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Winterkrieger

Winterkrieger

Titel: Winterkrieger
Autoren: David Gemmell
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bahnen. Im Innern war es dunkel, aber er konnte die grauen Steine der Feuerstelle erkennen. Wie es in der Einöde üblich war, war ein Feuer aufgeschichtet, doch durch den Schornstein war Schnee hereingestoben und bedeckte das Holz weitgehend. Sorgfältig befreite Nogusta das Holz vom Schnee und schichtete es neu auf. Er nahm seine Zunderschachtel aus dem Beutel, öffnete sie und zögerte. Der Zunder würde nur für ein paar Sekunden brennen. Wenn das dünne Anmachholz nicht sofort Feuer fing, könnte es Stunden dauern, bis er mit Messer und Feuerstein eine Flamme entzünden konnte. Und er brauchte verzweifelt nötig ein Feuer. Die Kälte ließ ihn inzwischen zittern. Er schlug auf den Feuerstein. Der Zunder flammte auf. Er hielt ihn an das Anmachholz und flüsterte ein Gebet zu seinem Stern. Flammen leckten hoch und loderten dann durch das trockene Holz. Nogusta lehnte sich zurück und stieß einen erleichterten Seufzer aus. Als das Feuer hell brannte, sah er sich um und betrachtete den Raum. Die Hütte war von einem Mann gebaut worden, der seine Arbeit genau nahm. Die Verbindungsstücke waren sorgfältig gezimmert, ebenso wie die Möbelstücke, ein einfacher Tisch, vier Stühle und ein schmales Bett. An der Nordwand standen Regale, die jetzt allerdings leer waren. Es gab nur ein Fenster, dessen Läden fest verschlossen waren. An einer Seite der Feuerstelle war Holz aufgeschichtet. Über die Scheite zog sich ein altes Spinnennetz.
    Die leeren Regale und das Fehlen persönlicher Dinge zeigten, dass der Mann, der die Hütte gebaut hatte, sich entschlossen hatte weiterzuziehen. Nogusta fragte sich warum. Die Bauweise der Hütte wies ihn als ordentlichen, geduldigen Menschen aus. Niemand, der sich so leicht abschrecken ließ. Nogusta betrachtete die Wände. Sie trugen keine Spuren einer weiblichen Hand. Der Erbauer war allein gewesen. Wahrscheinlich ein Fallensteller. Und als er schließlich fortgegangen war – vielleicht gaben die Berge nicht mehr genug Wild her –, hatte er sorgfältig ein Feuer aufgeschichtet für den nächsten Menschen, der sein Zuhause fand. Ein rücksichtsvoller Mann. Nogusta fühlte sich in dieser Hütte willkommen, als ob der Eigentümer ihn begrüßt hätte. Es war ein gutes Gefühl.
    Nogusta stand auf und ging zu seinem Pferd hinaus, das geduldig wartete. Er nahm ihm den leeren Futtersack ab und strich ihm über den Hals. Es war nicht nötig, das Tier anzupflocken. Der Wallach würde diesen geschützten Platz nicht verlassen. Hier ragte der steinerne Schornstein aus der hölzernen Wand der Hütte hervor, und bald schon würde das Feuer die Steine erwärmen. »Du bist für die Nacht hier in Sicherheit mein Freund«, erklärte Nogusta dem Wallach.
    Er schulterte seine Satteltaschen, ging zurück in die Hütte und schloss die Tür fest hinter sich, indem er sich mit aller Kraft gegen den verbogenen Rahmen lehnte. Dann zog er einen Stuhl ans Feuer. Die kalten Steine der Feuerstelle schluckten fast alle Wärme des Feuers. »Hab Geduld«, befahl er sich. Minuten vergingen. Er sah eine Bohrassel über ein Scheit laufen, als die Flammen daran emporleckten. Nogusta zog sein Schwert und hielt die Klinge über das Feuer, um so dem Insekt einen Fluchtweg zu bieten. Die Bohrassel näherte sich der Klinge, wandte sich dann jedoch ab und stürzte in die Flammen. »Törichtes Geschöpf«, sagte Nogusta. »Die Klinge bedeutete Leben.«
    Das Feuer loderte jetzt hell, und der schwarze Mann stand auf und zog Umhang und Hemd aus. Sein Oberkörper war muskelbepackt und voller Narben. Er setzte sich wieder, beugte sich vor und streckte seine Hände der Wärme entgegen. Müßig drehte er das kleine, verzierte Amulett, das er um den Hals trug. Es war ein altes Stück, ein weißsilberner Halbmond, den eine schlanke goldene Hand hielt. Das Gold war schwer und dunkel, und das Silber lief niemals an. Es blieb, wie der Mond, rein und glänzend. Er hörte die Stimme seines Vaters tief in seinen Erinnerungen: »Ein Mann, größer als Könige, trug dieses Amulett, Nogusta. Ein großer Mann. Er war unser Vorfahre, und solange du es trägst achte darauf, dass deine Handlungen immer ehrenhaft sind. Wenn sie es sind, wirst du die Gabe des Dritten Auges haben.«
    »Wusstest du deshalb, dass die Räuber auf der Nordweide waren?«
    »Ja.«
    »Aber willst du es nicht behalten?«
    »Es hat dich erwählt, Nogusta. Du hast die Magie gesehen. Es ist immer der Talisman, der die Wahl trifft. Das ist schon seit Hunderten von Jahren so.
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