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Winter auf Italienisch

Winter auf Italienisch

Titel: Winter auf Italienisch
Autoren: Joleen Carter
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und kuschelte mich noch enger an ihn.

 
    Am nächsten Tag besorgten wir
Bücherkartons. Da passte zwar nicht so viel hinein, ließen sich aber im Auto
platzsparender unterbringen. Zwei Koffer und eine Reisetasche besaß ich auch
noch. Naja, und einen Koffer hatte Mattia auch mitgebracht, der wieder zurück
musste.
    Trotz meiner Euphorie war es ein
merkwürdiges Gefühl, mein Kinderzimmer endgültig zu räumen. Ich besaß gar nicht
so viele Sachen, stellte ich fest. Manches ließ ich auch einfach in den Regalen
stehen. Dinge, die ich sowieso nie benutzte. Und damit das Zimmer nicht so
verlassen aussah. Sollte Mama später entscheiden, ob sie es vorerst so ließ
oder ob sie alles im Keller lagern wollte. Sicher würden wir sie häufig
besuchen. Da wäre es praktisch, sie ließe uns ein Gästezimmer.
    Am Abend sprachen wir mit meiner Mutter.
Sie hatte Tränen in den Augen. Doch sie war nicht der Typ, der nicht loslassen
konnte. Es war nur, dass sie sich in all den Jahren daran gewöhnt hatte, eine
Tochter um sich zu haben. Insgeheim war sie sicher froh, dass sie ihren Freund
nun ganz zu sich holen konnte. Solange wir unter einem Dach lebten, behielten
wir unsere Partnerschaften immer so gut es ging für uns. Mattia bildete aufgrund
der Umstände die erste Ausnahme.

Kapitel 29

 
    So traurig der Abschied von Hamburg und
meiner Mutter auch war, er war nichts im Vergleich zu der Freude, die mich
erfasste, als ich hinter Mattias schwarzem Alfa Romeo auf die Autobahn fuhr.
Wir würden meine Mutter schon im Herbst zu ihrem 50. Geburtstag besuchen. Und
auch meine Freundinnen würde ich dann wiedersehen. Am Ende hatte sogar Holger
vor der Tür gestanden und uns beiden von Herzen Glück gewünscht.

 
    Nach fünf Stunden erreichten wir
Frankfurt am Main, nach weiteren drei Stunden Freiburg im Breisgau. Ich hatte
Mattia von dieser idyllischen Stadt erzählt und so hatten wir beschlossen, dort
einen Zwischenstopp einzulegen. Wir wählten ein günstiges Hotel und buchten
zwei Plätze in der Tiefgarage dazu. Immerhin waren beide Autos gefüllt mit
Dingen, die mir am Herzen lagen.

 
    Es war 18 Uhr, als ich mich erschöpft auf
dem Hotelbett ausstreckte. Nur kurz ausruhen, dachte ich. Mattia legte sich
neben mich und stützte sich auf einem Arm ab.
    »Sei Felice? Bist du glücklich, Tanina?«,
fragte er und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr.
    »Ich war nie glücklicher«, gab ich
lächelnd zurück und zog ihn zu mir heran.
    Wenn ich die letzten sechs Monate meines
Lebens noch einmal Revue passieren ließ, war es tatsächlich eine Berg- und
Talfahrt der Gefühle gewesen. Aber so musste das Leben wohl sein. Nur, wer die
tiefsten Täler durchschritt, dem war es auch vergönnt, die höchsten Gipfel der
Freude zu erklimmen. Und inmitten dieser Energieströme wohnte die Leidenschaft.
Denn wer sich mit nur einer der beiden Seiten begnügte, der wurde mit
Langeweile bestraft.

 
    Wir aßen auf der Terrasse eines urigen
Lokales zu Abend: Zwiebelrostbraten mit Spätzle, die Mattia zunächst
misstrauisch beäugte, dann aber schnell auf den Geschmack kam. Dazu teilten wir
uns eine Flasche Wein.
    Es war noch frisch an diesem Abend, doch
man konnte spüren, dass der Sommer nicht mehr fern war. Er war hinter den
Alpen, das wusste ich.
    Zum Ausklang des Tages machten wir noch
einen Spaziergang durch Freiburgs Gassen, noch einmal telefonierte Mattia mit
Signor Caruso, antwortete aber weiterhin immer nur mit Sì und No. Um 22 Uhr
gingen wir schlafen. Es sollte vorerst meine letzte Nacht in meiner Heimat
sein. Doch was war schon Heimat? War es ein Ort? Oder war es nicht eher das
Gefühl, angekommen sein?
    Mit diesem letzten Gedanken und einem
Lächeln auf den Lippen schlief ich eng an meine große Liebe gekuschelt ein.

 
    Punkt acht Uhr saßen wir im
Frühstücksraum und schmierten uns Brötchen für die Weiterreise. Die Schweiz war
teuer, und wir wollten so wenig Stopps einlegen wie möglich. Kurz vor der
Autobahn tankten wir noch einmal voll, dann ging es weiter. Ich war sehr
aufgeregt: noch ein paar Stunden, dann kamen die Berge. Abgesehen davon, dass
ihr Anblick für mich als »Mädchen von der Küste« immer wieder überwältigend
war, waren sie die ersten Anzeichen dafür, dass mein geliebtes Italien nicht
mehr weit war. Und auch wenn Mattia sich in den Wochen, die er mit mir in
Hamburg verbracht hatte - fern von seiner Welt - kein einziges Mal hatte
anmerken lassen, dass er Heimweh hatte, so sah ich ihm nun doch an, dass
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