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Wo die Nelkenbaeume bluehen

Wo die Nelkenbaeume bluehen

Titel: Wo die Nelkenbaeume bluehen
Autoren: Danielle Stevens
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hypnotischen Melodie. Mit geschlossenen Augen saß Lena auf dem Beifahrersitz, streichelte mit der Hand über ihren prall gewölbten Bauch und ließ sich einfach treiben.
    „Es war nett bei Thomas und Sandra, findest du nicht?“
    Lena lächelte, ohne die Augen zu öffnen. „Ja“, sagte sie. „Aber Sandras Lasagne war grauenvoll!“
    Andys Lachen, tief und kehlig, erfüllte den Wagen. „Ja“, stimmte er atemlos zu, „sie war tatsächlich ungenießbar – aber nicht halb so schlimm wie die Rote Grütze! Ich habe auf etwas gebissen, das ich für eine Kirsche hielt, sich dann aber als ein Klumpen Gelatine entpuppte!“
    Nun konnte auch Lena nicht mehr an sich halten. Sie lachte und lachte, bis ihr die Tränen kamen. Ihr Herz sprudelte über vor lauter Liebe und Zuneigung. Dies war einer dieser Momente, in denen sie sich fragte, womit sie so viel Glück verdient hatte.
    Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Augen – in diesem Moment sah sie den Geisterfahrer, der frontal auf sie zugeschossen kam.
    „Andy, pass auf!“
    Doch es war zu spät.
    Das Kreischen von Metall und das Splittern von Glas war das Letzte, was Lena wahrnahm.
    Dann wurde sie von vollkommener Dunkelheit umfangen.
    Mit einem erstickten Keuchen schreckte Lena aus dem Schlaf hoch. „Andy …“
    Sie setzte sich auf – und ließ sich stöhnend zurücksinken, als ihr klar wurde, wo sie sich befand. Der Unfall lag mehr als ein Jahr zurück, doch die Träume, die sie seit jener Nacht verfolgten, hatten nichts von ihrem Schrecken verloren.
    Ihr Herz hämmerte wie wild, und ihr stand der kalte Schweiß auf der Stirn. Mit zitternden Knien stand sie auf und ging ins Badezimmer hinüber. Dort drehte sie das kalte Wasser auf und wusch sich das Gesicht. Seufzend ließ sie sich den Wasserstrahl auch über die Handgelenke laufen. Danach fühlte sie sich ein wenig besser. Doch an Schlaf war nicht mehr zu denken, und das kleine Zimmer, in dem es gerade einmal genug Platz für das schmale Einzelbett, einen Schrank und einen Nachttisch gab, erschien ihr zunehmend beengt und erdrückend.
    Was ist los mit dir? Du hast nicht den weiten Weg hierher gemacht, um jetzt im Hotel die Füße hochzulegen! Wolltest du dich nicht auf die Suche nach Andys Wurzeln machen? Jene Orte entdecken, an denen er die schönste und aufregendste Zeit seiner Kindheit verbracht hat? Um das zu Ende zu bringen, was er nicht mehr vollenden konnte?
    Ja, genau das war es, was Lena wollte. Andys Worte, wenn er von seiner Jugend auf Sansibar gesprochen hatte, klangen ihr noch in den Ohren nach. Seine Begeisterung, das Glänzen in seinen Augen, sein Enthusiasmus, wenn er von der Freundlichkeit und Offenheit der Menschen schwärmte. Er war nie wieder hierher zurückgekehrt, hatte immer nur davon gesprochen, es irgendwann einmal zu tun – gemeinsam mit ihr. Vielleicht würde auch sie hier endlich wieder etwas anderes empfinden können als Trauer und Verzweiflung.
    Worauf wartest du noch? Du hast das Leben lang genug wie einen trägen Strom an dir vorüberziehen lassen – es wird Zeit, dass du endlich wieder darin eintauchst und selbst daran teilnimmst, statt es von außen zu beobachten!
    Sie konnte förmlich spüren, wie neuer Tatendrang sie erfüllte, nahm ihre Handtasche auf und verließ das Hotelzimmer.
    Es dämmerte bereits, als sie etwas später hinaus auf die Straße trat, doch es war noch immer drückend warm und die Luft war schwer und feucht, sodass sie sich fast anfühlte wie zäher Sirup. Innerhalb von Sekunden klebte Lena der Stoff ihres T-Shirts auf der Haut. Eine Kakofonie der verschiedensten Geräusche drang auf sie ein. Das Hupen der Autofahrer vermischte sich mit dem Schrillen von Fahrradschellen und dem Geschrei von Straßenhändlern, die lautstark ihre Waren anpriesen.
    Und wie geht’s nun weiter, du Genie? In Ermangelung einer Antwort wandte Lena sich einer inneren Eingebung folgend nach rechts. Bald war die Straße gesäumt von kleinen Garküchen, die ihre Speisen direkt von der Theke nach draußen verkauften. Es roch nach gegrilltem Fisch, nach Zimt, Kardamom, Kümmel und Nelken. In den Auslagen standen Schüsseln und Schalen mit gewürztem Reis und weißlich-gelbem Brei.
    Eine rundliche dunkelhäutige Frau hielt ihr ein Schälchen von dem Brei entgegen. „Wollen probieren, Miss’us? Ugali very delicious! Yummy, yummy !“
    Lena lehnte mit einer knappen Handbewegung ab und eilte hastig weiter. In einer ruhigen Ecke holte sie die Ledermappe mit Andys Aufzeichnungen,
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