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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen
Autoren: Luanne Rice
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alte Hund humpelte den Weg entlang. Caroline bückte sich und breitete die Arme aus, als er näher kam. Sein weißes Gesicht schien zu lächeln, die braunen Augen funkelten vor Freude.
    »Wo hast du dich nur rumgetrieben?«, sagte sie, ihn in die Arme nehmend. Er rieb seine Nase an ihrem Gesicht, leckte Wangen und Hände. Und sie ließ ihn lecken, glücklich, ihn gefunden zu haben. Dann trabte er den Weg zurück, den er gekommen war, und wartete, dass sie ihm folgte. Er forderte sie zum Fangenspiel auf, mitten durch das Gestrüpp und Gras am Firefly Beach.
    »Wohin führst du uns, Homer?«, rief Augusta, die in einiger Entfernung folgte. »Ist das der Weg, den du gehst, wenn du deine geheimnisvollen Ausflüge machst?«
    »Du bist ein Reisender«, sagte Caroline, als sie ihn am Strand einholte. »Aber du kehrst immer nach Hause zurück.«
    Der Abschied von Homer und ihrer Familie fiel ihr schwer. Wie konnte sie es übers Herz bringen, sie zu verlassen? Sich von allem trennen, was ihr lieb war – von ihrem Elternhaus, der magischen Küste, ihren Schwestern, ihrer Mutter und dem alten Hund? Homer saß jetzt neben einem Stück Treibholz und blickte sie so eindringlich an, dass sie wünschte, sie könnte seine Gedanken lesen.
    »Liebes, ich will dich nicht zur Eile antreiben, aber ich fürchte, es wird höchste Zeit, wenn ihr euer Flugzeug noch erwischen wollt«, sagte Augusta.
    »Deine Mutter hat Recht.« Joe ging in die Hocke, um Homer zu streicheln. Der alte Hund sah ihn lange und aufmerksam an. Er schien sich jeden Zug einzuprägen – die blauen Augen, die Form des Mundes, das kräftige Kinn. Dann schnüffelte er an den Haaren, und als wäre er zu einem Entschluss gekommen, leckte er Joe ab, einmal und ein weiteres Mal. Die Geste, weit von Liebe oder auch nur Zuneigung entfernt, war seine Art, Joe aufzufordern, gut auf die Frau, die sie beide liebten, Acht zu geben.
    »Ich bringe sie bald zurück«, versprach Joe. Caroline nickte. Sie umarmte Homer ein letztes Mal, den Geruch des trockenen Laubs und der Seeluft in sich aufnehmend. Dann küsste sie den Hund auf die Nase und stand auf.
    »Lass uns gehen«, sagte sie leise zu Joe. Sie wollte weg, bevor sie es sich doch noch anders überlegte.
    »Okay.«
    Aber Homer winselte. Er legte sich auf den Boden, als hätte er Schmerzen. Das Laub erinnerte Caroline an einen anderen Waldweg, vor langer Zeit, und ihr Puls schlug schneller. Sie kauerte sich neben ihn und streichelte ihn, um ihn zu beruhigen, aber insgeheim tastete sie nach einem Knoten oder gebrochenen Knochen.
    Er rollte sich in dem weißen Sand auf den Rücken und strampelte mit den Beinen. Sie sah, dass er spielen wollte, und wusste, dass er versuchte sie an der Abreise zu hindern. Sie war gerade im Begriff aufzustehen und ihn nach Hause zurückzubringen, als Joe sich bückte. Angestrengt spähte er unter einen großen gefällten Baumstamm, offenbar Treibholz, das vom Meer angeschwemmt worden war.
    »Schau mal!«, rief er.
    »Na toll«, sagte Sam. »Unser Geologe hat soeben ein seltenes Glas am Strand entdeckt, das eine sofortige Untersuchung erfordert. Bitte zurücktreten.«
    »Nein, schau!« Joe nahm Caroline bei der Hand.
    »Das ist die coolste Art, jemandem einen Verlobungsring zu schenken«, meinte Sam. »Noch besser, als ihn in einer Eisbombe zu verstecken. Wie bist du auf die glorreiche Idee gekommen? War Homer in deinen Plan eingeweiht?«
    »Sam, halt den Mund«, sagte Joe sanft und deutete auf die Unterseite des alten Baums. Von Wind und Wetter gegerbt, inmitten von Sand und Meerespflanzen, war eine Botschaft tief ins Holz gekerbt.
    Caroline wusste auf Anhieb, was sie zu bedeuten hatte, und kämpfte mit den Tränen. Sie tätschelte Homer und starrte die Worte an, dann ließ sie den Tränen freien Lauf. Sie sah das alte Messer ihres Vaters wieder vor sich. Der Griff war abgenutzt, aber die Klinge wurde vor jedem Gebrauch sorgfältig geschärft. Die Schnitzerei trug weder seine künstlerische Handschrift noch war sie mit seinen Initialen versehen, aber sie stammte von ihm, dessen war sie sicher.
    »Mom?«
    »Ja, Liebes?«
    Alle umringten sie. Joe drückte Caroline an sich, und Homer leckte ihr die Hand.
    »Dad war hier.«
    Sie beugten sich hinunter, um die Worte zu entziffern, die Augusta nun laut vorlas: »Ich liebe euch alle.«
    »Das war Dad?«, fragte Clea.
    »Sicher.« Augustas Augen leuchteten.
    Skye streckte die Hand aus und berührte die Buchstaben. Sie unterdrückte ein Schluchzen und blickte
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