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Wo geht's hier nach Arabien

Titel: Wo geht's hier nach Arabien
Autoren: Christian Springer
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paar Jahren von zwei Einheimischen vergewaltigt, und angeklagt wurde– er selbst. Die Neuen staunen, der Schädel dröhnt. Man erkennt sie an den müden Augen und zerknitterten Sommerkleidchen, die zu lange im Koffer gelegen waren. Sie sind noch unsicher. » Aber das vergeht, was glaubt ihr, wie schnell ihr euch einlebt, auch die Kinder, die Auslandserfahrung ist überhaupt das Beste.« Was für ein Glück, zu den Auserwählten zu gehören, Prost.

Andreas Baader & Co.
    Wo: Jordanien, Jemen
    Wann: Siebziger Jahre
    Warum: Ausbildung zum Terroristen
    E s gibt tausend Dinge, für die man sich hobbymäßig interessieren kann: Modelleisenbahn und Salsatanz, Gleitschirmfliegen und Salzteigbasteln. Doch selbst unter den ausgefallenen Hobbys ist das » politisch motivierte Handgranatenwerfen« eines der ungewöhnlichsten. Was bei der Bundeswehr zum Pflichtprogramm gehört, ist als privater Zeitvertreib in den eigenen vier Wänden selbst mit äußerst toleranten Nachbarn kaum zu bewältigen. Also wohin zum heimlichen Üben? In einen Steinbruch? Da treffen sich Rudel von Jugendlichen zum Saufen, Rauchen und Knutschen. Zum Oktoberfest? Das wäre immerhin anonym, im Biernebel von sechs Millionen Lederhosenträgern würde man vielleicht gar nicht auffallen. Doch in den Schießbuden auf der Wiesn gibt es eben nur verbeulte 6-Schuss-Spaßkarabiner und keine terrortaugliche Militärausrüstung. Gekillt werden da nur Plastikrosen und Luftballons, keine » faschistisch-imperialistischen Politikerschweine«.
    Also reist man als angehender Terrorist der siebziger Jahre in die Wüste. Da ist Platz, und in den staubigen Dünen stört es nicht weiter, wenn ein paar Skorpione in ihre Einzelteile gebombt werden.Außerdem hatte der deutsche Anarchieliebhaber damals in der Wüste gute Freunde: Palästinenser. Seit der Gründung des Staates Israel sitzen Flüchtlinge aus Palästina in fast allen arabischen Ländern. Das haben die Gastländer zwar nicht gern, aber sie nutzen die Situation genüsslich aus.
    Die Palästinenser werden instrumentalisiert. Für die täglichen Weltnachrichten gibt es Pressetermine und Parolen: » Schaut her, Völker dieser Erde, diese armen Vertriebenen.« Doch sobald die Weltpresse wieder außer Sichtweite ist, werden die Palästinenserlager wieder abgeriegelt, und Wasser und Strom werden ihnen von ihren arabischen Gastgebern rationiert. Es bleibt den Ausgegrenzten keine Wahl, und die Flüchtlingslager werden zwangsläufig zu Staaten im Staate. Im tiefsten Nachkriegsbayern wurden ostpreußische Kriegsflüchtlinge schneller im Tegernseer Trachtenverein integriert als ein Palästinenser bei seinem arabischen Bruder. So diskutiert der Libanon erst im Jahr 2010 darüber (da ist der Staat Israel bereits 62 Jahre alt), den palästinensischen » Flüchtlingen«, das heißt den Urenkeln der einstigen Flüchtlinge, nun vielleicht doch Bürgerrechte zu geben. Nur nichts überstürzen.
    Frühjahr 1970: Die arabische Jugend absolviert ein straffes militärisches Training, ist bewaffnet bis an die Zähne und hat die Befreiung Palästinas zum Ziel, also die Auslöschung Israels. Dazu werden Flugzeuge entführt und gesprengt, Geiseln genommen, unbeteilige Menschen erschossen. Dieser Weg interessiert die Truppe um Andreas Baader. Von denen kann man lernen! Bei den Palästinensern ist das bittere Gefühl der Vertreibung und Heimatlosigkeit dem Hass gewichen, der in Presseerklärungen und Flugblättern lautstark und weltweit hinausgeschrien wird:
    Â» In München [bei den Olympischen Spielen 1972] sind die Palästinenser, Verdammte dieser Erde, Kinder eines weltweiten Unrechts, in das Fest der anständigen und gut genährten Leute eingedrungen.«
    Wer genau Palästina befreien sollte, darüber sind sich die Palästinenser allerdings nicht so richtig einig. Es kommt zur Gründung verschiedener Gruppen, die aufzudröseln heute noch Heerscharen von Akademikern beschäftigt: die PLO, die PFLP, die PFLP-SC, die PDFLP, die Fatah, » Der Schwarze September«, die GUPA und die GUPS, das » Politbüro der Bewegung für die nationale Befreiung Fateh«, natürlich alle ausgestattet mit einem militärischen Flügel, einem politischen Flügel, einer Aktionsbrigade, Sympathisanten, flugblattkopierenden und schönen Frauen. Und alles umwabert von einem
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