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Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)

Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)

Titel: Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)
Autoren: Astrid Herbold
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Mütter sich wie jeden Abend auf die Lippen beißen, hallen keinerlei Kommentare ans Ohr einer Frau, die ihre Kinder ohne so genannte männliche Unterstützung durchbringt. Alleingebärende ohne Anbindung können pro Jahr fünfmal umziehen, sich vier Liebhaber nehmen oder drei Liebhaberinnen; sie können sich und die Kinder am Wochenende systematisch vor dem Fernseher parken oder alle neuen Medien rigoros aus der Wohnung verbannen; sie können das Abendessen täglich von McDonald’s holen oder jeden Tag dreimal vegan kochen.
    Ganz, wie es ihnen gefällt.
    Und auch wenn es die Freunde der Bekannten, die Nachbarn der Verwandten, die Eltern der Eltern väter- und mütterlicherseits, der biologische Erzeuger und viele, viele andere pädagogisch vorgebildete Erwachsene nie für möglich gehalten hätten: Auch die Kinder von derart ungehemmt selbstherrlich agierenden Müttern werden meistens ohne Schaden und Verzögerung von Jahr zu Jahr größer. Und wenn sie eines Tages nicht mehr an Mamas Hand auf den Spielplatz gehen wollen, weil ihnen Mama mit ihren Zöpfen und bauchfreien Oberteilen langsam peinlich wird, dann ist für die glückliche Alleinerziehende die Zeit gekommen, sich wieder ein anderes Betätigungsfeld zu suchen. Etwa in Form eines geistreichen grauschläfigen Kavaliers, der das verstrichene Jahrzehnt seinerseits dazu genutzt hat, sich einen Weinkeller und ein Wochenendhaus zuzulegen.
    So weit die Theorie. Die leider – seien wir ehrlich – mit dem Leben der meisten Singlemütter nicht viel zu tun hat. Mit 35 Jahren »allein stehend« mit Kindern zu sein, ist nicht ganz die Art Happy End, das man sich 13-jährig ausmalte, als man noch seine Bravo -Poster anschmachtete. Auch 16 Jahre später, als der Schwangerschaftstest zum ersten Mal den berühmten blauen Streifen zeigte, sah die Vision vom Glück noch anders aus. Da gab es noch einen Plan A in Sachen Familienplanung.
    Plan A: Man wiegt sieben Kilo weniger als jetzt und wohnt mit einem schönen und klugen Mann und den drei gemeinsamen Kindern in einer sonnendurchfluteten Sieben-Zimmer-Villa. Nachmittags tobt man mit den Kindern durch das parkgroße Gartenanwesen. Winters stiebt man mit ihnen die verschneiten Hänge der Alpen hinunter. Sommers sonnt man sich mit ihnen auf tropischen Inseln. Passend zu dem mit Antiquitäten und Designermöbeln stilvoll und dennoch gemütlich eingerichteten und mit viel Liebe zum Detail sanierten alten Haus, an dessen Südfassade sich wilder Wein hochrankt, hat man außerdem eine fulminante Karriere am Laufen, ist Deutschlands jüngste Professorin/Nachrichtensprecherin/Bildungsministerin, während der schön-kluge Ehemann, um den einen alle Frauen ständig beneiden, ein gut gehendes Landschaftsarchitekturbüro mit fünf Angestellten leitet. Daher auch der wunderbar verwunschene Garten mit seinem alten Baumbestand, dem Meer von Rosen, den weitläufigen Wiesen und dem sanft plätschernden Bächlein. In diesem Leben erster Wahl haben die Kinder (zwei Mädchen, ein Junge) selbstverständlich die vielfältigen Talente ihrer auch nach Jahren immer noch frisch verliebten Eltern geerbt und glänzen in Privatschule, Segelverein und Reitstall mit ihrer schnellen Auffassungsgabe, ihrem freundlichen Wesen und ihrer außergewöhnlichen Kreativität.
    Zugegeben, Plan A war nicht ganz realistisch. Deshalb hatte man sich vorsorglich noch einen Plan B bereitgelegt.
    Plan B: Man wiegt vier Kilo weniger als jetzt und lebt mit dem klug-schönen Mann in einer angemessen großen Vier-Zimmer-Wohnung in Hamburg/München/Köln/Berlin. Beide gehen interessanten Tätigkeiten im Bereich Medien, Kultur oder Wissenschaft nach. Die Ferien verbringt man in einer familiär geführten Pension in Südfrankreich, wo auch die Kinder ein herzliches Verhältnis zu den Kindern und Tieren der Gastgeber entwickelt haben. Zu Hause hat man einen dicken Kater, ein paar schöne alte Möbel (alles Schnäppchen vom Trödel) und jede Menge Bücherregale. Mit den Kindern, die ihren Vater und ihre Mutter gleichermaßen lieben, pflegt man einen freundschaftlich demokratischen Umgang, der in wöchentlichen Familienratssitzungen gipfelt.
    Frisch verliebt und geschwängert war Plan B das Minimum an Erwartungen, die man 29-jährig an sein zukünftiges Leben hatte. Zwar lag die mit einfältigen Kiefernholz-Regalen möblierte Mietswohnung im ersten Stock und zur Nordseite, vor der Tür parkte nur ein rostiger Opel Kadett und der Mann, den sie demnächst zum Vater machen würde, war
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