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Wintermörder - Roman

Titel: Wintermörder - Roman
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Liebler. Schon wieder dieses Grinsen. Er sollte es sich patentieren lassen.

3
    Denise Winkler war völlig ausgepowert, als sie nach etwa zwei Stunden wieder vor ihrem Haus ankam. Um besser Luft zu bekommen, bückte sie sich, wobei sie die Hände flach auf die Oberschenkel stützte. Langsam und gleichmäßig pumpte sie frische Luft in ihre Lungen, und ihr Puls erholte sich schnell.
    Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass sie im Durchschnitt zwei Minuten langsamer pro Kilometer gewesen war. Aber bei dieser Kälte und dem vereisten Boden war es schwierig, ein konstantes Tempo zu halten. Es war einfach anstrengender als bei normalen Temperaturen. Aber gelohnt hatte es sich. Sie spürte, wie frische Energie durch ihren Körper rann. Das konnte man niemandem erklären, man musste es einfach selbst erleben.
    An der Haustür zog sie die Handschuhe aus, an deren Außenseite sich eine dünne Eisschicht gebildet hatte. Auch die Mütze fühlte sich an, als sei sie gefroren. Weil sie keine Lust hatte, den Schlüssel aus der Garage zu holen, klingelte sie. Frederik hatte mit Sicherheit Riesenhunger. Denise verdrängte das schlechte Gewissen, dass es wieder nur Fertigpizza zu Mittag gab, und nahm sich vor, ihm morgen etwas Richtiges zu kochen, kein Fertiggericht. Doch wenn sie sich nicht strikt an den Trainingsplan hielt, dann konnte sie den New-York-Marathon vergessen.
    Erneut drückte sie auf die Klingel.
    Niemand öffnete.
    Bestimmt war er in seinem Zimmer. Wenn er allein zu Haus war, stellte er den CD-Player so laut, dass er nichts mehr hörte. Ehrlich gesagt wusste sie nicht, ob es an der Lautstärke lag oder daran, dass er die Fähigkeit hatte, vollständig in seine Phantasie abzutauchen. Nicht nur einmal hatte sie ihn an der Schulter rütteln müssen, damit er überhaupt bemerkte, dass sie im Zimmer war. Natürlich fand Oliver das nicht gut. Phantasie schafft Illusionen. Geschichten verweichlichen und versprechen eine Welt, die es nicht gibt.
    Als sich im Haus immer noch nichts rührte, öffnete Denise das Garagentor, wo sie den Haustürschlüssel unter einer alten Farbdose deponiert hatte. Wenigstens einen Vorteil hatte das Landleben. Die Nachbarn haben ein Auge auf dich und dein Grundstück.
    Nachdem sie aufgeschlossen hatte, registrierte sie als Erstes, dass Frederiks Schultasche, Jacke und Schuhe nicht an ihrem Platz standen.
    »Frederik?«
    Keine Antwort.
    Sie zog die Schuhe aus, ging die Treppe hoch zu seinem Zimmer und öffnete die Tür. Das Rollo war noch unten wie am Morgen und das Bett nicht gemacht. Frederik war nicht hier. Die Schule war bereits seit einer halben Stunde zu Ende, und Frederik verspätete sich so gut wie nie, da er wusste, welche Sorgen sie sich sofort machte.
    Es läutete an der Tür. Na also, da war er. Erleichtert rannte sie nach unten und riss die Haustür auf.
    »Wo bleibst du denn? Du sollst doch gleich nach der Schule …« Sie brach ab. Nicht ihr siebenjähriger Sohn stand vor der Tür, sondern ein großer Mann, der in Begleitung einer hochgewachsenen, schlanken Frau war, die ihr bekannt vorkam.
    »Henri Liebler«, sagte der Mann und hielt einen Ausweis in die Höhe.
    Denise’ Herzschlag setzte aus. Etwas musste passiert sein, wenn die Kriminalpolizei vor der Tür stand. Sie musste sich festhalten, um nicht zu fallen.»Was ist los? Was ist mit Frederik?«
    »Frederik?«, fragte der Mann »Wer ist das?«
    »Mein Sohn. Er ist noch in der Schule. Ich war bis jetzt joggen. Normalerweise müsste er um diese Uhrzeit schon zu Hause sein. Wo bleibt er nur? Er ist schon zwanzig Minuten überfällig.«
    Die Frau neben dem Beamten schaute besorgt. Dieses Stirnrunzeln kam Denise irgendwie bekannt vor. Konnte das sein?
    »Myriam?«, fragte sie. »Bist du das? Myriam Singer?«
    »Es hat ja gedauert, bis du mich erkannt hast.«
    »Es ist ja auch schon lange her.«
    »Seit dem Abitur.«
    »Kommt doch herein.« Denise hielt die Eingangstür auf. Myriam betrat mit ihrem Begleiter den Flur. Verlegen standen sie einige Minuten herum.
    »Moment«, sagte Denise. »Ich schaue nur schnell um die Ecke.«
    Ohne Schuhe rannte sie bis vor auf die Straße, doch von Frederik war nichts zu sehen. Stattdessen lag die Stille über der Straße wie ein unsichtbares Tuch, das alles erstickte. Sie spürte nicht, wie der feuchte Schnee durch ihre Socken drang.
    Atemlos kam sie zurück, wo Myriam neben dem großen blonden Mann im Flur wartete.
    »Kommt er öfter zu spät von der Schule?«, fragte Myriam.
    »Du weißt doch, wie
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