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Woge der Begierde

Woge der Begierde

Titel: Woge der Begierde
Autoren: Shirlee Busbee
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ihrem Haar, sodass es wie eine dunkle Wolke in ihr Gesicht wehte. Ihr war nicht tapfer zumute, aber sie wusste, dass, wenn sie sterben musste, dann wollte sie das lieber brüllend wie ein Löwe tun als blökend wie ein Lamm.
    Ihre einzige Möglichkeit zu entkommen war die Treppe, und daher bewegte sie sich darauf zu.
    Raoul wusste genau, was sie vorhatte und versuchte ihr den Weg abzuschneiden. Es war nicht viel Platz, und sein lahmes Bein verhinderte, dass er schnell und behände war, aber er hatte sein Messer, was ihm einen Vorteil verschaffte. Sie standen sich auf etwas mehr als Armeslänge gegenüber, Daphne den Turm im Rücken, Raoul vor ihr, neben ihnen die Tür zur Treppe.
    Daphne schätzte die Entfernung, versuchte ihre Chancen abzuwägen, ob sie die rettenden Stufen vor ihm erreichen konnte. Trotz seines verdrehten Beines war er ein starker Gegner, und sie wusste, sie würde nur eine Gelegenheit erhalten. Wenn sie versagte … Der Geschmack der Furcht in ihrem Mund war bitter. Sie machte einen Ausfall zur Tür, aber trotz seines unbeholfenen Ganges war Raoul schneller und verstellte ihr den Weg.
    Die Tür war nun hinter ihm, und er grinste. »Unartig, wirklich unartig«, spottete er. »Denkst du wirklich, ich lasse dich mir durch die Finger schlüpfen?«
    Daphne machte einen Schritt nach hinten und brachte so viel Abstand, wie auf dem begrenzten Raum möglich, zwischen ihn und sich. Sie kämpfte gegen das Entsetzen an, das sich in ihr ausbreitete, täuschte eine Bewegung nach links an, aber Raoul lachte nur, rührte sich nicht von der Stelle.
    »Du kannst gerne alle Tricks ausprobieren, die dir einfallen,
aber solange ich die Tür versperre, wirst du nirgendwohin gehen«, sagte er und entblößte seine Zähne in einem hässlichen Lächeln.
    Daphne betrachtete ihn, überlegte, was sie tun konnte. Wenn sie ihn die Treppe hinunterstieß … sie biss sich auf die Lippe. Selbst wenn ihr das gelang, wenn sie nicht das Glück hatte, dass er sich den Kopf anschlug oder das Genick brach, hätte sie nicht viel gewonnen. Wenn er sich aber ein Bein oder den Arm brach … sie musterte ihn, die wachsame Haltung, das gezückte Messer. Eben war die Überraschung auf ihrer Seite gewesen, aber jetzt war er gewarnt, sodass sie von der Idee Abstand nahm.
    Raoul kam vorwärts, und sie wich zurück, hielt ihn auf Abstand. Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit rückten näher, aber sie versuchte sie zurückzudrängen. Glaubte sie wirklich, sie könnte sich gegen Raoul behaupten? Charles’ Gesicht erschien vor ihrem geistige Auge, und ihre wankende Zuversicht erstarkte. Aufgeben? Nein, niemals. Alles, was sie tun musste, war am Leben zu bleiben, bis Charles kam. Und er würde kommen. Wenn der Himmel es wollte, dann auch rechtzeitig.
    Der Wind nahm zu, fuhr heulend um den Turm, der Himmel wurde dunkelgrau und drohender, das Nieseln ging in Regen über. Kalt von dem Wind und dem Regen und von ihren feuchten Kleidern, merkte Daphne zunächst nichts von der Eiseskälte um sich herum, während sie verzweifelt nach einem Ausweg suchte.
    Sie sprang zurück, als Raoul einen Schritt auf sie zu machte und seine Klinge sie um Haaresbreite verfehlte. Vorstoßen, ausweichen, zurückziehen, wieder und wieder - Raoul und sie bewegten sich in einem makaberen Tanz. Alles, was ich tun muss, wiederholte Daphne im Geiste gebetsmühlenartig,
während sie Raouls Messer auswich, ist am Leben zu bleiben, bis Charles mich findet.
    Das Klappern ihrer Zähne war das erste Anzeichen, dass die Kälte, die auf sie eindrang, nicht nur von dem Unwetter herrührte. Während ihr dämmerte, was vor sich ging, wurde die Luft zwischen Raoul und ihr mit einem Mal dicker, und dichter Nebel bildete sich.
    Raoul hielt inne und starrte verwirrt auf die unförmige Masse, die vor ihm schwebte. Die bittere Kälte war ihm nicht entgangen, aber viel wichtiger war, dass die Zeit verstrich. Charles’ bevorstehendes Eintreffen bereitete ihm mehr Sorgen als die Kälte und der seltsame Nebel vor ihm.
    Er kannte seinen Bruder. Charles würde nicht ruhen und nicht rasten, bis er sie fand. Mit Charles’ lästiger Frau durfte er nicht noch mehr Zeit verschwenden.
    Er fasste das Messer fester, stürzte sich auf Daphne, wurde aber zu seiner Verblüffung zurückgeworfen und landete auf dem Boden, wie von einer undurchdringlichen Wand aus Eis abgeprallt. Er kam stolpernd auf die Füße und starrte auf das wabernde Ding, das vor ihm in der Luft war. Unbeeindruckt versuchte er, darum
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