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Wo die coolen Kerle wohnen

Wo die coolen Kerle wohnen

Titel: Wo die coolen Kerle wohnen
Autoren: Susanne Friedmann
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an ihnen herumzerren und -erziehen, zu »brauchbaren« Männern, sondern im Austausch mit anderen Männern.
    Sie sind dann im besten Sinn coole Kerle – lebendig, sexy, liebevoll und liebenswert, manchmal sogar unwiderstehlich –, wenn sie bei sich sind: selbstbestimmt statt fremdbestimmt (nein, auch nicht von uns). Dann, wenn sie vor Begeisterung »leuchten«, wie Matthias das beschrieben hat.
    Wir sollten auch nicht neidisch sein, dass nicht wir es sind, die dieses spezielle Strahlen erzeugen, das aus dem gemeinsamen Denken, Reden und Handeln unter Männern entsteht – wir sollten es vielmehr in vollen Zügen genießen. Die Früchte ernten. Das eigenwillige Anderssein annehmen, falls es uns gefällt. In jedem Fall tun wir gut daran, Männern ihren geschlechtsspezifischen Freiraum zu lassen und vor allem: zu gönnen. Über »Männergruppen« gibt es schon genug blöde Witze. Am besten, wir halten uns wohlwollend, aber respektvoll raus und kümmern uns um unsere eigenen Angelegenheiten.
    Den Drang, etwas anzustoßen, zu entwickeln, voranzutreiben, der sich bei Midlife-Frauen vermehrt einstellt, agieren wir lieber nicht an den Männern aus, sondern richten ihn auf uns und unsere eigenen Projekte.

Kapitel 7 – Entdeckung und Eroberung neuer Lebensräume
    Rollenwechsel statt »Bäumchen wechsel dich«
    Da sind sie ja!
    Im Land der Midlife-Männer hat sich eine Bewegung formiert, die immer größere Bevölkerungsteile erfasst und mitreißt. Das lässt sich gut an den Buchtiteln ablesen, die dieses fruchtbare Land in den letzten paar Jahren hervorgebracht hat: Es gibt eine Flut von Ratgebern von Männern für Männer; daneben aber, und das ist noch beachtlicher, gibt es literarische Texte von Autoren mittleren Alters, die sich mit den brisanten Themen ihrer eigenen Lebensphase auseinandersetzen.
    Sie schreiben über sich selbst und geben dabei mehr und Wesentlicheres von sich preis, als das bislang unter Intellektuellen üblich war – wollte man von der Literaturkritik nicht der »narzisstischen Nabelschau« bezichtigt, als »Betroffenheits-Lyriker« oder gar »dirty old man« geschmäht werden.
    Der britische Schriftsteller Tim Parks (Jahrgang ’ 54) etwa legte 2010 seinen brillant geschriebenen Erfahrungsbericht vor: Die Kunst stillzusitzen. Ein Skeptiker auf der Suche nach Gesundheit und Heilung. Als durch und durch rationaler Autor bekannt, der den Geist immer weit über den Körper gestellt hat, befasst sich Parks darin erstmals mit dem Thema Körper – und dann auch noch gleich mit seinem eigenen: mit den (tabuisierten) Männerleiden, die ihn so um die fünfzig überfielen. Extreme Unterleibsschmerzen, Prostatabeschwerden, Harndrang. Und er schildert, wie er, der große Spötter, der jeden »Esoterik-Kram« immer zutiefst verachtet hatte, mit einer indischen Meditationstechnik nicht nur gesund wird, sondern einen grundsätzlich anderen Blick auf das Leben gewinnt. Wie er durch das »Stillsitzen« ein völlig neuer Mensch wird, da er seinen Körper und seinen Geist endlich als Einheit erleben kann.
    Das Besondere an diesem Buch: Parks beobachtet sich schreibend so selbstkritisch und ist zugleich so offen und ehrlich, dass ihm sogar gestrenge Literaturkritiker bescheinigen, er komme ganz »ohne den narzisstischen Sound so vieler Selbstfindungsbücher« aus ( Süddeutsche Zeitung vom 21. Oktober 2010).
    Unerwartet lobend verzeichnen die Feuilletons aber auch eine neue Welle von autobiographisch gefärbten Romanen aus Ost- und Westdeutschland, in denen Autoren jenseits der fünfzig ihre Kindheit verarbeiten. Ganz nah rücken sie an ihre familiären Beziehungen und Lebensumstände in den 1960er Jahre heran. Und noch ein weiteres zentrales Thema der Midlife-Männer findet in der aktuellen Literatur ihren Niederschlag: Die Auseinandersetzung mit den Vätern. 2009 schrieb Tilman Jens (Jahrgang ’54) Demenz: Abschied von meinem Vater , über das Alzheimer-Leiden seines Vaters, des bekannten Tübinger Literaturwissenschaftlers Walter Jens, und was es für ihn als Sohn bedeutet. 2011 erschien von Arno Geiger (Jahrgang ’68) Der alte König in seinem Exil , eine liebevolle Geschichte über die Beziehung zu seinem demenzkranken Vater. Und Walter Kohl (Jahrgang ’63) beschreibt in Leben oder gelebt werden: Schritte auf dem Weg zur Versöhnung , 2011, seinen konfliktreichen Werdegang als Sohn von Altbundeskanzler Helmut Kohl.
    Giovanni di Lorenzo (Jahrgang ’59), Chefredakteur der ZEIT, und sein Freund aus Jugendtagen,
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