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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)
Autoren: Brian Ruckley
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Gürtel und bearbeitete damit die Stricke. Er warf einen Blick auf das große Schiff. Männer hatten sich an der Reling versammelt und deuteten zum Landesteg herüber.
    »Lass mich das erledigen!« Rothe hob das Schwert. »Die Klinge ist nicht besonders scharf, aber dafür reicht sie gerade noch.«
    Orisian trat zur Seite. Rothes erster Hieb durchtrennte das Seil zur Hälfte.
    »Wir gehen jetzt«, sagte Varryn ruhig.
    Orisian wandte sich ihm zu. Die Miene des Kyrinin-Kriegers war undurchdringlich. Er schaute nicht ihn, sondern Ess’yr an. Seine Schwester antwortete nicht sofort. Orisian suchte krampfhaft nach Worten. Diesmal, dieses eine Mal, wollte er das Richtige sagen.
    »Kanin!«, rief Anyara. »Da kommt Kanin!«
    Reiter ritten mit dröhnendem Hufschlag das Ufer entlang, zehn oder zwölf insgesamt. Orisian wischte sich den Regen aus den Augen. Kanin führte die Gruppe an. Er trieb sein Pferd mit wildem Geschrei vorwärts. Rothe hieb erneut auf den Knoten ein.
    »Durch!«, knurrte er. »Ich kümmere mich um das andere Tau.«
    Yvane gab ihren ungleichen Kampf gegen den zweiten Knoten auf und trat neben Orisian. Die Glaubenskrieger waren nahe. Schlamm und Sand spritzten unter den Hufen ihrer Pferde auf.
    »Schnell, Rothe!«, drängte Orisian.
    Er beobachtete Kanin, sah die Wut in den Zügen des Mannes und die klaffende Wunde, die Ess’yr ihm mit ihrem Bogen zugefügt hatte. Orisian spürte auf einmal das bleierne Gewicht seiner durchnässten Kleidung. Er umklammerte den Griff des Messers. Rothes Schwert biss sich in das Tau. Der Leibwächter fluchte. Kanin zügelte sein Pferd. Stolpernd hielt es am vorderen Ende des Landestegs an. Die übrigen Reiter scharten sich um ihn, grimmige Sturmgestalten, die aussahen, als seien sie mit dem Regen vom Himmel gefallen. Kanin zog sein Schwert und deutete damit auf Orisian.
    »Halt!«, schrie er. »Stehen bleiben!«
    Die Krieger sprangen zu Boden und spannten ihre Armbrüste.
    »Rothe?«, fragte Orisian, ohne sich umzudrehen.
    »Fertig!«
    Ein Armbrustbolzen schwirrte los, ein dunkler Strich, der den Regen durchschnitt und an ihnen vorbei ins Meer zischte. Im nächsten Moment schoss Varryn einen Pfeil ab. Er jagte an Kanin vorbei und bohrte sich mit einem dumpfen Klatschen in den Krieger hinter ihm.
    »Alle ins Boot!«, befahl Orisian.
    »Ach, du liebe Güte!«, murmelte Hammarn immer von Neuem.
    Umständlich bestieg er den Kahn, gefolgt von Yvane und Anyara. Ein Bolzenhagel fegte über den Landesteg. Orisian warf sich in das Ruderboot. Rothe dicht neben ihm keuchte, als sich ein Geschoss in seine Schulter bohrte. Der Leibwächter brach zusammen und kippte in das heftig schaukelnde Boot. Orisian rappelte sich auf. Yvane kämpfte mit einem der Ruder; verblüfft starrte sie den Armbrustbolzen an, der ihr im Oberarm steckte.
    Varryn, der immer noch mit Ess’yr am Ende des Landestegs stand, ließ den nächsten Pfeil von der Sehne schnellen.
    »Kommt!«, rief Orisian den beiden Kyrinin zu. »Steigt ein!«
    Anyara und Hammarn kämpften mit den Rudern. »Schneller, schneller!«, schrie Anyara den Alten an. Das Boot löste sich mit einem Ruck von der Anlegestelle. Orisian streckte einen Arm nach Ess’yr aus.
    »Sei nicht dumm!«, beschwor er sie. »Du kannst nicht hierbleiben!«
    Kanin kam den Steg entlanggerannt. Seine Krieger folgten ihm wie ein dunkler Krähenschwarm, der aus dem grauen Regenhimmel herabstößt. Orisian hörte Kanins unverständliches Wutgestammel. Varryn und Ess’yr sahen einander wortlos an und sprangen dann vom Steg. Sie landeten gemeinsam im Heck des Kahns, so federleicht, dass er kaum ins Schwanken geriet.
    Orisian kletterte über Rothe hinweg, der am Boden lag und leise stöhnte. Er sah das blutdurchtränkte Hemd des Leibwächters, aber er verdrängte den Anblick. Er konnte sich jetzt nicht um den Verletzten kümmern. Noch nicht. Es gab insgesamt vier Ruder. Hammarn und Anyara bedienten zwei davon, Yvane mühte sich mit dem dritten ab.
    »Nein!«, brüllte Kanin, als sich das Boot schlingernd vom Gestade entfernte.
    Wieder durchschnitten Bolzen den Regen und jagten auf den Kahn zu.
    »Nach unten!«, befahl Orisian und beugte sich tief über das Ruder. Zwei Geschosse schlugen in das Heck ein; ein weiteres flog dicht über ihre Köpfe hinweg. Er spürte, wie sein Ruder erzitterte, und entdeckte, dass ein Bolzen im Holz dicht neben seiner Hand steckte. Dann nichts mehr. Die Krieger auf dem Landesteg legten hastig neue Bolzen ein. Kanin stand am äußersten
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