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Wir schaffen es gemeinsam

Wir schaffen es gemeinsam

Titel: Wir schaffen es gemeinsam
Autoren: Berte Bratt
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mein Lieber, hast du lange gewartet?“
    „Aber gar nicht. Darf ich dir vorstellen… dies ist Yvonnes gute Freundin, Fräulein Grundt… und das ist meine Frau.“
    Ein helles, sanftes Gesicht, eine zarte, anmutige kleine Gestalt. Blaue Augen und ein goldener Haarschopf. Einfaches, dunkles Kostüm, ein Gesicht, beinahe ohne Make-up. Sie wirkte rundherum sympathisch.
    Mit ihrem Mann zusammen ging sie zu Yvonnes Bildern und schaute sich eines nach dem anderen genau an. Dann kam er noch einmal zu mir und verabschiedete sich von mir und bat mich, Yvonne zu grüßen. Er mußte ins Büro.
    Die zierliche blonde kleine Frau blieb noch. Sie kam auf mich zu. Ihr Gesicht war ernst, sie richtete ihre blauen Augen auf mich.
    „Fräulein Grundt! Es ist schön, daß ich Sie getroffen habe. Ich möchte so gern mal mit Ihnen reden!“
    Wir suchten uns eine kleine Bank in einer ruhigen Ecke.
    Dann kam es heraus – erst tastend, zögernd, dann fließender. Daß der Gedanke an Yvonne sie quäle und peinige. Daß sie von dem Wunsch beherrscht sei, Vater und Tochter wieder zusammenzubringen. Es sei so sinnlos, so ganz und gar unnatürlich, daß zwischen einem Vater und seiner einzigen Tochter ein so schlechtes Verhältnis bestehe.
    „Sie finden es vielleicht sonderbar, daß ich mit Ihnen darüber spreche“, sagte sie wie zur Entschuldigung und ein wenig schüchtern. „Aber Sie haben Yvonne sehr gern, und darum hoffe ich, Sie werden mich verstehen.“
    „Ja“, sagte ich. „Ich verstehe Sie, und ich stimme ganz mit Ihnen überein. Aber sind Sie denn sicher, daß Ihr Mann es wünscht? Denn, um es geradeheraus zu fragen… macht er sich etwas aus Yvonne?“
    Jetzt wurde sie lebhaft. Das etwas Verlegene und Hilflose war plötzlich von ihr abgefallen. „Ja, darauf können Sie sich verlassen. Er spricht nicht viel von ihr, Sie wissen, es ist menschlich und natürlich, wenn man von dem, was einen wurmt, nicht viel redet. Jedenfalls ist es für meinen Mann natürlich. Aber Sie können mir glauben, er denkt viel an seine Tochter. Er hat sich alle Kritiken aus den Zeitungen ausgeschnitten. Ich habe es nicht gesehen, aber ich fand die Zeitungen hinterher mit großen Lücken drin!
    Er wartet und wartet, daß sie zu ihm kommen solle – und vielleicht wartet sie genauso darauf, daß er zu ihr kommt?“
    Die Rede dieser kleinen hellhaarigen Frau gab mir mehr und mehr Aufschluß über alles – und ich begriff auch alles das, was sie nicht sagte. Ich begriff, daß es ihr gelungen war, die weichen und guten Seiten dieses strengen, verschlossenen Mannes aufzuspüren. Die erste, mißglückte Ehe hatte wohl das Ihre dazu getan, ihn noch verschlossener und härter zu machen. Mir wurde klar, was für ein furchtbarer Schlag es für ihn gewesen sein mußte, daß sein ganzer Stolz, die tüchtige, begabte Yvonne, nicht Jura oder Philologie studieren wollte, wie er gehofft hatte, sondern nach Paris fuhr, in das Milieu, das er verabscheute und fürchtete. Sicher hatte er gedacht, daß sie unter dem Einfluß ihrer Mutter gestanden und nur Bitterkeit gegen den Vater empfunden hatte.
    Wir sprachen lange miteinander, Frau Björgedal und ich. Und ich freute mich mächtig, daß ich mit unbedingter Sicherheit „Ja“ sagen konnte, als sie mich fragte, ob Yvonne sich wieder mit ihrem Vater aussöhnen wolle.
    „Und er… wie sehr er es wünschte!“ lachte sie. Dann wurde sie ernst und sagte: „Sie haben Yvonne gern, und ich habe ihren Vater gern. Sollten wir nicht die Richtigen sein, diese Dickschädel wieder zusammenzuführen?“
    „Wir wollen es versuchen“, stimmte ich ihr bei.
    Am Abend redete ich mit Yvonne. Ich erzählte ihr, daß ich ihren Vater getroffen hatte und sie grüßen sollte. Sie strahlte. Dann wurde es leichter, als ich geglaubt hatte, ihr eine kleine Gardinenpredigt zu halten und sie zu bitten, ein ganz klein bißchen von ihrer Starrköpfigkeit abzulassen.
    Von der Stiefmutter sagte ich nichts. Sie kam erst in zweiter Linie. Yvonne entgegnete nicht viel. Sie war nicht besonders entgegenkommend, aber auch nicht abweisend. Ich wurde das los, was ich sagen wollte, und dann gingen wir zu den kleinen Tagesereignissen über.
    Sie schien lange auf dem herumzukauen, was ich gesagt hatte. Es war aber nicht ihre Art, sich auszusprechen. Sie mußte das Problem mit sich selber abmachen.
    Aber eines Nachmittags war es soweit. „Du Wipps. Ich gehe jetzt.“
    „Du gehst? Wohin denn?“
    „Zu Vater. Mal muß es ja doch sein. Spuck dreimal hinter mir
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