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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht
Autoren: Melina Marchetta
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herausgestellt. Ihr wisst bestimmt, dass die Regenten der Königreiche von Skuldenore genau aus diesem Grund solche Forderungen unter Strafe gestellt haben.“
    „Und dennoch erkennen die Lumaterer den neuen König hinter seinen hohen Mauern nicht als ihren Herrscher an“, sagte die Hohepriesterin. „Nennt man ihn nicht den Thronräuber?“
    „Obwohl wir glauben, dass der jetzige Herrscher von Lumatere in die Tragödie um unsere geliebte Königsfamilie verwickelt war, halten die Landesherren von Skuldenore seine Regentschaft für rechtmäßig.“
    Aus Angst glaubten sie, sie müssten sich in anderer Leute Angelegenheit einmischen und den Thronräuber anerkennen, dachte Finnikin bitter.
    „Wie sehr Ihr auch zweifelt, eines könnt Ihr mir glauben“, sagte die Hohepriesterin mit Nachdruck. „Der rechtmäßige Thronerbe von Lumatere und Überlebende jener Schreckensnacht hat zu unserer Novizin Evanjalin gesprochen.“
    „Hat er ihr eine Botschaft für uns gegeben?“, fragte Sir Topher.
    „Nur einen Namen“, sagte die Hohepriesterin. „Den Namen eines Gefährten aus Kindertagen, eines treuen Freundes.“
    Bei diesen Worten begann das Blut in Finnikins Adern schneller zu fließen. Er spürte die Augen der beiden anderen auf sich ruhen. Die Hohepriesterin trat zu ihm.
    „Warst du ihm das, Finnikin von den Felsen?“, fragte sie sanft. „Gefährte und Freund? Denn ich bin sicher, unser König ruft uns. Zehn Jahre sind eine viel zu lange Zeit, und Balthasar hat durch dieses Mädchen kundgetan, dass du sein verbanntes Volk heimführen sollst.“
    „Wer ist sie, dass sie es wagen darf, mit unserem Erben in Verbindung zu treten?“, fragte Finnikin förmlich und wich einen Schritt zurück. „Behauptet sie, dass sie ihn getroffen hat?“
    „Sie ist ein schlichtes, einfaches Ding. Sie hat das Schweigegelübde abgelegt und es nur einmal gebrochen, um mir von ihren Traumwanderungen zu erzählen und davon, dass du, Finnikin, kommen würdest, um sie zu holen. Ich vermute, sie ist in irgendeiner Weise für den Thronerben bestimmt.“
    „Wie kommt Ihr darauf, ehrenwerte Kiria?“, fragte Sir Topher.
    „Nachts im Schlaf flüstert sie seinen Namen mit großer Vertrautheit und Zuneigung. So als wäre ihre Verbindung von den Göttern gesegnet.“
    Finnikin schnaubte verächtlich.
    Die Hohepriesterin lächelte traurig. „Du hast den Glauben an die Götter verloren.“
    Er hielt ihrem Blick stand, wohl wissend, dass sie in seinen Augen die Antwort lesen konnte.
    „Glaubst du an Magie?“, fragte sie hartnäckig.
    „Mein Zuhause ist seit zehn Jahren von der Welt abgeschottet, ohne dass es dafür eine vernünftige Erklärung gibt. Also bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als diese Frage mit Ja zu beantworten“, gab er verlegen zu.
    „Es ist wahr: Die Matriarchin der Waldbewohner wirkte einen schrecklichen Zauber, der sich aus Hass und Trauer speiste, denn sie hatte hilflos mit ansehen müssen, was ihren Schutzbefohlenen nach dem Tod des Königs angetan wurde. Und doch scheint das Gute überlebt zu haben. Die Novizin Evanjalin ist der Schlüssel dazu. Gewiss kennt ihr inzwischen die Bedeutung der uralten Worte, die Seranonna an jenem Tag ausgesprochen hat.“
    Seit seiner Kindheit hatte Finnikin den Namen Seranonna nicht mehr gehört. Für ihn war sie nur die Hexe, die Lumatere verflucht hatte.
    „Wir waren damals auf dem Platz dabei“, sagte Sir Topher. „Seither haben wir zehn Jahre lang versucht, den Fluch zu entziffern. Trotzdem kennen wir noch immer nicht die Bedeutung jeden Wortes. Seranonna hat Wörter aus verschiedenen alten Sprachen benutzt.“
    „Und was habt ihr bis jetzt entziffert?“, fragte die Hohepriesterin und sah Finnikin erwartungsvoll an.
    „Das Dunkle wird dem Hellen vorangehen und unser Resurdus wird wiederauferstehen. Das Wort ,Resurdus‘ bedeutet König, nicht wahr?“
    Die Hohepriesterin nickte. „Der Fluch hat die Lumaterer getroffen, weil sie das Morden nicht verhindert haben. Aber Seranonna wollte damit auch denjenigen schützen, den sie in der Nacht in den Wald fliehen sah: den Resurdus, den Erben. Das Dunkle und das Helle werden euch zu ihm führen.“
    „Aber wohin sollen wir gehen mit diese m … Kind, dieser Evanjalin?“, fragte Finnikin.
    Die Hohepriesterin lachte traurig. „Hältst du dich selbst für ein Kind, Finnikin?“
    „Natürlich nicht.“
    „Die Novizin Evanjalin ist ungefähr in deinem Alter und hat ihre Kindheit viel zu früh hinter sich lassen
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