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Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)

Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)

Titel: Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)
Autoren: Astrid Herbold
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die Alleinerziehende nicht durch eine winzige Andeutung ihrer schwierigen Lebenssituation erfolgreich vor dem Backen von Schokoladenkuchen, dem Basteln von Martinslaternen, dem Organisieren von Herbstfesten, dem Umgraben von verwilderten Schulgärten, dem Besorgen von originellen Weihnachtsgeschenken für die Klassenlehrerin, dem Produzieren von ambitionierten Hörspielen für die Projektwoche, dem Schreiben, Abtippen, Kopieren, Verteilen von Elternbriefen, Adresslisten, Protokollen usw. drücken konnte.
    »Ihr wisst ja, ich würde diesmal wirklich wahnsinnig gerne auch mithelfen, aber ich weiß einfach nicht, wann und wie ich das schaffen soll.«
    Und alle anderen konnten nicht anders, als Jahr um Jahr verständnisvoll zu nicken. Und unterm Tisch wütend die Faust zu ballen.

Bewerbung No. 17
    Sehr geehrter Herr Müller,
    ich möchte mich hiermit auf die von Ihnen ausgeschriebene Stelle als Projektmitarbeiterin in der Abteilung Public Relations bewerben.
    Durch diverse Praktika habe ich in den letzten Jahren ausreichend Einblick in die unterschiedlichsten Branchen gewonnen und bei der eigenständigen Betreuung von Projekten viele wichtige Erfahrungen sammeln dürfen. Ich glaube deshalb sagen zu können, dass mich mein bisheriger beruflicher Werdegang für die ausgeschriebene Stelle hervorragend qualifiziert.
    Gerne würde ich mich den vielfältigen Herausforderungen in Ihrem Unternehmen stellen. »Eigenständiges, verantwortungsbewusstes Arbeiten in einem engagierten Team« – wie Sie es in Ihrer Anzeige formuliert haben – entspricht sowohl meinen Wünschen als auch meinen Fähigkeiten. In mir werden Sie die »freundliche und zuverlässige« Mitarbeiterin finden, die Sie für die in meinen Augen hochinteressante Position suchen.
    Bitte wundern Sie sich bei der – wie ich zu hoffen wage – wohlwollenden Durchsicht meiner Unterlagen nicht über die kleinen Lücken in meinem Lebenslauf: Es handelt sich dabei lediglich um die Jahre, in denen ich meine zwei Kinder bekommen habe. Selbstverständlich habe ich mich schnellstmöglich um eine Ganztagsbetreuung in einem städtischen Kindergarten bemüht, die mir nach dreijähriger Wartezeit nun auch in vollem Umfang zugeteilt wurde. Unverzüglich habe ich danach die Arbeitssuche wieder aufgenommen sowie meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt erneut durch Hospitanzen zu erhöhen versucht.
    Mit ähnlichem Eifer möchte ich demnächst auch in Ihrer Firma wirken dürfen, möchte meine direkten Vorgesetzten tatkräftig bei der Bewältigung der täglichen Aufgabenflut unterstützen, mich im Kreise der Kollegen als hilfsbereite und kooperative Mitarbeiterin beliebt machen, möchte mit meiner ungeteilten Aufmerksamkeit und all meiner Arbeitskraft zur Gewinnoptimierung Ihrer Firma beitragen.
    Ich verbleibe in Erwartung Ihrer positiven Antwort und freue mich schon jetzt auf die Einladung zu einem konstruktiven Vorstellungsgespräch, bei dem ich Sie persönlich kennen lernen und noch mehr Details über das Profil der Stelle erfahren darf.
    Mit freundlichen Grüßen,
Astrid Herbold

Schöner wohnen
    S eit Kadett und Kadett-Besitzer weg sind, ist in Mamas Leben erstaunlicherweise alles unkomplizierter geworden. Na ja, zugegebenermaßen vielleicht nicht alles: Das morgendliche Duschen ist jetzt ein bisschen schwieriger, weil vorher immer der Laufstall samt Kleinkind ins Bad bugsiert werden und beim Duschen der Duschvorhang geöffnet bleiben muss, damit der trennungsbange Nachwuchs mit seiner Mutter Blickkontakt halten kann. Aber ansonsten ist wirklich alles einfacher. Vor allem das mit dem Haushalt.
    Dass an der Instandhaltung einer mittelgroßen Wohnung sowie der Beschaffung und Zubereitung von Nahrungsmitteln jemals etwas kompliziert sein könnte, hätte sie sich vor zehn Jahren auch nicht träumen lassen. Damals, als sie noch kompetenter Single und faule Studierende war, kannte sie das Phänomen Hausarbeit faktisch gar nicht. Maximal zweimal im Monat wurde eingekauft – was sich aber nie in mehr als zwei Einkaufstüten niederschlug und selten über dreißig Mark kostete –, einmal im Vierteljahr wurde die graue Auslegware gestaubsaugt, alle zehn Jahre wurden die Fenster geputzt (sprich: während der gesamten universitären Laufbahn nicht ein einziges Mal) und im Schnitt alle drei Wochen die verstaubte Waschmaschine angeworfen. Außer wenn das Bett nach einem erlebnisreichen Wochenende dringend abgezogen werden musste, dann konnte auch mal ein zusätzlicher Waschgang nötig sein.
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