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Wir sind nicht schwul (German Edition)

Wir sind nicht schwul (German Edition)

Titel: Wir sind nicht schwul (German Edition)
Autoren: Eireann Nóc
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Protokoll steht, dass ich unter enormen Druck und Stress stand, was mein Handeln gerechtfertigt, wenn man bedenkt, wie wichtig mir Mikage war und was in seinem Abschiedsbrief stand.
    In Österreich hätte das sicher kein Psychiater als „Rechtfertigung“ für mein Handeln akzeptiert. Es gibt schlicht gesagt keine Rechtfertigung für Selbstmord.
    Abgesehen von dieser Frau, helfen mir die Jungs wahnsinnig dabei, über die Tragödie hinweg zu kommen.
    Nein.
    Sie helfen nicht mir, sondern wir helfen uns gegenseitig.
    Über Mikage wird noch Tage nach seinem Tod in den Medien berichtet. Spekulationen darüber, wieso und woran er gestorben ist, sind schon ab dem ersten Tag Stoff für zahllose Internetseiten.
    Er war ein sehr einflussreicher Gitarrist und Sänger, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass auch noch Jahre nach seinem Tod die Leute zu seinem Grab pilgern werden, um ihm Blumen zu bringen.
    Zu Mikages Ehren wollen meine Jungs ein Konzert veranstalten.
    GierO und Gadeshi zusammen.
    Eine abartige Kombination.
    Das ist, wie wenn man Zucker mit Edelschimmel mischt und das auch noch lecker findet. Das dürfte auf jeden Fall interessant werden. Schade, dass mich mein Flug schon vorher nach Österreich zurück bringt.
    Yuoi will mir eine Aufnahme schicken, und damit ich die DVD zu Hause auch ansehen kann, schenkt er mir gleich noch einen japanischen DVD-Player dazu.
    Ich will erst gar nicht an die Zeit denken, die ich ohne ihn sein werde.

    Der Abschied am Flughafen ist nicht so schwer, weil wir uns schon vorher hundert Mal geschworen haben, täglich miteinander zu Skypen.
    Alle – ich weiß, ist schwer zu definieren – sind gekommen, um sich von mir zu verabschieden. Oboyashi und die Jungs von Fulfillment inklusive. Erinnert ihr euch noch an den Kerl, der sich als Mädchen ausgibt? Er ist Sänger und Gitarrist von Fulfillment und trägt den Namen Oni. – Sie ist auch da.
    Bis zum bitteren Ende hält mich Yuoi an sich gedrückt und bombardiert mich sofort mit SMS, kaum dass er mich nicht mehr sehen kann.
    Während dem Flug unterhalten wir uns über ein Chatfenster, wenn ich nicht gerade versuche zu schlafen.
    „Ich hätte gedacht, mit Yuoi hätten wir dein Herz gefunden. Es tut mir leid, dass es nicht ausgereicht hat, dich am Leben zu halten“, schreibt mir Akio noch gen Ende, bevor die Leitung abbricht.
    Nonspot geht es zurück Richtung Heimat. Meine Eltern wissen wahrscheinlich nicht einmal, dass ich heute lande, geschweige denn, zu welcher Uhrzeit. Ich kann es kaum erwarten, sie wieder zu sehen.

Ich hätte nicht
    gehen dürfen

    T otal erledigt steige ich aus dem Flugzeug und suche den Ausgang, was in Salzburg nicht besonders schwierig ist.
    Links und rechts von mir wuseln kleine Japaner und Österreicher vorbei, die zu ihren Familien wollen, die bereits am Ausgang auf sie warten.
    Und nicht nur auf die anderen Passagiere wird gewartet. Auch auf mich wartet jemand. Ein bunter Haufen kreischender Weiber und Männer.
    „Miri!“
    „Kaasan …“ Ich sehe sie sofort und schon steigen mir die Tränen in die Augen. Der ganze Schmerz, der sich in den letzten Tagen in mir angestaut hat, bündelt sich jetzt noch einmal und presst sich schmerzhaft aus meinen Tränendrüsen.
    Heulend fliege ich ihr in die Arme.
    „Es tut mir so furchtbar leid! Es tut mir so leid, Mama“, rotze ich ihr ins Oberteil. Der Rest der Familie kuschelt sich dazu.
    Ich habe nur einmal zu Hause angerufen und nur einmal geschrieben. Bei Hazel habe ich nicht einmal kurz angerufen.
    Und dennoch sind sie hier, um mich abzuholen. Ob sich Kaasan den Termin meiner Rückreise in den Kalender eingetragen hat? Oder hat Yuoi etwas gedreht?
    Beides ist möglich.
    Sie sind so lieb.
    Sie sagen mir ständig, dass es okay wäre, dass sie wissen, wie viel ich zu tun gehabt haben muss und dass sie einfach nur froh sind, dass ich lebendig wieder zurückgekommen bin.
    Mein kleiner Brüder hatte schnell herausgefunden, was ich in Japan treibe. Er musste einfach nur meinen Namen bei YouTube eingeben und schon hat er die Videos von Puka und Ukage gefunden, die sich viel Mühe damit gemacht haben, die Fans auf dem Laufenden zu halten. Meine Familie konnte also fast meine gesamte Reise via Video mitverfolgen.
    Dafür muss man nicht einmal Japanisch können, weil die meisten Videos von Fanatikern mit englischen Untertiteln online gestellt werden.
    Außerdem haben sie mit dem Google-Übersetzer Zeitungsartikel übersetzt, die im Web veröffentlicht wurden. Mikages Tod
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