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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond
Autoren: Dean R. Koontz
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auf die offene Werkstattür zu, die vom Rauch verdunkelt wurde.
    Er zog das linke Bein hinter sich her. Jetzt hatte er nicht mehr das geringste Gefühl darin, keinen Schmerz, nicht mal mehr ein Prickeln. Totes Gewicht. Er kniff die Augen zusammen, um sie vor dem beißenden Rauch zu schützen, und Farbexplosionen blitzten auf den Rückseiten seiner Lider auf. Er hielt den Atem an und widerstand dem starken Drang, sich zu übergeben. Jemand schrie, ein schriller und schrecklicher Schrei, der ewig zu währen schien. Nein, kein Schrei. Sirenen. Sie kamen schnell näher. Dann waren er und die Frau im Freien; die Windrichtung hatte sich geändert, und er rang um Atem, der kalt und sauber in seine Lungen strömte. Als er die Augen öffnete, war die Welt vor Tränen verschwommen, die der beissende Rauch ihnen abgezwungen hatte, und er blinzelte hektisch, bis er wieder etwas klarer sehen konnte. Wegen des Blutverlusts oder Schocks hatte seine Sicht sich auf einen Tunnelblick vermindert. Da die umgebende Dunkelheit so glatt wie ein Stahlrohr war, hatte er den Eindruck, er betrachte die Welt durch zwei Gewehrläufe. Links von ihm wurde alles von Flammen eingehüllt. Der Lexus. Die Zapfsäulen. Das flache Gebäude. Arkadians Leiche brannte. Luthers noch nicht, aber heiße Glut fiel darauf, brennende Stücke von Dachziegeln und Holz, und seine Uniform würde sich jeden Augenblick entzünden. Noch immer schoß brennendes Benzin in einem Bogen aus der durchlöcherten Zapfsäule und floß zur Straße. In der Nähe der Flammen war der Asphalt geschmolzen, kochte geradezu. Aufgewühlte Massen dicken, schwarzen Qualms hoben sich hoch über die Stadt und verschmolzen mit den tiefhängenden, schwarzen und grauen Sturmwolken. Jemand fluchte. Jack drehte den Kopf nach rechts, weg von dem schrecklichen, aber hypnotisch faszinierenden Inferno, und konzentrierte sein schmales Blickfeld auf die Getränkeautomaten an der Ecke der Tankstelle. Dort stand der Killer, als wäre er blind für die Zerstörungen, die er hervorgerufen hatte, und warf Münzen in den ersten der beiden Automaten. Hinter ihm lagen zwei weitere achtlos weggeworfene Pepsidosen auf dem Asphalt. Die Micro Uzi befand sich in seiner linken Hand, an seiner Seite, die Mündung auf den Boden gerichtet. Er schlug mit der Faust gegen die Knöpfe der Getränkeauswahl. Jack schob die Frau schwach zurück.
    »Auf den Bodenl« flüsterte er. Er drehte sich unbeholfen zu dem Killer um, schwankend, kaum imstande, auf den Füßen zu bleiben. Eine Dose fiel scheppernd in das Ausgabefach. Der Schütze beugte sich vor, kniff die Augen zusammen und fluchte erneut. Jack zitterte heftig, als er versuchte, seinen Revolver zu heben, der mit einer Kette mit dem Boden verbunden zu sein schien. Wenn Jack die Waffe so hoch bringen wollte, daß er zielen konnte, mußte er die ganze Welt hochheben. Der Psychopath in dem teuren Anzug bemerkte ihn und reagierte mit arroganter Beiläufigkeit. Er drehte sich zu ihm um, machte ein paar Schritte und hob seine Maschinenpistole. Jack gab einen Schuß ab. Er war so schwach, daß der Rückstoß ihn nach hinten warf und von den Füßen riß. Der Killer gab eine Salve von sechs oder acht Schuß ab. Jack fiel bereits aus der Schußlinie. Als die Kugeln die Luft über seinem Kopf zerschnitten, gab er noch einen Schuß ab, und dann einen dritten, als er auf der Teerdecke zusammenbrach. Es war unglaublich, doch die dritte Kugel traf den Killer in die Brust und warf ihn gegen den Getränkeautomaten zurück. Er prallte von der Maschine ab und sank auf die Knie. Er war schwer verletzt, vielleicht sogar tödlich verwundet, und sein weißes Seidenhemd färbte sich so schnell rot wie ein Tricktuch unter den geschickten Händen eines Bühnenmagiers, aber er war noch nicht tot, und er hatte noch immer die Micro Uzi. Die Sirenen waren extrem laut. Hilfe war unterwegs, doch sie würde wahrscheinlich zu spät kommen. Ein Donnerschlag brach einen Damm im Himmel, und plötzlich fielen Megatonnen von eisigem Regen herab. Mit einer Anstrengung, die ihn fast das Bewußtsein verlieren ließ, setzte Jack sich auf und umfaßte den Revolver mit beiden Händen. Er drückte ab, doch der Schuß verfehlte sein Ziel weit. Der Rückstoß löste in seinen Armen einen Muskelkrampf aus. Alle Kraft verließ seine Hände, und er mußte den Revolver loslassen, der zwischen seinen gespreizten Beinen auf den Asphalt fiel. Der Killer gab zwei, drei, vier Schüsse ab, und zwei davon trafen Jack in die
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