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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond
Autoren: Dean R. Koontz
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reduziert. Die gierigen Feuerzungen hatten ihn seiner prachtvollen smaragdgrünen Lackierung beraubt, der schönen Lederpolster und der anderen Extras. Die blaue Tür blieb geschlossen. Der Revolver schien hundert Pfund zu wiegen. Seine Arme schmerzten. Er konnte die Waffe nicht ruhig halten. Konnte sie kaum noch halten. Er wollte sich hinlegen und die Augen schließen. Ein wenig schlafen. Etwas träumen. grüne Weiden, wilde Blumen, blauer Himmel, die Stadt längst vergessen. Als er sein Bein hinabsah, stellte er fest, daß er in einer Blutpfütze stand. Eine Arterie mußte verletzt, vielleicht zerrissen worden sein, und ihm wurde allein von dem Anblick schwindlig und benommen, die Übelkeit stieg wieder empor, ein heftiges Zittern in seinen Eingeweiden. Feuer auf dem Dach. Er konnte es deutlich hören, es unterschied sich von dem Tosen und Knistern des Feuers vor der Tankstelle, Dachschindeln platzten, Dachsparren knarrten unter der scharfen, trockenen Hitze. Vielleicht blieben ihnen nur noch ein paar Sekunden, bevor die Decke in Flammen aufging oder sie unter sich begrub. Er begriff nicht, wieso ihm immer kälter wurde, während es überall um ihn herum brannte. Der Schweiß, der sein Gesicht hinabströmte, kam ihm wie Eiswasser vor. Selbst wenn das Dach noch ein paar Minuten lang halten sollte, war er vielleicht schon tot oder zu schwach, um den Abzug zu betätigen, wenn der Mörder sie endlich angriff. Er konnte nicht mehr warten. Und er konnte die Waffe nicht mehr mit beiden Händen halten. Er brauchte die linke Hand, um sich auf der Kunststoffplatte des Tresens abzustützen, als er ihr Ende umkreiste, wobei er nur sein rechtes Bein belastete. Doch als er das Ende des Tresens erreichte, war ihm zu schwindlig, als daß er die drei oder vier Meter zur blauen Tür hätte hüpfen können. Er mußte die Zehenspitzen des linken Fußes einsetzen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, belastete sie jedoch nur in dem Ausmaß, das unbedingt nötig war, um aufrecht zu stehen, während er sich durch den Verkaufsraum schleppte. Zu seiner Überraschung war der Schmerz erträglich. Dann wurde ihm klar, daß dem nur so war, weil sein Bein taub wurde. Von der Hüfte bis zum Knöchel floß ein kühles Prickeln. Auch die Wunde selbst war nicht mehr heiß, nicht einmal mehr warm. Die Tür. Seine linke Hand auf der Klinke schien so weit entfernt zu sein, als sehe er durch das falsche Ende eines Fernglases. Der Revolver in der rechten Hand. Er hing an seiner Seite hinab. Wie eine schwere Hantel. Die Anstrengung, die nötig war, um die Waffe zu heben, ließ seinen Magen rebellieren. Der Mörder wartete vielleicht auf der anderen Seite, beobachtete die Klinke, und deshalb stieß Jack die Tür auf und ging schnell hindurch, den Revolver im ausgestreckten Arm vor sich haltend. Er stolperte, wäre fast gefallen, trat an der Tür vorbei, schwang die Waffe nach rechts und links, während sein Herz so heftig schlug, daß er die geschwächten Anne nicht ruhig halten konnte. Doch er machte kein Ziel aus. Da der BMW auf der Hebebühne stand, konnte er bis zum anderen Ende der Werkstatt sehen. Die einzige Person, die er erblickte, war der asiatische Mechaniker, und der war so tot wie der Beton, auf dem er mit gespreizten Gliedern lag. Jack drehte sich zu der blauen Tür um. Auf dieser Seite war sie schwarz, was ihm bedrohlich vorkam, glänzend schwarz, und sie war hinter ihm zugefallen. Er machte einen Schritt auf sie zu, wollte sie aufziehen. Statt dessen fiel er dagegen. Von dem sich drehenden Wind getrieben, wurde eine Flutwelle bitterer, teerhaltiger Luft in die Werkstatt getrieben. Hustend zerrte Jack die Tür auf. Der Kassenraum war mit Rauch gefüllt, eine Vorkammer zur Hölle. Er rief der Frau zu, zu ihm zu kommen, und war entsetzt, als er hörte, daß sein Rufen kaum mehr als ein dünnes Pfeifen war. Sie hatte sich jedoch schon in Bewegung gesetzt, und bevor er noch einmal rufen konnte, tauchte sie aus dem wogenden Rauch auf. Nase und Mund hielt sie sich mit einer Hand zu. Als sie sich gegen ihn lehnte, dachte Jack zuerst, sie suche Halt, Stärke, die er ihr nicht geben konnte, doch dann begriff er, daß sie ihn drängte, sich auf sie zu stützen. Er war derjenige, der den Eid geleistet, der geschworen hatte, zu dienen und zu schützen. Er kam sich trostlos unfähig vor, weil er sie nicht hochheben und hier heraustragen konnte, wie ein Kinoheld es getan hätte. Er stützte sich nur zaghaft auf die Frau und ging mit ihr nach links
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