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Wittgensteins Mätresse: Roman (German Edition)

Wittgensteins Mätresse: Roman (German Edition)

Titel: Wittgensteins Mätresse: Roman (German Edition)
Autoren: David Markson
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gefallen und wieder geschmolzen.
    Selbst wenn es kein bemerkenswert dichter Schnee war. Wirklich.
    Dennoch, an dem Morgen nachdem er gefallen war, schrieben die Bäume eine seltsame Kalligrafie auf das Weiß.
    Was das betrifft, war der Himmel auch weiß, und die Dünen waren verborgen, und der Strand war weiß bis ganz hinunter zur Wasserlinie.
    So dass fast alles, was ich damals zu sehen imstande war, meiner alten verlorenen Neun-Fuß-Leinwand glich, mit ihren undurchsichtigen vier Schichten Grundierung.
    Und wirkte damit beinahe so, wie man selbst die ganze Welt hätte neu malen können, wie auch immer man sie sich wünschte.
    Angenommen, man hätte auch im Freien malen wollen, bei solch frostigem Wetter. Allerdings.
    Obwohl die Kälte schon eine ganze Weile vorher eingesetzt hatte. Natürlich.
    So dass ich schon etliche Male mit dem Lieferwagen in der Stadt gewesen war. Tatsächlich.
    Nun, ich wäre ja kaum begeistert von dem Gedanken, ohne Vorräte dazusitzen, sobald ich einmal praktisch hier eingeschlossen bin. Offensichtlich.
    Und was besagen soll, dass ich jetzt auch eine ganze Menge mehr von dem Haus nebenan zerlegt habe.
    Und dafür gesorgt habe, dass zwei Toiletten nur noch an ihren Rohren hängen, im ersten Stock von Häusern, die keine ersten Stockwerke mehr haben, und die ich jetzt sehe, wenn ich am Strand spazieren gehe.
    Hin und wieder, wenn ich abschätzte, an welches der Bretter dort oben ich als Nächstes mit meinem Brecheisen herankommen könnte, wurde ich an Brunelleschi und Donatello erinnert. Nebenbei bemerkt.
    Damals, in der frühen Renaissance, als Brunelleschi und Donatello herumgingen, um die alten Ruinen in Rom auszumessen, und das mit einem solchen Eifer taten, dass die Leute dachten, sie könnten nur nach vergrabenen Schätzen suchen.
    Aber wonach Brunelleschi in seine Heimat Florenz zurückkehrte und die größte Kuppel seit der Antike errichtete.
    Während Giotto den großartigen Glockenturm nebenan baute.
    Selbst wenn es so scheint, als gäbe es keinerlei kunstgeschichtliche Aufzeichnungen darüber, ob Giotto dies tat, bevor oder nachdem er freihändig den vollendeten Kreis gemalt hätte. Andererseits.
    Und in der Tat ist Giottos Glockenturm viereckig.
    Obwohl es praktisch keine Stelle in ganz Florenz gibt, von der aus man nicht beide jener Bauwerke sehen kann. Übrigens.
    Nun, wie es praktisch auch keine Stelle in Paris gibt, von der aus man nicht den Eiffelturm sehen kann.
    Und was einen bestimmt beim Mittagessen stören würde, sollte man den Eiffelturm nicht anschauen wollen, während man zu Mittag isst.
    Es sei denn, man hätte etwa wie Guy de Maupassant angefangen, auf dem Boden herumzukriechen und seine eigenen Exkremente zu essen.
    Gott, armer Maupassant.
    Na ja, aber auch armer Friedrich Nietzsche. Wirklich.
    Nicht zu vergessen den armen Vivaldi, wenn ich schon dabei bin, da ich mich jetzt erinnere, dass er in einem Armenhaus gestorben ist.
    Und, was das betrifft, Bachs arme Witwe Anna Magdalena, der vergönnt war, dasselbe zu tun.
    Bachs Witwe. Und mit all den Kindern. Einige von ihnen waren damals wirklich sogar erfolgreicher mit ihrer Musik als Bach selbst.
    Nun, aber dann auch armer Robert Schumann, wie er in einer Irrenanstalt saß und vor Dämonen davonlief. Einer von ihnen war sogar Franz Schuberts Geist.
    Was das betrifft, armer Geist Franz Schuberts.
    Armer Tschaikowsky, der einmal Amerika besucht und seine erste Nacht weinend im Hotelzimmer verbracht hat, weil er Heimweh hatte.
    Selbst wenn sein Kopf wenigstens nicht herunterfiel.
    Armer James Joyce, der noch jemand war, der unter Möbel gekrochen ist, wenn es donnerte.
    Armer Beethoven, der niemals gelernt hat, kinderleichte Multiplikationen auszuführen.
    Arme Sappho, die von einer hohen Klippe gesprungen ist, in die Ägäis.
    Armer John Ruskin, der sowieso schon all jene anderen albernen Störungen hatte, selbstverständlich, am Ende aber auch noch Schlangen gesehen hat.
    Die Schlangen, Herr Ruskin.
    Armer A. E. Housman, der Philosophen nicht seine Toilette benützen ließ.
    Armer Giovanni Keats, der nur fünf Fuß und ein Inch groß war.
    Armer Aristoteles, der lispelte und außergewöhnlich dünne Beine hatte.
    Arme Sor Juana Inés de la Cruz, die, wie ich mich ebenfalls jetzt erinnere, noch eine Person war, die an der Pest starb. Aber, in ihrem Fall, während sie andere Nonnen pflegte, die noch kränker waren als sie selbst.
    Arme Karen Silkwood.
    Nun, und all die armen jungen Männer, die an Orten wie dem
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