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Woge der Begierde

Woge der Begierde

Titel: Woge der Begierde
Autoren: Shirlee Busbee
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Hoffentlich bemerkte Charles es auch.
    Die Nässe am Halsausschnitt ihres Kleides brachte sie auf einen weiteren Einfall, und mit ihrer freien Hand fasste sie den durchweichten Stoff an, dann legte sie ihre Finger auf die Wand neben sich. Sie konnte nur hoffen, dass sie so eine Spur aus Blut zog.
    Nach ein paar Stufen fiel Daphne eine Veränderung der Luft auf. Mit einem Mal war es eiskalt, und eine andere Sorte Furcht erfasste sie. Sie kannte dieses Gefühl. Sir Wesley? Oder Katherine?
    Die Eiseskälte musste Raoul verwirrt haben, weil er stehen blieb und wie ein wildes Tier, das Gefahr witterte, die Luft einsog. »Das ist aber verflucht seltsam«, sagte er halb zu sich selbst. »Egal, bald wird uns wieder warm sein. Erst jedoch sind da noch ein paar Abzweigungen, die wir nehmen müssen, um den guten alten Charles abzuschütteln.«
    Im Dunkeln zählte Raoul die Stufen bis zum nächsten Gang, dem er folgen wollte. Er kam an eine Wand aus Luft, die so bitterkalt war, dass er zurückprallte, und so verhinderte, dass er diesen Weg nahm. Mit gerunzelter Stirn versuchte er es erneut, aber die Kälte war wie eine Mauer, die den Zutritt versperrte. Verwundert, aber nicht beunruhigt
gab Raoul auf und ging weiter die Treppe hoch. Es lagen noch mehrere Gabelungen vor ihnen, die ebenso gut waren, aber zu seiner wachsenden Bestürzung traf er jedes Mal, wenn er die Richtung wechseln wollte, auf so eine undurchdringliche Wand aus eiskalter Luft.
    Sie kamen an einen Absatz, wo die Treppe aus dem Kerker auf eine andere traf. Nachdem ihm all seine geplanten Abzweigungen abgeschnitten waren, überkam ihn ein ungutes Gefühl. Er begriff, dass er langsam, aber sicher zu den Wehrgängen getrieben wurde. Verwirrt fragte er sich, was die Ursache der seltsamen, bis ins Mark dringenden Kälte war. Ein unterirdischer Zugang, den er noch nicht entdeckt hatte? Zuversichtlich, dass die Kälte ebenso grundlos wieder verschwinden würde, wie sie gekommen war, verkniff sich Raoul einen Fluch und zerrte Daphne weiter hinter sich her nach oben, die einzige Richtung, die er einschlagen konnte.
    Daphne spürte den Wechsel seiner Pläne. Die Wunde an ihrem Hals hatte aufgehört zu bluten; sie war sich nicht sicher, ob die Blutstreifen auf den Steinwänden sichtbar waren, darum zerbrach sie sich den Kopf, wie sie Charles einen Hinweis geben konnte, wo sie war. Ihr fiel wieder sein Taschentuch in ihrer Rocktasche ein. Verstohlen holte sie es heraus und ließ es nach drei Stufen fallen. Lieber Gott, betete sie, bitte mach, dass Charles es sieht. Und mich findet.
    Während sie höher stiegen, drang mehr und mehr graues Dämmerlicht zu ihnen, und Raoul wusste, dass sie bald draußen wären auf dem Wehrgang. Sie konnten in dem alten Turm vor dem Sturm Schutz suchen, entschied er. Das war zwar nicht, was er ursprünglich geplant hatte, aber falls Charles sie zufällig doch finden sollte … Ein hässliches Glitzern trat in seine Augen. Er würde vielleicht sein Vergnügen
verkürzen müssen, aber er wollte sie in Charles’ Gegenwart aufschlitzen; das würde ihm reichen. Und dann würde er Charles umbringen. Er dachte kurz nach. Vielleicht auch nicht. Raoul kicherte. Ja. Er würde Charles am Leben lassen, in dem Wissen, dass Charles den Rest seines Daseins darunter leiden würde, nie die entsetzlichen Augenblicke ihres qualvollen Todes vergessen zu können.

21
    A ls im Lichtkegel seiner Laterne das Smaragdhalsband aufblitzte, stockte Charles der Fuß. Erleichterung erfasste ihn, während er wie gebannt auf die glitzernden Juwelen starrte. Seine liebste kluge Frau hatte sich etwas einfallen lassen, um ihm den Weg zu weisen, ihm ein Zeichen zu hinterlassen, dass sie noch am Leben war. Oder gewesen war, als sie das Halsband fallen ließ, flüsterte eine unangenehme Stimme in seinem Kopf. Er schob sie beiseite, glaubte fest, dass irgendwo vor ihm, über ihm, Daphne noch lebte und ihm half, sie zu finden. Mit neuem Schwung nahm er immer zwei Stufen auf einmal.
    Die Laterne war ein Risiko, ihr Schein konnte Raoul warnen, dass er kam, aber er wusste nicht, wie er das verhindern sollte. Er konnte nur hoffen, dass er jede Falle, jeden Hinterhalt von Raoul rechtzeitig vorher erkannte.
    Als er die erste Blutspur an der Wand entdeckte, blieb ihm fast das Herz stehen, und Wut mischte sich in seine schmerzliche Furcht. Er zweifelte nicht daran, dass es Daphnes Blut war, und er starrte eine Weile auf den karmesinroten Strich, von grauenvollen Bildern geplagt. Er zwang
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