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Wo der Elch begraben liegt

Wo der Elch begraben liegt

Titel: Wo der Elch begraben liegt
Autoren: Carin Hjulstroem
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befreiend, dass sie sich nicht selbst mit Fragen nach dem Richtigen oder Falschen beschäftigen musste, sondern er wie ein Elternteil, Guru und Liebhaber entschied, was wichtig und richtig war. Es hatte sich so schön angefühlt, bloß zu fallen und zu fallen, sich zu gestatten, klein zu sein, und darauf zu vertrauen, dass er sie auffangen würde, wenn der Aufprall härter wurde.
    Ihre neu eingetretene Unruhe hing mit der Tatsache zusammen, dass sich dieses Gefühl jetzt allerdings nur noch selten einstellte. Nun, wo sie aufgehört hatte, auf ihre innere Stimme zu hören, wurde es plötzlich still, wenn sie einen Beschluss fassen musste und er nicht da war. Dieses behagliche Gefühl, ihr Schicksal in die sicheren Hände eines anderen gelegt zu haben, wurde von der Angst abgelöst, was geschehen würde, wenn er nicht neben ihr stand und ihre stummen Wünsche erfüllen konnte. Genauso oft, wie er den Weg zu ihr gefunden hatte, konnte er nun etwas sagen oder tun, was sie spüren ließ, dass nicht alles so harmonisch war, wie sie glaubte. Wenn er überhaupt bei ihr war…
    Frida versuchte, diese Gedanken zu verdrängen, und konzentrierte sich auf das Jetzt. Sie hatte gerade Block und Kuli hervorgeholt, als Janne eintrat, das blassblaue Hemd jetzt richtig zugeknöpft. Der glatt rasierte Kopf, die schwarze Brille und die maulwurffarbene Manchester-Jeans verliehen ihm einen entspannt intellektuellen Look. Für fast fünfzig sah er gut aus. Mit einem dumpfen Geräusch ließ er einen Stapel Zeitungen auf das Lehrerpult fallen und schloss dann die Tür.
    » Wie Sie wissen, haben wir heute viel zu erledigen. Wir schauen uns den Zeitungsdummy an, den Sie letzte Woche gemacht haben, die Aufmachung der Nachrichten, die journalistischen Perspektiven, also die entscheidenden Punkte. Kerstin Regnell hat einen Blick auf die Sprache geworfen, und dann habe ich einen der Studenten aus dem letzten Jahr gebeten, hierherzukommen und ganz allgemeine Einwände zu erheben.«
    Torkel lehnte sich über die Bank, winkte mit dem Arm und fing an zu reden, ohne dass ihm das Wort erteilt worden wäre. »Was ist denn mit den Praktikumsplätzen? Jetzt warten wir schon seit zwei Wochen auf den Bescheid! Ich habe eine Frau und drei Kinder zu Hause in Helsingborg. Wie soll man da was planen, wenn man nichts erfährt?«
    » Ich weiß, Torkel. Es tut uns wirklich leid, dass sich das so in die Länge gezogen hat, aber wie ich schon mehrmals erklärt habe, war es wirklich nicht leicht, Praktikumsplätze für alle zu finden, und deswegen konnten wir die Liste auch nicht früher präsentieren. Aber heute ist D-Day.«
    » Am letzten Tag des Semesters?! Das ist doch wirklich ein Skandal! Das denken hier alle, oder etwa nicht?«, sagte Torkel und wandte sich beleidigt an die Klasse, um die Zustimmung der Anwesenden bemüht.
    Janne unterbrach das aufkommende Gemurmel. »Danke für die Information. Ich bin mit dem Ablauf des Schuljahrs sehr wohl vertraut. Die Liste kommt nach dem Mittagessen.«
    » Bekomme ich Helsingborgs Dagblad?«, quäkte Torkel mit seinem nasalen Akzent aus Schonen.
    » Nach dem Mittagessen, Torkel! Wir müssen uns erst noch mit ein paar anderen Sachen beschäftigen«, erwiderte Janne mit zusammengebissenen Zähnen.
    Die Tür öffnete sich, und eine junge Frau in einer gut sitzenden Tunika, engen Jeans und hohen Stiefeln trat ein. Das lange Haar hatte sie hübsch nachlässig zu einem Pferdeschwanz gebunden.
    Janne warf einen kurzen Blick über die Schulter und sagte in leicht ironischem Ton: » Wie schön, dass Sie kommen konnten, Cilla. Bitte, setzen Sie sich doch.«
    Cilla versuchte, Fridas Blick aufzufangen, und deutete fragend auf den leeren Platz neben ihr. Frida gab ihr zu verstehen, dass der Platz frei war. Mit einem verlegenen Seufzer ließ sich Cilla auf den Stuhl sinken.
    » Gott, wie peinlich.«
    » Dass du zu spät bist? Das ist doch nicht so schlimm.«
    » Ich schätze, man sieht es mir wohl an.«
    Frida betrachtete Cillas Gesicht und sah rote Flecken auf Wangen und Hals. » Ich versteh nicht, was du meinst.«
    Cilla lachte schelmisch und flüsterte: » Was glaubst du denn? Du bist doch sonst so schlau.«
    Frida dachte intensiv nach und verstand plötzlich Cillas Gesichtsausdruck. »Hattest du… Sex? Jetzt? Gerade eben?«
    » Das ist bloß der Vorname. Ich bin noch völlig betäubt.«
    » Du bist unglaublich. Ich begreife überhaupt nicht, wie du immer alle rumkriegst.«
    Das Geflüster verstummte, als Janne Ahlsén ihnen mit
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