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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)
Autoren: Brian Ruckley
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des Regens nur schwer ausmachen. Dann verstummte er jäh. Tomas lag immer noch im Schlamm und rang mit weit offenem Mund nach Luft. Er schien seine Umgebung nicht wahrzunehmen. Orisian, der sich ein wenig beruhigt hatte, empfand einen Moment lang Entsetzen darüber, wie er den Mann zugerichtet hatte. Er sah, dass Rothe entschlossen auf den Obersten Wächter zuging.
    »Lass ihn!«, murmelte er.
    »Wir sollten verschwinden«, drängte Yvane. »Möglichst sofort.«

    Der Regen trommelte auf die Dächer ringsum. Wasser rauschte die Straße entlang. Andere Laute erhoben sich über das Toben des Unwetters. Angsterfüllte Stimmen. Schreie, halb erstickt durch den Wolkenbruch. Es klang nach Kampflärm. Es war unmöglich zu erkennen, woher er kam, aber er war nicht weit entfernt.
    Rothe bestand darauf, dass sie in der Straßenmitte gingen, aus Furcht, die Hauseingänge oder Seitengassen könnten unliebsame Überraschungen bergen. Jede Faser seines Körpers drängte Orisian zum Laufen, aber seine Wunde machte sich schmerzhaft bemerkbar, und Rothe war äußerst argwöhnisch. Sie bogen vorsichtig in eine Straße ein, die zum Meer hinunterführte.
    »Ich höre Pferde«, meldete Yvane.
    Orisian lauschte, konnte jedoch die verschwommenen Geräusche, die an sein Ohr drangen, kaum auseinanderhalten. Vielleicht mischte sich Hufschlag in den Lärm, vielleicht auch nicht.
    »Schwer zu sagen!«, rief Rothe, der die Nachhut bildete. Er spähte ständig hierhin und dorthin, immer auf der Suche nach Gefahren. »Achtung – da vorn!«, warnte er plötzlich.
    Sie hielten alle inne. Zwei Einheimische taumelten über eine Kreuzung. Der Regen dämpfte die Geräusche und machte es schwer, die Entfernungen abzuschätzen. Die Männer blieben stehen, als seien sie unschlüssig, welche Richtung sie einschlagen sollten. Einer von ihnen starrte Orisian und seine Gefährten an. Dann erschienen drei kräftige Pferde auf der Bildfläche und jagten spritzend durch die Nässe und den Schlamm. Ihre Reiter schwangen lange Schwerter. Sie ritten über die beiden Fliehenden hinweg und rissen sie zu Boden. Die Pferde hinterließen tiefe Hufspuren im Schlamm. Die Reiter beugten sich weit nach unten und hieben mit ihren Klingen auf die gestürzten Männer ein. Keine Rufe oder Schmerzensschreie erreichten Orisians Ohr. Er sah jedoch, wie sich die Reiter wieder aufrichteten, die Zügel strafften und die Tiere auf sie zulenkten.
    »Glaubenskrieger!«, rief Anyara.
    Rothe hatte das Heft des alten Schwerts nun mit beiden Händen umklammert. Die Reiter hielten genau auf ihn zu. Weiter weg, halb verborgen hinter den grauen Regenvorhängen, tauchten weitere Pferde auf.
    »Lauft in eines der Häuser!«, stieß Rothe hervor.
    Orisian warf sich herum und entdeckte zwei Krieger, die vom anderen Ende der Straße her auf sie zupreschten. Vorneweg ritt eine Frau mit wild flatterndem Haar, die sich weit über den Hals ihres Pferds beugte und das Schwert zur Seite hielt, als wolle sie bereits beim ersten Ansturm einen Gegner köpfen.
    »Sie sind hinter uns!«, schrie er.
    Im gleichen Moment sprang eine schmale, silberhaarige Gestalt zwischen zwei Häusern hervor und stieß dem ersten der anstürmenden Pferde einen Speer seitlich in den Nacken. Das Tier bäumte sich mitten im Lauf auf, warf seine Reiterin ab und stürzte. Eine Wasser- und Schlammfontäne spritzte auf. Der Speer zersplitterte; Holzstücke flogen umher. Orisian bewegte sich vorwärts, aber Ess’yr war schneller. Sie riss ein Messer aus dem Gürtel, warf sich auf die Frau und stieß ihr die Klinge in die Kehle. Das gestürzte Pferd schlug nach allen Seiten aus, kam aber nicht mehr hoch. Der zweite Reiter hielt dicht hinter dem Hindernis an. Varryn rannte lautlos aus der gleichen schmalen Gasse wie Ess’yr, rammte dem Angreifer seinen Speer in den Rücken und hob ihn aus dem Sattel. Der Glaubenskrieger sank reglos zu Boden.
    Orisian fuhr herum. Die drei anderen Reiter hatten Rothe fast erreicht. Der Leibwächter stand mit breit gespreizten Beinen da und hielt das Schwert abwehrend nach vorn.
    »Komm!«, rief Ess’yr Orisian zu. Sie hatte seinen Arm umklammert und zerrte ihn zu dem Durchgang, aus dem sie aufgetaucht war.
    »Ich brauche ein Schwert!«, rief Orisian und sah sich suchend nach den beiden gefallenen Kämpfern vom Schwarzen Pfad um.
    Doch in diesem Augenblick packte ihn Anyara von der anderen Seite und schrie ihm ins Ohr: »Schnell, schnell!«
    Yvane rempelte sie von hinten an und warf sie alle zu Boden.
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