getrennt, einander direkt gegenüber positioniert waren. Dann setzte sie sich selbst.
    »Wann haben Sie denn Ihren Freund zum letzten Mal gesehen?«, ergriff Sabrina sogleich die Initiative.
    Die junge Studentin schlug ihre mit schwarzen Jeans bekleideten Beine übereinander, umschlang mit ihren gefalteten Händen das obenliegende Knie und antwortete seufzend: »Am letzten Donnerstag.«
    »Aber das ist ja schon fünf Tage her. Warum haben Sie ihn denn dann erst heute als vermisst gemeldet?«, sprudelte es spontan aus Tannenberg heraus. Aber gleich nachdem er seine eigenen Worte vernommen hatte, kam ihm zu Bewusstsein, dass seine Frage einen unüberhörbaren Vorwurf enthielt. Deshalb ergänzte er geschwind: »Entschuldigen Sie, Sie werden wohl Ihre Gründe dafür gehabt haben.«
    Leonie Kalkbrenner nickte stumm. Man merkte ihr deutlich an, wieviel Kraft es sie kostete, einigermaßen die Contenance zu wahren.
    »Sie bewohnen dieses Appartement gemeinsam mit Herrn Steiner?«, versuchte Sabrina Schauß das Gespräch wieder in Gang zu bringen.
    »Ja.«
    »Studieren Sie beide hier an der Uni?«
    »Ja.«
    »Und was, wenn ich fragen darf?«, wollte Tannenberg wissen.
    »Biologie.«
    »Und Herr Steiner?«
    »Informatik.« Leonie fasste sich mit der linken Hand an die Stirn, massierte sie kurz. Gleich anschließend erhob sie sich. »Entschuldigen Sie, ich muss mir ein Glas Wasser holen. Möchten Sie auch etwas trinken?«
    »Nein, danke«, antworteten die beiden Kriminalbeamten wie aus einem Munde.
    Anscheinend stand Tannenberg das Erstaunen über das unerwartet luxuriöse Ambiente der Studentenwohnung sehr
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