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Wir sind bedient

Titel: Wir sind bedient
Autoren: Alena Schroeder
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hat früher ja auch ein bisschen das Flair dieses Berufes ausgemacht, da war die Fliegerei deutlich bunter. Aber heutzutage, wo alle so mobil sind, geht das immer mehr verloren.
    Neulich hatte ich mal ein über achtzigjähriges Ehepaar an Bord. Und es war für beide der erste Flug. Die waren so rührend und haben sich ganz süß umeinander gekümmert, so was finde ich immer schön.
    Was mit den Jahren wirklich schlimmer geworden ist: Die Leute haben verlernt, vernünftig miteinander zu sprechen. Es ist natürlich eine spezielle Situation, auf engstem Raum mit so vielen Menschen zehntausend Meter über
dem Erdboden in einer Druckkabine eingepfercht zu sein und die Kontrolle über sein Leben in die Hände eines Piloten zu legen. Umso wichtiger ist es doch, dass man Konflikte freundlich löst. Dem anderen nicht gleich die Sitzlehne vors Gesicht knallt, höflich darum bittet, ob man mal vorbeidarf, anstatt gleich rumzublaffen.
    Es gibt auch immer mal ein paar B- oder C-Promis an Bord, die sich wirklich furchtbar aufführen und permanente Sonderbehandlungen verlangen. Die stehen auch den ganzen Flug über im Gang rum, damit sie auch ja jeder sieht. Und dann gibt es richtige Promis, die wirklich sehr nett sind. Michael Douglas ist mal mit uns geflogen, der saß ganz entspannt auf einem Mittelplatz und hat gar kein Aufhebens um sich und seine Person gemacht. Und sogar Dieter Bohlen, den ich im Fernsehen wirklich nicht toll finde, ist an Bord ein sehr angenehmer, entspannter Gast.
    Ich denke jedes Mal, wenn ich in den Flieger steige, übers Abstürzen nach. Man verdrängt das dann natürlich während der Arbeit, aber der Gedanke ist schon immer da. Je älter ich werde, umso mehr. Wenn man jung ist, geht man noch viel unbefangener an die Sache ran. Und tatsächlich passiert ja auch wirklich sehr selten etwas. Aber ich kann nicht behaupten, dass ich diese Angst nicht kenne.
    Ich habe Kolleginnen, die mit dem Alter richtige Flugangst entwickelt haben. Die waren quasi berufsunfähig, und das erkennt natürlich keine Berufsunfähigkeitsversicherung der Welt an. Das ist furchtbar. Ich bin Mitte vierzig, wenn ich nicht mehr fliegen könnte, was käme dann noch für mich infrage?

    Auf Geräusche an Bord achte ich jedenfalls immer. Man bekommt ja auch eine gewisse Erfahrung, was sich normal anhört und was nicht. Und wenn ich etwas höre, was mir suspekt ist, dann melde ich das vorn im Cockpit. Neulich erst, bei einem Flug aus der Türkei zurück nach Deutschland, gab es beim Abheben einen Knall. Und ich dachte sofort: Da ist uns ein Reifen geplatzt! Hab ich auch so nach vorne gemeldet, und die haben dann auch vor der Landung gesagt: »Verstaut mal lieber alles besonders sicher, wer weiß, was noch passiert.«
    Das ist ein Horror, so was. Wobei ein geplatzter Reifen noch nichts Schlimmes ist. Aber ich weiß aus den Trainings, was mit einem Flugzeug passieren kann, wenn beim Aufsetzen noch ein paar mehr Reifen platzen. Muss natürlich nicht sein, kann aber böse ins Auge gehen. Ist zum Glück alles gut gegangen, und die Passagiere haben das gar nicht groß mitbekommen. Und am Ende hat sich herausgestellt, dass es kein Reifen war, sondern ein Vogel, der uns voll gegen die Flügelwurzel geknallt war. Da war eine richtige Beule drin. Der hätte auch im Triebwerk landen können, dann hätten wir vielleicht ein kaputtes Triebwerk gehabt. Passiert übrigens gar nicht so selten, und wäre weitaus schlimmer gewesen …
    Bei sehr starken Turbulenzen geht mir schon manchmal ein bisschen die Muffe, das darf ich vor den Passagieren natürlich nicht zeigen. Die achten auf jede Kleinigkeit, und wenn man da seine Mimik nicht im Griff hat, sorgt man nur für Unsicherheit. Da muss ich absolut professionell bleiben und vor allem dafür sorgen, dass die
Trolleys schnell und sicher verstaut werden. Wenn plötzlich große Luftlöcher kommen, dann knallt so ein achtzig Kilo schweres Teil auch mal an die Decke. Ich bin einmal mit meinem Wagen richtig hinten in die Küche gesemmelt, das gab ordentlich blaue Flecken.
    Ich weiß natürlich, dass die Maschinen alle für extreme Belastungen ausgelegt sind und Turbulenzen eigentlich nicht schlimm sind. Aber ich traue da den älteren Maschinen fast mehr als den ganz neuen. Früher wurde einfach robuster gebaut.
    Es gibt Flugkapitäne, die fliegen wie die Piepmätze, die haben das
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