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Wo der Elch begraben liegt

Wo der Elch begraben liegt

Titel: Wo der Elch begraben liegt
Autoren: Carin Hjulstroem
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worden war, bevor Cilla ihn hatte rauswerfen können, was sie als doppelte Erniedrigung empfand. Sie weinte über ihren unsagbar langweiligen Praktikumsplatz und ihr erbärmliches Verhältnis zu ihren ständig unzufriedenen Eltern; sie weinte, weil es ihr Angst machte, dabei zuzusehen, wie sich ihre starke, begabte Schwester in ein eingefallenes psychisches Wrack verwandelte, und weil sie nicht wusste, was sie mit ihrer Zeit und ihrem Leben anfangen sollte. Zur Mittagszeit am folgenden Tag begann Frida, sich wie eine diensthabende Therapeutin zu fühlen. Außerdem hatte Dani mehrere E-Mails geschickt, in denen er eindringlich erklärte, mit ihr reden zu müssen. Ungestört. Schließlich hatte sie Cilla ganz einfach mit einer Wegbeschreibung auf einen langen Spaziergang geschickt. Drei Stunden später fing sie allmählich an, unruhig zu werden, da Cilla noch nicht wieder aufgetaucht war. Sie ging weder ans Telefon, noch beantwortete sie ihre SMS. Frida machte sich auf den Weg und fuhr ihre alte Laufstrecke in beiden Richtungen mit dem Wagen ab, um nachzusehen, ob Cilla nicht irgendwo verletzt im Graben lag. Doch keine Spur von Cilla. Erst um sieben rief sie an, kichernd und leicht angeheitert.
    » Ich bin deinem alten Kumpel Micke begegnet. Er hat mich eingeladen, und wir amüsieren uns bestens. Ich bleibe heute Nacht hier, wenn das für dich in Ordnung ist. Du bist doch nicht sauer, oder? Versprichst du mir das? Schätzchen?«
    Halb verletzt, halb dankbar seufzte Frida und versprach es ihr. Das war nun mal Cilla in Reinkultur. Immer eine neue Abkürzung.
    Als es spät am Abend an der Tür klopfte, glaubte Frida, dass Cilla ihren Entschluss bereut hatte. Doch so war es nicht. Es war Dani, der mit der größten Pralinenschachtel der Welt draußen stand.
    » Guten Abend, da oben in der Dachstube. Ich dachte, du hättest vielleicht Lust auf Süßigkeiten.«
    » Oh, danke. Sehe ich so aus?«
    » Vielleicht, aber eigentlich habe ich nur nach einem Anlass gesucht, um hierherzukommen. Es war so nett, als mir letztes Mal hier etwas angeboten wurde. Spaghetti. Du erinnerst dich?«
    » Ich erinnere mich«, sagte Frida und errötete. » Komm rein. Möchtest du Tee?«
    » Ja, wenn’s keinen Wein mehr gibt, ist Tee in Ordnung.«
    Frida stellte die riesige Pralinenschachtel auf den Couchtisch und schaltete den Wasserkocher ein. Dani zog sich an der Tür die Schuhe und seine Uniformjacke aus. Schweigend lief er ein paar Runden durchs Zimmer und setzte sich dann auf das Sofa. Frida stellte die Teetassen auf den Tisch. Sie fummelte an der Cellophanverpackung herum und bekam die Schachtel schließlich auf. Frida nahm zuerst eine Praline, dann Dani.
    » Wir haben beide eine Drillingsnuss genommen. Hast du das gesehen?«, fragte Dani.
    Frida nickte. »Du hast doch gesehen, welche ich genommen habe, und konntest die gleiche wählen.«
    » Vielleicht wollte ich die ja schon nehmen, bevor du dich entschieden hast. Wer kann überhaupt sagen, wann etwas beginnt und was zuerst kam?«
    » Das ist jetzt doch wohl kein Schlagertext, oder?«, erwiderte Frida nachdenklich.
    » Noch nicht. Aber vielleicht bald.«
    Dani streckte sich und sah Frida durchdringend an.
    » Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass ich zu meiner Verantwortung stehe.«
    » Welche Verantwortung?«
    » Hallo? Bist du wach, oder wie? Ich bin nicht wie die anderen. Ich bin bereit. Fürs ganze Leben.«
    Frida nahm ein paar große Schlucke Tee. Sie verstand nicht, was er sagen wollte.
    Dani fuhr fort: »Ich habe mit deinem Vater Kontakt aufgenommen, und er hat mir gemailt, dass er uns keine Hindernisse in den Weg legt, wenn du einverstanden bist.«
    Frida verschluckte sich und musste heftig husten. Der Tee spritzte über den ganzen Tisch und in die Pralinenschachtel. Dani sprang auf, um Küchenpapier zu holen und alles wegzuwischen.
    » Atme! Du darfst jetzt nicht sterben«, sagte er, während er Frida mit einer Hand auf den Rücken klopfte und mit der anderen die feuchten Pralinen abtupfte.
    » Hast du meinen Vater um meine Hand gebeten? Willst du mir das etwa sagen?«, brachte Frida schließlich mühsam hervor.
    » Ja, wieso? Wir haben es getan. Da muss der Mann bereitsein. Das ist man der Frau doch schuldig«, sagte Dani.
    Frida wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Alles war so ungewohnt und so rührend anders.
    Dani blickte sie beunruhigt an. »Lachst du mich aus?«
    » Ganz und gar nicht«, sagte Frida. » Ich bin bloß erstaunt. Ich weiß deine Worte sehr zu
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