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Winterkrieger

Winterkrieger

Titel: Winterkrieger
Autoren: David Gemmell
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Kapitel eins
     
    Der nächtliche Himmel über den Bergen war klar und strahlend, die Sterne schimmerten wie Diamanten auf schwarzem Samt. Es war eine Spätwinternacht von kalter, gefährlicher Schönheit, der Schnee lag schwer auf den Zweigen der Tannen und Zedern. Hier gab es keine Farben, keinen Hauch von Leben. Das Land lag schweigend da, bis auf das gelegentliche Knacken eines überladenen Astes und das leise Wispern von fallendem Schnee, den der raue Nordwind vor sich hertrieb.
    Ein kapuzenverhüllter Reiter auf einem dunklen Pferd tauchte zwischen den Bäumen auf. Sein Reittier kämpfte sich langsam durch den Tiefschnee. Tief über den Sattel gebeugt ritt er weiter, den Kopf gegen den Wind gesenkt. Seine behandschuhten Hände hielten seinen schneebedeckten Umhang dicht am Hals fest. Als er in offenes Gelände kam, schien er eine Zielscheibe für den wütenden Wind zu werden, der ihn umheulte. Ungerührt trieb er das Pferd weiter. Eine weiße Eule schwang sich von einem hohen Baum und glitt an Pferd und Reiter vorbei. Eine magere Ratte huschte über den mondbeschienenen Schnee. Sie machte einen Satz zur Seite, als die Klauen der Eule ihren Rücken streiften. Er brachte sie beinahe in Sicherheit.
    Beinahe.
    An diesem frostklirrenden Ort war ein beinahe ein Todesurteil. Alles hier war schwarz und weiß, scharf und deutlich umrissen, ohne sanfte graue Schatten. Starke Kontraste. Erfolg oder Versagen, Leben oder Tod. Keine zweiten Chancen, keine Entschuldigungen.
    Als die Eule mit ihrer Beute davonflog, blickte der Reiter auf. In einer Welt ohne Farbe schienen seine leuchtend blauen Augen silbergrau in einem Gesicht dunkel wie Ebenholz. Der schwarze Mann stieß seinem müden Reittier die Fersen in die Seite und lenkte es in den Wald. »Wir sind beide müde«, flüsterte der Reiter und tätschelte den langen Hals des Wallachs. »Aber wir machen bald Rast.«
    Nogusta warf einen Blick zum Himmel hinauf, der noch immer klar war. Kein frischer Schnee heute Nacht, dachte er. Das bedeutete, dass die Spuren, denen sie folgten, noch bis zum Morgen zu sehen sein würden. Mondlicht fiel durch die hohen Bäume, und Nogusta begann, nach einem Rastplatz Ausschau zu halten. Trotz des schweren grauen Kapuzenumhangs, dem schwarzen Hemd und den Hosen aus Wolle war er durchgefroren bis auf die Knochen. Aber am meisten litten seine Ohren. Unter normalen Umständen hätte er sich seinen Schal ums Gesicht gewickelt. Aber das war nicht klug, wenn man drei verzweifelten Männern folgte. Er musste auf jedes Geräusch, jede Bewegung achten. Diese Männer hatten bereits getötet und wurden nicht zögern, es wieder zu tun.
    Er schlang die Zügel über den Sattelknauf und rieb sich die Ohren. Der Schmerz war ungeheuer. Fürchte nicht die Kälte, warnte er sich selbst. Kälte bedeutet Leben. Erst, wenn dein Körper aufhört, gegen die Kälte zu kämpfen, musst du dich fürchten. Wenn er sich warm und schläfrig fühlte. Denn der eisige Dolch des Todes lauerte in dieser trügerischen Wärme. Das Pferd trottete weiter und folgte den Spuren wie ein Spürhund. Nogusta brachte es zum Stehen. Irgendwo vor ihm hatten die Mörder ihr Nachtlager aufgeschlagen. Er sog prüfend die Luft ein, konnte aber keinen Rauch riechen. Sie mussten ein Feuer entzünden. Alles andere bedeutete den Tod.
    Nogusta war nicht in der Verfassung, sich jetzt mit ihnen zu befassen. Er bog vom Weg ab, tiefer in den Wald, auf der Suche nach einer geschützten Senke oder einer Felswand, wo er ein Feuer entzünden und sich ausruhen konnte.
    Das Pferd stolperte im tiefen Schnee, fing sich aber wieder. Nogusta fiel fast aus dem Sattel. Als er sich wieder aufrichtete, erhaschte er durch einen Spalt zwischen den Bäumen einen Blick auf eine Hütte. Fast gänzlich von Schnee bedeckt, war sie praktisch unsichtbar, und wenn das Pferd nicht gestolpert wäre, wäre er daran vorbeigeritten. Nogusta stieg ab und führte den erschöpften Wallach zu dem verlassenen Gebäude. Die Tür hing nur noch an einer ledernen Angel, die andere war verrottet. Die grasgedeckte Hütte war lang und schmal, an einer Seite befand sich ein vom Wind abgewandter Unterstand. Hier sattelte Nogusta das Pferd ab und rieb es trocken. Er füllte einen Futtersack mit Getreide und schlang ihn dem Pferd über die Ohren, dann legte er eine Decke über den breiten Rücken.
    Nogusta ließ das Pferd fressen und ging um das Gebäude zur Vorderseite herum. Er musste sich durch den hochaufgetürmten Schnee einen Weg zur Tür
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