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Wir schaffen es gemeinsam

Wir schaffen es gemeinsam

Titel: Wir schaffen es gemeinsam
Autoren: Berte Bratt
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also sofort durchschaut? Ja, ihr Weibsleute! Ja, denk dir, jetzt war es aus mit meiner Empfindlichkeit. Nachdem ich es einmal geschafft hatte, wußte ich, daß ich es konnte… und so konnte ich es auch.
    Aber es sollte nicht das einzige Mal sein, daß Synnöve mir half. Wir lernten uns näher kennen, wir gehörten zum selben Freundeskreis und haben viele lustige Stunden zusammen verlebt. Aber dann kam eine Zeit, da war ich wieder furchtbar herunter. Ich hatte mich wahrscheinlich ziemlich überanstrengt. Da war Synnöve wieder da. Ob ich Lust hätte, mit ihr einen Sonntags-Skiausflug zu machen, sie sei so müde und habe Kopfweh. Wenn ich Einwände machte, erklärte sie, wir könnten ja unterwegs über Medizin reden; ich würde ihr einen großen Gefallen tun. Nun ja, wir machten einen Skiausflug, und als ich abends nach Hause kam, war ich wieder munter und obenauf, und hatte viel mehr dabei gelernt, mit Synnöve über Medizin zu reden, als wenn ich mich seitenlang durchs Pensum geschleppt hätte. Synnöve ist nämlich klug, verstehst du. Ein merkwürdiges Menschenkind. Sie hat einen psychologischen Sinn, viel Verständnis und die Fähigkeit zu helfen. Sie hätte eine ausgezeichnete Ärztin abgegeben.“
    „Ist sie denn nicht Arztin geworden?“ fragte ich.
    „Nein. Es kam nicht so weit. Ihr Vater starb, und sie mußte das Studium an den Nagel hängen. Sie verschwand eines Tages, fuhr in den Norden, in ihre Vaterstadt. Und wir kamen auseinander.
    Ich erfuhr dann nur mal, daß sie in die Krankenpflege gegangen sei.“
    „Hast du sie denn später nie wiedergesehen?“ fragte ich. Mich fesselte die Geschichte von der schönen, klugen Synnöve sehr.
    „Aber natürlich. Ich habe jetzt seit mehreren Jahren wieder Verbindung mit ihr. Als ich mein Jahr als Medizinalassistent beendet hatte, ging ich als Assistenzarzt in ein großes städtisches Krankenhaus. Der erste Fall, bei dem ich assistieren mußte, war eine Hautübertragung. Ein armer Kerl hatte böse Brandwunden erlitten, und die Hautübertragung war notwendig, wenn sein Gesicht jemals wieder einigermaßen normal aussehen sollte. Eine der Krankenschwestern war bereit, ein Stück von ihrer Haut zu opfern. Ich sollte es ihr abnehmen, und der Chefarzt wollte flicken. Die Schwester kam, zur Operation bereit. Es war Synnöve. Ich betäubte sie örtlich und begann zu schneiden. Gerade jetzt hatte ich die Selbstbeherrschung arg nötig, die Synnöve mich gelehrt hatte.
    Hinterher, als alles vorüber und sie verbunden war, und wir ein paar private Worte miteinander wechseln konnten, da sagte sie nur, und zwar ziemlich trocken: ,Du hast dich rausgemacht, wie ich sehe, Ivar. Das kann man wohl einen Fortschritt nennen, wenn du deinen ehemaligen Kolleginnen am lebendigen Leibe ‚die Haut abziehen kannst!’“
    Ivar machte eine Pause.
    Ich fragte gespannt: „Und später dann?“
    „Ja, später heiratete sie einen Freund von mir, einen von den Studenten aus unserem Kreis. Als Synnöve mir erzählte, daß sie sich verlobt habe, fuhr es mir heraus: ,Wer ist der Kühne?’ Ich begreife bis auf den heutigen Tag nicht, daß ein Mann dazu die Traute hatte! Er muß ja in jeder Beziehung zu ihr aufsehen. Es gibt nicht ein einziges Gebiet, auf dem er ihr überlegen wäre. Aber Synnöve ist so intelligent, daß sie das gut zu verbergen weiß! Sie sind glücklich, soviel habe ich gesehen. Es sind die Freunde, die ich gerade zu Besuch hier gehabt habe. Er ist irgendwo im Norden Landarzt, und jetzt sind sie wieder nach Hause gefahren zu ihrem kleinen Töchterchen.“
    Ich schaute wieder auf das Bild. Aus Synnöves Augen leuchtete Güte.
    „Daß du dich nicht in sie verliebt hast!“ sagte ich.
    „Das kam, glaube ich, daher, weil sie sich meiner so mütterlich annahm. Sie sprach in keiner Weise meine männliche Überlegenheit an. Ich war im Verhältnis zu ihr nichts weiter als ein kläglicher, dummer kleiner Junge. Du weißt… ,die Sterne, die begehrt man nicht’. Ach, ich könnte dir eine Menge von Synnöve erzählen. Dies hier war nur in kleinen Zügen ihre Geschichte. Aber eines weiß ich bestimmt: Ich habe es Synnöve zu verdanken, wenn ich mein Studium durchgeführt habe und jetzt hier in einer guten Praxis sitze!“
    Ich verstand ihn so gut. Ich begriff, daß es ihm ein Halt gewesen war, in dies gute Gesicht zu blicken und ihre überlegenen Worte zu hören. „Von einer, die an ihn glaubt“, wenn sich Schwierigkeiten meldeten.
    „Ein Wohlsein für Synnöve!“ sagte ich. Und Ivar
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