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Wo die Nelkenbaeume bluehen

Wo die Nelkenbaeume bluehen

Titel: Wo die Nelkenbaeume bluehen
Autoren: Danielle Stevens
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drehte sich zu ihr um, und für einen Moment stockte Lena der Atem. Was für unglaubliche Augen! Graublau mit goldenen Sprenkeln darin, wie der Himmel über Berlin an einem trüben Tag, wenn gerade die Sonne durch die Wolkendecke bricht; umrahmt von einem Kranz erstaunlich dichter dunkler Wimpern.
    Lena blinzelte heftig, um das seltsame Gefühl abzuschütteln, das von ihr Besitz ergriffen hatte. Doch sie erreichte lediglich, dass sie auch den Rest ihres Gegenübers bemerkte, der kaum weniger eindrucksvoll war.
    Schwarzbraunes, welliges Haar umrahmte ein eher blasses, scharf geschnittenes Gesicht mit ausgeprägten Wangenknochen und kantigem Kinn. Der Mann trug einen leichten anthrazitfarbenen Anzug, der die Farbe seiner Augen noch betonte und der definitiv nicht von der Stange stammte. Die Hitze schien ihm nicht das Geringste auszumachen, denn Lena konnte auf seiner Stirn nicht die kleinste Schweißperle entdecken.
    Er hob eine Braue, was seiner Miene eine gewisse Arroganz verlieh. „Entschuldigung – wie bitte?“, fragte er auf Englisch.
    „Oh.“ Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie in ihrer Aufregung ganz automatisch Deutsch gesprochen hatte. Sofort wechselte sie ins Englische. „Ich sagte, dass Sie dieses Taxi nicht haben können.“
    „Ach, und warum nicht, wenn ich fragen darf?“
    „Weil ich vor Ihnen an der Reihe bin“, entgegnete Lena fest und reckte das Kinn. „Ich warte schon viel länger als Sie!“
    Schmunzelnd schüttelte er den Kopf. „Sie haben dagestanden und Löcher in die Luft gestarrt“, korrigierte er sie dreist. „Hören Sie, Miss, obwohl es mir ein großes Vergnügen wäre, dieses Thema noch weiter mit Ihnen zu diskutieren, muss ich an dieser Stelle leider abbrechen. Termine, Sie verstehen?“
    Er schenkte ihr noch ein letztes strahlendes Lächeln, ehe er in den Wagen stieg und die Tür hinter sich zuschlug. Wie paralysiert blieb Lena zurück und schaute tatenlos zu, wie das Taxi – ihr Taxi – mit dem unverschämten Fremden darin davonfuhr.
    Lange hatte Lena am Taxistand des Flughafens nicht warten müssen, ehe wieder ein Wagen aufgetaucht war. Die Fahrt zu ihrem Hotel dauerte trotzdem noch einmal eine Stunde, obwohl der Kisauni Airport kaum mehr als einen Katzensprung südöstlich von Sansibar Stadt entfernt lag. Doch je näher sie ins Zentrum der Inselhauptstadt vorrückten, desto dichter wurde das Gewirr von Fahrrädern, Autos und Mopeds, die sich auf den engen Straßen drängten.
    Endlich, als sie gerade glaubte, die Hitze im Inneren des Fahrzeugs keine Sekunde länger ertragen zu können, lenkte der Fahrer den Wagen an den Straßenrand. Lena stieg aus und schaute sich um, während sie darauf wartete, dass ihr Gepäck ausgeladen wurde. Ihr Hotel befand sich in einem hohen Gebäude mit fleckiger Steinfassade, das sicher schon bessere Tage gesehen hatte. Sie hätte sich durchaus eine bessere Unterkunft leisten können, immerhin musste sie sich um Geld keine Gedanken machen. Dank Andys Lebensversicherung war sie gut abgesichert. Doch sie brauchte keine luxuriöse Umgebung. Und außerdem fühlte sie sich nach wie vor schlecht dabei, Geld mit vollen Händen auszugeben, das sie nur besaß, weil Andy …
    Zwei Stufen führten hinauf zu einer Tür, die jedem Kirchenportal zur Ehre gereicht hätte. Das dunkle Holz war reich mit Schnitzereien und bronzefarbenen Beschlägen verziert.
    Lena bezahlte den Taxifahrer und gab ihm ein Trinkgeld, das ihm ein Strahlen aufs Gesicht zauberte. Er bedankte sich überschwänglich und bestand darauf, ihr das Gepäck noch bis ins Hotel zu tragen. Dagegen hatte Lena definitiv nichts einzuwenden, so müde und zerschlagen, wie sie sich fühlte. Sie checkte an der Rezeption ein, die im Grunde genommen nur aus einem Schalter bestand, der in die Wand des Treppenhauses eingelassen war. Und als sie wenig später, nachdem sämtliche Formalitäten erledigt waren, endlich ihr Zimmer betrat, ließ sie sich, ohne sich lange umzusehen, auf das weiche Bett fallen. Nur zwei Minuten die Augen zumachen und entspannen, sagte sie zu sich selbst.
    Doch sie hatte die Lider kaum geschlossen, als sie auch schon in einen leichten Dämmerschlaf sank.
    Es war dunkel. Sterne glitzerten am Himmel, und der fast volle Mond tauchte die Landstraße in seinen silbrigen Schein. Aus den Lautsprechern des Autoradios drang leise ein alter Song von Sade: Smooth Operator . Die Musik verschmolz mit den Geräuschen des Motors und dem Flapp-Flapp der Reifen auf dem Asphalt zu einer beinahe schon
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