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Wo die coolen Kerle wohnen

Wo die coolen Kerle wohnen

Titel: Wo die coolen Kerle wohnen
Autoren: Susanne Friedmann
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›Lehre vom Herzen‹, die auch in meiner Praxis eine große Rolle spielt.« Hier findet die Ärztin auch eine Antwort auf meine Frage: »Über das Herz können sich Männer und Frauen in höherem Alter Energie geben.« In der chinesischen Lehre existieren, wie ich erfahre, zwei Arten von Feuer. Das »Drachenfeuer«, das in den Nieren sitzt, und das »fürstliche Feuer«, das im Herzen wohnt. Das Drachenfeuer ist instinktgesteuert, einfach so da, unreflektiert lebendig, es wird mit der Zeit weniger und verzehrt Essenz. Was wir daran spüren, dass unsere Libido nachlässt. Die althergebrachten chinesischen Potenzmittel wirken daher genau wie die modernen westlichen auf dieses Drachenfeuer. Auf den Geist hat das Drachenfeuer wenig Einfluss, allzu stark aufloderndes Drachenfeuer kann den Geist sogar vernebeln, wie eine zu hoch lodernde Flamme, die alles verrußt.
    Das Herzfeuer dagegen wird vom Geist, von unserer Seele und Persönlichkeit genährt. Es leuchtet klar und ruhig und wird mit zunehmender Reife eher noch heller. Wir können es als Wärme und bedingungslose Liebe wahrnehmen. Findet eine erotische Begegnung auf dieser Ebene statt, dann ist der Sex weniger lustfixiert. Die Liebeskraft ist klarer und reiner, eine neue, nährende Innigkeit und Nähe kann zwischen den Partnern entstehen.
    »Damit das Herzfeuer seine Qualität entfalten kann, darf man vom anderen nichts wollen, nichts erwarten, nichts brauchen«, fährt Christine Li fort. »Man muss aufhören, die Schuld beim anderen zu suchen, das ganze ›du sollst‹, ›du musst‹ oder ›warum hast du mir wieder keine Rosen mitgebracht‹ hat hier keinen Platz. Es ist ein Geschenk, wenn so eine Begegnung stattfindet, kein Mensch hat ein Anrecht darauf, das er einfordern könnte.«
    Die beiden Feuer liegen übrigens in ständigem Widerstreit. Das Drachenfeuer will, muss, drängelt sich vor, ist begierig und schnell. »Es kommt mit einer ›hysterischen‹ Gewalt über uns und drängt zum Ziel, das heißt, es drängt die Männer zur Ejakulation und kann völlig verwirren und benebeln. Ist aber das Herzfeuer zuerst da, kann es mit seiner klaren Flamme die Libido erwecken. Der Ejakulationsdrang ist dabei gemindert. Die Liebe kann dann lange andauern, ist für beide energetisierend, und der Mann, der nicht ejakuliert, verschleudert seine Essenz nicht.«
    Wenn ein älteres Paar dahin kommt, dem Herzen den Vorrang gegenüber der reinen Lust einzuräumen, »dann kommen sehr schöne Menschen dabei heraus«, sagt Christine Li, »sehr schöne Paare.«
    Ältere Paare, die sich von Herzen lieben, sehen in der Tat wunderbar aus – egal ob lange verheiratet oder frisch verbandelt. Auch wenn sie weder tantrische Übungen gemacht noch ihre Herzfeuer entfacht haben. Aber wer weiß? Vielleicht haben sie es getan, ohne sich dessen bewusst zu sein?
    Mich erinnert die altindische und altchinesische Betonung von Herz, Innigkeit, Nähe und unkonventionellem Umgang unter Liebespartnern stark an eine Tradition, die unmittelbar aus unserem eigenen Kulturkreis stammt: das Ideal der »romantischen Liebe«, das sich vor 250 Jahren herausbildete. Es meint eine Liebesverbindung (und Ehe) zwischen Mann und Frau, die sich um ökonomische Vorteile und Standesunterschiede nicht schert. Eine Liebe, zu der neben erotischen Hochgefühlen vor allem die innige Seelengemeinschaft der Liebespartner gehört.
    Mit diesem Liebesideal gehen noch heute die meisten jungen Paare an den Start – und scheitern dann fast zwangsläufig an den harten Realitäten von Karriere und Kindererziehung, an Erwartungs-, Finanz- und Zeitdruck.
    Vielleicht ist dieses Romantik-Timing einfach falsch? Vielleicht sind wir ja in Wahrheit erst später, etwa ab der Lebensmitte, wirklich reif für die romantische Liebe, die freie Liebe? Je mehr wir uns aus gesellschaftlichen Konventionen herauslösen, je näher wir uns selbst kommen?
    Gemeinsam Neuland betreten
    Nachdem wir genauer untersucht haben, was die Einwohner im Midlife-Männer-Land so alles umtreibt und was sie dazu bringt, sich – in unseren Augen – zuweilen höchst merkwürdig aufzuführen, gelingt es uns jetzt vielleicht eher, erwartungslos einfach auf das zu schauen, was ist. Vor allem auch auf das, was uns auf unserer Expedition an Neuem begegnet ist. Möglicherweise erkennen wir jetzt eher, wer er ist, mein Mann, und was er will.
    Wir sollten das übrigens im Midlife-Frauen-Land auch für uns selbst herausfinden. Erst dann werdenwir wissen, was wir mit den
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