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Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Titel: Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
Autoren: David Bainbridge
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aussehen . Jetzt könnte man einwenden, dies sei eine nachträglich übergestülpte Beweisführung und deshalb ungültig; genau aus dem Grund haben Biologen Versuche angestellt, um evolutionäre Entwicklungen tatsächlich verfolgen zu können. Da die Evolution aber eher langsam vonstatten geht, ist das kein leichtes Unterfangen, immerhin: Es ist möglich. So konnten Wissenschaftler beobachten, dass schnell wachsende Organismen wie etwa Mikroben sich über ein paarGenerationen hinweg verändern. Zudem war man in der Lage, evolutionäre Veränderungen auch bei größeren Tieren festzustellen, sobald man sie einem großen Selektionsdruck aussetzte  – so  geschehen bei Eidechsen, die auf neuen Inseln freigelassen wurden. Evolutionäre Veränderungen konnten sogar schon beim Menschen festgestellt werden, etwa, als sich bei Kannibalen in Papua-Neuguinea extrem schnell eine Resistenz gegen die Gehirn-zersetzende und tödlich verlaufende Kuru-Krankheit entwickelte. Alles in allem ist die Beweislage für die Theorie der Evolution durch natürliche Selektion ziemlich gut, und die menschliche Evolution bildet da keine Ausnahme.
    Beim zweiten Punkt geht es um einen Teilbereich der Evolutionsforschung, der heftig umstritten ist: Die Evolution unserer Seele und unseres Verhaltens. Die Art, wie wir denken, spielt für unser Leben eine derart große Rolle, dass es Wissenschaftler gab, die meinten, unsere Seele hätte sich genau wie unsere physischen Eigenschaften zu dem entwickelt, was sie heute ist. Daraus entstand eine ganz neue Disziplin: die Evolutionspsychologie. Die Evolutionspsychologie hat viele Kritiker, aber um da gleich Klarheit zu schaffen, sollte ich vielleicht sagen, dass ich nicht zu ihnen gehöre. Ich halte sie für einen vernünftigen Ansatz, die Ursprünge des menschlichen Verhaltens zu ergründen – und keineswegs für eine Spielerei, bei der man halbgare Vermutungen darüber anstellt, wie und warum es zum jeweiligen Verhalten gekommen sein könnte. Aus welchem Grund sollten denn Gene, die bewirken, dass wir erfolgsorientiert denken , sich in uns nicht ebenfalls durch natürliche Selektion herausgebildet haben?
    Der dritte Punkt zielt auf einen paradoxen Aspekt der Evolution des mittleren Alters, der die zentrale Bedeutung der Fortpflanzung für die Theorie der natürlichen Selektion betrifft. Es handelt sich um den simplen Gedanken: Wenn es bei der natürlichen Auslese darum geht, Gene hervorzubringen, die der Fortpflanzungdienen, was hat sie dann mit Leuten zu tun, die sich nicht mehr fortpflanzen? Bedeutet Darwinismus etwa, dass nur Kinder und Heranwachsende der natürlichen Selektion unterliegen? Sind Menschen nach der Reproduktionsphase, sind Menschen mittleren Alters evolutionär irrelevant? Wir werden sehen, dass dieses extrem wichtige Thema im vorliegenden Buch für uns  ein ganz schön harter Brocken sein wird. Wenn das Alter von  über vierzig keine evolutionäre Rolle mehr spielen würde, hieße das letzten Endes, dass es sich gar nicht erst »herausgebildet« hätte. Und das wäre ziemlich ärgerlich, denn um die Evolution des Menschen mittleren Alters soll es doch in diesem Buch gehen.
    Hoffentlich hat dieser kurze Streifzug durch die grundlegenden genetischen Vorgänge, die den Mensch mittleren Alters hervorgebracht haben und ihn auch heute noch hervorbringen, Ihnen wenigstens im Ansatz aufgezeigt, warum er so etwas Besonderes ist. Doch dieser kurze Blick auf unsere evolutionären Wurzeln hat auch weitere, viel kompliziertere Fragen aufgeworfen. Wann genau in der Geschichte des Menschen ist das mittlere Alter – mit all seinen skurrilen Begleiterscheinungen – denn schließlich aufgetreten? Warum ist das mittlere Alter Resultat einer Entwicklung, wo es doch erst eintritt, wenn die meisten die Fortpflanzungsphase abgeschlossen haben? Und wenn die Gene nur die meisten Informationen liefern, die einen Menschen mittleren Alters schaffen, wo kommen dann die restlichen Informationen her? Unsere abenteuerliche Suche nach einer neuen Geschichte des mittleren Alters hat gerade erst angefangen.

2. Was macht den Mensch mittleren Alters kaputt?
    Wie schön wäre es, sich das Middle-Age bei jedem von uns als Resultat eines sorgfältig koordinierten Entwicklungsprogramms vorstellen zu können, als etwas, das über die Äonen hinweg zur Perfektion gebracht wurde. Leider wissen wir alle, dass es da auch noch um etwas anderes geht – etwas weniger Erfreuliches. Selbst ein unerschütterlicher Optimist
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