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Wo geht's hier nach Arabien

Titel: Wo geht's hier nach Arabien
Autoren: Christian Springer
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Sehnsuchtspein
    Der heiße Wunsch, photographiert zu sein.«

Nikola Gierig: Dabei in Dubai
    Wo: Dubai
    Wann: täglich
    Warum: Ehefrau
    Sie haben noch nicht in Dubai investiert? Sie verschleudern also Ihre schwer verdienten Kröten an den deutschen Fiskus, der nicht einmal in der Lage ist, mit den Steuereinnahmen die Löcher in den Straßen zu stopfen, geschweige denn diejenigen im bundesdeutschen Haushalt. Steuervorteile, Zukunftsanlagen mit Garantie, Fondssicherheiten ohne Ende, langsam sollte es klingeln. Dubai boomt, das sollte sich herumgesprochen haben. Glauben Sie nicht an das Geschmiere in den Gazetten von der geplatzten Dubai-Blase. Was hat denn ein sogenannter Wirtschaftsjournalist, der die letzten 20 Jahre über Fußball geschrieben hat und nur durch Zufall Ressortleiter eines Wirtschaftsteils geworden ist, für eine Ahnung von internationalen Geldgeschäften? Dieser in Scheidung lebende, eine Doppelhaushälfte abzahlende Neider, der sich mit seiner Ex den Hund und die zwei Kinder wöchentlich teilen muss, hat nicht den blassesten Schimmer vom sorgenfreien Leben in » Palm Dubai« und den » Deep blue Sea«-Penthouses im Downtown-Burj-Emirate-Tower.
    Dabei ist es so einfach. Sie gehen zu Ihrer Bank, machen locker, was locker zu machen ist, und sind im nächsten Moment Anleger im Dubai-Immobilienfonds. Der sitzt in Dubai und hat damit den Steuersatz » null Prozent«. Klar? Alle Gewinne gehen zu 100 Prozent an Sie selbst. Das Doppelbesteuerungsabkommen und den Progressionsvorbehalt muss man Ihnen ja nicht extra erklären. Derzeit ist von einer Rendite von 12 Prozent bis 20 Prozent auszugehen, wenn man es übervorsichtig berechnet…
    Das Goldfieber am Klondike River war gegen Dubai ein matter Rülpser. Von denen, die leider mit leeren Taschen zurückgekehrt sind, hört man wenig. Weil sie sich entweder am nächsten Baum aufgehängt oder den Kontakt zur Außenwelt verloren haben, weil sie sich nicht mal mehr eine Schüler-Flatrate für das Handy leisten können. Angeblich leben 10 000 Deutsche inzwischen in Dubai. Die meisten mit befristeten Arbeitsverträgen. Man verdient die Millionen im Schlaf und lebt dabei im Luxus wie ein Scheich aus tausendundeiner Nacht. Deswegen hat Nikola Gierig, so nennen wir die Ehefrau des Auswanderers ab jetzt, den Schiffscontainer vor das Haus bestellt und den gesamten Hauskram hineingepackt. Oma und Opa zerreißt es das Herz, die Enkelkinder für mindestens drei Jahre bei den Arabern zu wissen. Oma weint, Opa erklärt den Schwiegersohn für verrückt, Nikola verscherbelt die alte Einbauküche bei E-Bay, die schicken Winterstiefel und den Ficus bekommt die beste Freundin. Die weint auch, will aber zu Besuch kommen, zum Shoppen und zum Surfen. Jetzt weint Nikola auch.
    Ehemann Olaf, alle Namen sind erfunden, aber die Ähnlichkeit zu lebenden Personen ist nicht ungewollt, ist schon mal vorgeflogen, wegen der Firma. Er ist wichtig. Als in den sechziger Jahren die Gastarbeiter aus dem fernen Sizilien am Münchner Hauptbahnhof landeten, passten die Habseligkeiten in einen Handkoffer, das einzige Paar Schuhe hatte man an. Der deutsche Gastarbeiter, nach dem in Dubai verlangt wird, hat einen Schrank voller Nadelstreifenanzüge dabei, die Wohnung inklusive südostasiatischer Haushälterin wird gestellt. Er soll ja auch nicht Steine schleppen, sondern IT-Kenntnisse verkaufen. Er heißt auch nicht mehr Gastarbeiter, sondern » Resident«.
    Nikola kommt ein paar Wochen später und ist voller Tatendrang. Sie räumt die Wohnung um, nimmt den Schiffscontainer in Empfang und meldet die Kinder Noah-Damian und Eliane-Liselotte in der Deutschen Schule an. Das Eingewöhnen dauert drei Wochen. Dann kennt sie die Tiefgarage vom Supermarkt auswendig, hat die Nummer des deutschsprachigen Kinderarztes im Handy gespeichert, und einen Wüstenausflug hat man auch schon gemacht. Olaf war dabei, hat aber die ganze Zeit telefoniert.
    Dann wird es langweilig. Nikola denkt zuerst, es ist das Klima, dann denkt sie, es ist die Klimaanlage, dann denkt sie, es ist das Essen, dann fällt ihr die Decke auf den Kopf, und sie weiß: Es ist die Langeweile. Olaf arbeitet von früh bis spät.Am Abend ist er eingeladen, das kann man nicht abschlagen, man ist ja in Arabien, blöd, dass sie meistens nicht mitdarf, man ist ja in Arabien. Olaf sagt, ruf doch die und die an, die seien doch auch Deutsche. Nikola
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