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Wir sind alle Islaender

Titel: Wir sind alle Islaender
Autoren: Halldór Gudmundsson
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Zorn, dann die Trauer direkt in die Kreativität, und dafür haben die Isländer sowohl die Ausbildung wie auch die Kultur. Einfallsreichtum ist wieder gefragt. Die beliebteste Touristenattraktion Islands etwa, die Blaue Lagune, ist eine ganz junge Erfindung: entstanden aus dem Abwasser eines Geothermie-Kraftwerks. Alles war da, man musste es nur noch formen. Wir brauchen den Blick des Bildhauers, der gefangen in der viereckigen Form eines Steinklumpens den Vogel sieht, den er mit seinem Meißel befreit. Im 13. Jahrhundert schrieben isländische Erzähler die Geschichten der norwegischen Könige auf und erfanden damit gleichzeitig ein neues Exportgut: die Handschriften. Das war einer der Anfänge der isländischen Literatur, aus der die heutigen Isländer noch immer Mut und Selbstvertrauen schöpfen.
    Demokratie ist immer auch der Wille zum Verständnis und der Wille, sich verständlich zu machen. Eine der schwierigsten Sprachen Europas ist baskisch, Euskara, über deren Ursprung sich die Wissenschaftler noch heute nicht im Klaren sind. Die allerersten Wörterbücher dieser Sprache wurden in Island im
17. Jahrhundert verfasst. Drei verschiedene Priester an den Westfjorden, einer von ihnen wahrscheinlich auch für Flatey zuständig, haben sie zusammengestellt. Denn sie wollten sie verstehen, diese baskischen Seeleute, die damals bis nach Nord-Island segelten, um Wale zu fangen. »Vocabula Biscaia«, nannte einer von ihnen seine Sammlung baskischer Wörter mit isländischen Erklärungen. Dass sie dachten, die Sprache, die sie entzifferten, sei Spanisch, ist in diesem Zusammenhang nur ein schönes, kreatives Missverständnis.
    »Bankisch« könnte man sie nennen, diese für die meisten von uns absolut unverständliche Sprache, die uns seit Jahren um die Ohren gehauen wird. Wer ihrer nicht mächtig war, hatte nicht mitzureden in der modernen Gesellschaft. Wie Philosophen der Dekonstruktion hüllten sich die Finanzleute in eigens erfundene Begriffe, um sich von der allgemeinen Bevölkerung, und damit auch der demokratischen Kontrolle, abzuschotten. Und jetzt zeigt sich, dass sie nicht mal ihre eigene Welt entziffern konnten.
    Das 17. Jahrhundert war, wie schon erwähnt, eines der schwierigsten in Islands nie leichter Geschichte, von Vulkanausbrüchen, grimmigem Klima und Hungersnöten geprägt. Man kann sie nur bewundern, diese Menschen, die – um andere Menschen zu verstehen – Bücher schrieben, in einer Zeit wo bereits das bloße Überleben eine Heldentat war.

Anmerkungen
    Chronologie

    1991 :
David Oddsson wird Premierminister einer Regierung aus der Unabhängigkeitspartei (Konservative) und der kleinen sozial demokratischen Volkspartei (Althyduflokkurinn). Davor war eine Mitte-Links-Regierung an der Macht.
1995 :
Nach den Wahlen bildet David Oddsson erneut eine Regierung, diesmal mit der Progressiven Partei (Framsoknarflokkurinn, eine Zentrumspartei, die sich ursprünglich als Bauernpartei be trachtete), im Zeichen des wirtschaftlichen Liberalismus.
1999 :
Nach den Wahlen setzt die Regierung David Oddsson ihre Ar beit fort und verspricht sich verstärkt der Privatisierung, darun ter die der isländischen Staatsbanken, zu widmen.
2000:
Mit der Fusion der Islandsbanki und der Investitionsbank FBA entsteht eine große private Bank. Islandsbanki ändert 2006 ihren Namen in Glitnir; 2009, nach der Übernahme durch den Staat, wieder in Islandsbanki.
2002 :
Im Oktober 2002 wird die Landsbanki Islands privatisiert, drei Monate später die Bunadarbanki Islands, später Kaupthing ge nannt.
2003 :
Nach Wahlen ist die Regierung David Oddsson weiter an der Macht.
2004:
David Oddsson tritt als Premierminister zurück. Der Posten wird von Halldor Asgrimsson, Vorsitzender der Progressiven Partei, für zwei Jahre übernommen. David wird Außenminister.
2005 :
David Oddsson zieht sich aus der Politik zurück und wird Zen tralbankchef.

    2006 :
Geir Haarde wird Premierminister in der Regierung aus der Un abhängigkeitspartei und der Progressiven Partei.
2007:
Geir Haarde bildet nach den Wahlen eine große Koalition mit den vereinigten Sozialdemokraten (Samfylking). Ingibjörg Sol run Gisladottir wird Außenministerin.

    2008:
15. September:
Bankrott der Lehmann Brothers Bank in den USA.
29. September:
Übernahme der isländischen Glitnir-Bank durch die isländische Zentralbank.
6. Oktober:
Fernsehansprache von Geir Haarde (»Gott segne Is land«), am Abend Verabschiedung der Notstandsge setze im Parlament. Die Finanzaufsicht
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