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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht
Autoren: Catherine Coulter
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Unfall.«
    »Was ist passiert?« Aber ich wusste es. Ja, ich wusste es.
    »Ihr Auto ist heute kurz nach Mitternacht über die Klippenstraße gerast. Sie saß in dem neuen Porsche, den ich ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Sie wäre tot, wenn nicht zufällig ein Polizist vorbeigekommen und das Ganze beobachtet hätte. Er berichtet, dass sie sogar noch mal Gas gegeben hat, als sie durch die Leitplanke donnerte. Er sagt, der Porsche sei in hohem Bogen über die Klippe geschossen und dann mit der Schnauze voran im Meer versunken. An der Stelle, wo sie versank, ist das Wasser nicht mehr als fünf, sechs Meter tief. Gott sei Dank waren die Scheinwerfer noch an und das Fahrersei-tenfenster war offen. Er hat sie gleich beim ersten Versuch rausgekriegt, ein reines Wunder, sagt er. Keiner kann fassen, wie er das geschafft hat und dass sie noch am Leben ist. Ich ruf dich an, sobald ich mehr weiß - so oder so. Es tut mir Leid, Mac, sehr Leid. Geht’s dir wenigstens wieder besser?«
    »Ja, viel besser«, erwiderte ich abwesend. »Danke, Paul. Wir hören voneinander.« Ich legte den Hörer behutsam auf. Paul war offensichtlich viel zu durcheinander, um darüber erstaunt zu sein, dass ich mich um sieben Uhr morgens Ortszeit nach Jilly erkundigte. Am Tag nach dem Unfall. Ich fragte mich, wann Paul das wohl auffallen würde.
    Im Moment hatte ich keine blasse Ahnung, was ich ihm als Grund nennen sollte.

2
    »Mac, um Himmels willen, was fällt dir ein, aufzustehen? Entlassen wirst du sicher noch nicht. Schau dich doch nur an. Du siehst beschissen aus. Deine Gesichtsfarbe ist so grau wie muffige Stores.«
    Lacy Savich, jedermann beim FBI als »Sherlock« bekannt, stieß mich leicht vor die Brust, um mich in Richtung Bett zurückzuschubsen. Als sie hereinkam, hatte ich es gerade geschafft, mich in meine Jeans zu manövrieren und war dabei gewesen, mich in ein langärmeliges Hemd zu quälen.
    »Husch, husch ins Bettchen, Mac. Du gehst nirgendwohin. Wie bist du bloß in diese Jeans gekommen?« Sherlock klemmte sich unter meine Achsel und versuchte mich umzudrehen, zurück zu diesem verdammten Bett.
    Ich blieb wie angewurzelt stehen, und sie kriegte mich keinen Millimeter weiter. »Hör zu, es geht mir gut, Sherlock. Lass los. Ich will dich nicht unter meiner Achselhöhle haben. Ich hab noch nicht geduscht.«
    »Na, so miefig bist du auch wieder nicht. Ich rühre mich nicht vom Fleck, bis du dich nicht wenigstens hingesetzt und mir gesagt hast, was los ist.«
    »Also gut, ich werd mich setzen«, gab ich nach. Und um die Wahrheit zu sagen, war Hinsetzen zurzeit ohnehin die beste Idee, aber nicht auf das blöde Bett. »Also schön, wenn du drauf bestehst, Sherlock.« Ich lächelte auf sie hinab. Sie war ein zierliches Persönchen mit üppigen roten Locken, die sie heute Morgen mit einer Goldspange im Nacken zusammengefasst trug. Sie hatte eine schneeweiße Haut und das hübscheste Lächeln, das man sich vorstellen kann, warm und süß. Außer wenn sie in Fahrt kam, dann konnte sie notfalls Metall zerbeißen. Wir hatten zusammen die FBI-Akademie besucht und waren dann vor zwei Jahren bei dem Verein angestellt worden.
    Sie war eine überraschend starke Stütze, hielt mich aufrecht, führte mich zum nächsten Stuhl und wich dann seitlich zurück, um mich darauf plumpsen zu lassen. Sobald ich saß, grinste ich zu ihr auf. Ich musste an unsere Abschlussprüfung im Seilklettern an der Akademie denken. Ich war mir nicht sicher gewesen, ob sie’s schaffen würde und war deshalb nicht von ihrer Seite gewichen, hatte sie vom Nachbarseil aus angefeuert, ermutigt, mit Schimpfnamen bedacht und sonstwie beleidigt, bis sie es mit ihren Spinnenärmchen tatsächlich bis nach oben schaffte. Sherlock besaß nicht gerade viel Muskelschmalz im oberen Bereich, aber sie hatte etwas, das viel besser war - ein großes Herz und jede Menge Mumm. Sie mochte mich wahrscheinlich mehr, als ich es verdiente.
    »Jetzt mal raus mit der Sprache. Die Ärzte schütteln nur die Köpfe. Sie haben sich schon mit deinem Boss in Verbindung gesetzt, und ich wette, dass sie dich lieber in diesen wunderhübschen Linoleumboden stampfen, als dich jetzt schon rauszulassen. Ah, da kommt die Verstärkung. Dillon, komm rein. Du musst mir helfen, rauszufinden, was in Mac gefahren ist. Schau, er hat sogar eine Hose an.«
    Dillon Savich blickte mich bei diesen Worten mit hochgezogener Braue an. Sein Glück , schien seine Miene zu sagen.
    Ich lehnte mich zurück. Warum nicht noch fünf
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