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Winter auf Italienisch

Winter auf Italienisch

Titel: Winter auf Italienisch
Autoren: Joleen Carter
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er mich schließlich von
sich.
    »Ragazza! Mädchen, du hast eine Prüfung
zu bestehen. Und wie heißt es in Deutschland so schön: erst die Arbeit und dann
das Vergnügen.«
    Ich verzog das Gesicht.
    »Woher kennst du diese schrecklichen
deutschen Sprüche?“, fragte ich.
    »Die habe ich extra für diese Reise
gelernt.«
    »Cretino! Blödmann!« Ich boxte ihm an die
Schulter und er rieb sich theatralisch die betroffene Stelle.
    »Dai, amore, sbrigati! Los, meine Süße,
beeile dich!«
    Ich öffnete die Tür und stieg aus. Im
Weggehen warf ich ihm noch einen Handkuss zu. So beschwingt hatte ich mich seit
über vier Monaten nicht mehr gefühlt. Die Prüfung konnte nur gut werden.

Kapitel 27

 
    Knappe vier Stunden später kam ich
erschöpft, aber mit einem guten Gefühl, was die Prüfungen anging, aus dem
Gebäude. Mattias Anwesenheit hatte mir tatsächlich neue Kraft geschenkt. Auf
einmal machte das, was ich tat, wieder Sinn.
    Als ich bemerkte, dass er tatsächlich im
Auto schlief, ging ich noch einmal zurück ins Gebäude und holte uns zwei Becher
Kaffee aus dem Automaten. Vorsichtig klopfte ich an die Scheibe - ich wollte
ihn weder erschrecken, noch einen der Kaffeebecher verschütten. Verwirrt sah er
sich um, reckte sich und gähnte herzhaft. Dann öffnete er die Tür und schien
ehrlich erfreut, mich zu sehen. Oder war es der Kaffeebecher? Jedenfalls nahm
er ihn dankbar entgegen.
    »Hm,
un caffè lungo, lungo.«
    Er tat so, als würde ihm der deutsche
Kaffee, der sehr viel mehr Wasser enthielt als ein Espresso-caffè, besonders
gut schmecken.
    »Immerhin macht auch der wach«, verteidigte
ich mich.
    »Ja, und danach ist der ganze Bauch
voller Wasser«, scherzte er und hielt sich den Bauch, als hätte er eine Melone
verschluckt.

 
    »Dai! Los, lass uns etwas essen gehen!«,
sagte Mattia, als er den Kaffee ausgetrunken hatte. »Heute ist ein besonderer
Tag. Ich lade dich ein, aber du entscheidest, wohin wir gehen. Ich lasse mich
überraschen.«
    Ich entschied mich für das »Block House«.
Davon gab es viel in Hamburg, und das Essen schmeckte so lecker, da konnte man
eigentlich nichts falsch machen. Und so war es auch: Sah der Salatteller, den
die Bedienung brachte, noch ganz normal für Mattia aus, so bestaunte er wenig
später die riesige Kartoffel auf seinem Teller und probierte vorsichtig den
Quark.
    »Was ist das?«, fragte er.
    »Die Übersetzung ist Ricotta«, erklärte
ich.
    »Aber so schmeckt es nicht. Ricotta ist
nicht so sauer.«
    »Eine andere Übersetzung gibt es nicht.«
    »Egal, es schmeckt mir trotzdem.«

 
    Danach fiel er über das große Steak auf
seinem Teller her und freute sich über das Knobibrot. Wir bestellten jeder noch
einen Espresso. Dann lehnte Mattia sich satt und zufrieden wie ein Baby zurück
und sah mich an.
    »Bist du froh, dass ich hier bin?«,
fragte er und musterte mich genau. Mein Gesicht erstrahlte augenblicklich.
    »Froh ist gar kein Ausdruck«, antwortete
ich und schluckte die letzten Salatblätter hinunter. Er lächelte.
    »O.k., das ist mir Antwort genug auf
meine Frage, ob du mich nur aus Verzweiflung verlassen wolltest, oder aber,
weil du nichts mehr für mich empfindest. Aus den Augen, aus dem Sinn,
sozusagen.«
    »No, No! Nein!« Ich setzte mich gerade
auf. »Ich konnte es nur nicht mehr länger ertragen, dich zu lieben, aber nie
bei dir sein zu dürfen. Ich dachte, ich ... wir ... würden uns dann mit der
Zeit besser fühlen.«
    Ich senkte den Blick. »Mattia, ich habe
einen schrecklichen Fehler begangen. Aber ich kann nichts weiter tun, als zu
sagen, dass ich es zutiefst bereue. Rückgängig machen kann ich es nicht. Mi
dispiace tantissimo. Es tut mir so leid.«
    Sein Finger legte sich unter mein Kinn.
    »Guardami! Sieh mich an, Tanina!«
    Ich tat es und sah nichts als Liebe in
seinen braunen Augen.
    »Es war nicht gut, was du getan hast,
aber es war menschlich. Und es ist in Ordnung, so wie es jetzt ist. Denk nicht
mehr daran, ich tue es auch nicht.«
    »D‘ accordo! In Ordnung!« Ich nickte.
    »Ab heute bleiben wir zusammen«, fuhr er
fort. »Ich habe gespart und mir unbezahlten Urlaub genommen. Ich bleibe hier
bei dir, bis wir einen Weg gefunden haben, zusammenbleiben zu können. Ti va
bene? Passt das für dich?«
    Ich presste die Hand vor den Mund, um
nicht aufzuschluchzen. Schon wieder kamen die Tränen.
    »Ist das wirklich wahr?«, fragte ich.
    »Ma certo, aber natürlich!«
    »Dann bin ich die reichste Frau auf
Erden«, sagte ich und beugte mir vor
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