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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond
Autoren: Dean R. Koontz
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handelte es sich um eine Maschinenpistole - vielleicht um eine Micro Uzi. Die Micro war keine dreißig Zentimeter lang, wenn man den Griff hochklappte, aber viel schwerer als eine Pistole. Sie wog etwa zwei Kilo, wenn man sie nur mit einem Magazin, und einiges mehr, wenn man sie mit zwei Magazinen versehen hatte, die im rechten Winkel zusammengesteckt wurden. Jedes Magazin verfügte über zwanzig Schuß. Genausogut hätte man eine Großpackung Mehl in einer Schlinge tragen können. Irgendwann bekam man in der Schulter chronische Schmerzen, doch das übergroße Schulterhalfter konnte man problemlos unter einem weitsitzenden Armani-Anzug verbergen. Und es war der Mühe wert, wenn man hinterhältige Feinde hatte. Es konnte auch eine FN P90 sein, oder vielleicht eine englische Bushman 2, aber wahrscheinlich keine tschechische Skorpion, weil man mit der nur Munition vom Kaliber .32 abfeuern konnte. Wenn man in Betracht zog, wie schnell Luther zu Boden gegangen war, mußte es sich um eine Waffe mit mehr Durchschlagskraft handeln, als eine Skorpion aufweisen konnte, und die bot die Neun-Millimeter-Micro-Uzi. Vierzig Schuß, ohne das Magazin zu wechseln, und das Arschloch hatte zwölf, höchstens sechzehn Schüsse abgegeben, also hatte er noch mindestens vierundzwanzig, und vielleicht hielt er ja eine Tasche voller Ersatzmagazine bereit. Es donnerte, und in der Luft schien der Regen sich aufzustauen. Windstöße kreischten durch die zersplitterte Tür, und die Pistole ratterte erneut auf. Draußen fanden Hassam Arkadians Hilfegesuche an Gott ein abruptes Ende. Jack rollte sich verzweifelt um das Ende des Tresens herum und dachte das Undenkbare. Luther Bryson tot. Arkadian tot. Der Angestellte tot. Höchstwahrscheinlich der junge asiatische Mechaniker ebenfalls. Sie alle eines sinnlosen Todes gestorben. Die Welt war in weniger als einer Minute auf den Kopf gestellt worden. Nun hieß es Mann gegen Mann, das Überleben des Stärksten, und vor diesem Spiel hatte Jack keine Angst. Obwohl der Darwinismus dazu neigte, denjenigen mit der größten Knarre und der meisten Munition zu bevorzugen, konnte man mit Intelligenz bloße Bewaffnung überwinden. Sein Verstand hatte ihn schon mehr als einmal gerettet, und vielleicht gelang es ihm auch diesmal wieder. Das Überleben konnte leichter gelingen, wenn man mit dem Rücken an der Wand stand, wenn alles gegen einen sprach und man sich nur um sich selbst Sorgen machen mußte. Da es nur um seinen eigenen elenden Arsch ging, konnte er sich besser konzentrieren, und stand es ihm frei, passiv zu bleiben oder rücksichtslos vorzugehen, ein Feigling oder ein törichter Kamikaze zu sein, was auch immer die Situation erforderte. Dann schleppte er sich vollends hinter die Deckung der Theke und stellte fest, daß er nicht in den Genuß der Freiheit kam, der einzige Überlebende zu sein. Eine Frau kauerte dort: hübsch, langes, dunkles Haar, attraktiv. Graue Bluse, Arbeitshosen, weiße Socken, schwarze Schuhe mit dicken Gummisohlen. Sie war Mitte Dreißig, vielleicht fünf oder sechs Jahre jünger als Arkadian. Könnte seine Frau sein. Nein, nicht mehr Ehefrau. Witwe. Sie saß auf dem Boden, die Knie vor die Brust gezogen, die Arme fest um die Beine geschlungen, versuchte, sich so klein wie möglich, ja unsichtbar zu machen. Ihre Anwesenheit veränderte alles für Jack, nahm ihn in die Pflicht und reduzierte seine Überlebenschancen. Nun stand ihm die Möglichkeit, sich zu verstecken, nicht mehr offen, und er konnte sich nicht mal mehr für ein rücksichtsloses Vorgehen entscheiden. Er mußte angestrengt und klar denken, das beste Vorgehen bestimmen und das Richtige tun. Er war für sie verantwortlich. Er hatte einen Eid geschworen, dem Volk zu dienen und es zu schützen, und er war so altmodisch, daß er solche Versprechen ernst nahm. Die Augen der Frau waren groß vor Entsetzen und feucht vor nicht vergossenen Tränen. Trotz der Angst um ihr eigenes Leben schien sie die Bedeutung der Tatsache zu begreifen, daß Arkadian plötzlich verstummt war. Jack zog seinen Revolver. Dienen und schützen. Er zitterte unbeherrscht.
    Sein linkes Bein brannte, doch der Rest von ihm war eiskalt, als sikkere seine gesamte Körperwärme durch die Wunde hinaus. Draußen endete ein anhaltendes Rattern der automatischen Waffe mit einer Explosion, die die Tankstelle erbeben ließ, im Verkaufsraum einen Automaten mit Süßigkeiten umstürzte und die beiden großen Scheiben sprengte, in welche die Gang ihre Symbole
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