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Winter auf Italienisch

Winter auf Italienisch

Titel: Winter auf Italienisch
Autoren: Joleen Carter
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Autobahnen, durchquerte die Schweiz und schlängelte mich von
da an Serpentine für Serpentine zum Großen St. Bernhard-Tunnel hoch. Erst an
der Tankstelle direkt vor dem Tunnel, und vor der Grenze, die sich im Tunnel
befand, begann dieses glückliche Kribbeln in meinem Bauch. Und mir wurde wieder
bewusst, dass hinter dem großem Bergmassiv, das ich zu durchfahren gedachte,
diese »andere Welt« sich ein weiteres Mal für mich auftun würde.

 
    Nun stand ich in der Haltebucht und
atmete ein letztes Mal ich tief ein. Fast war mir, als läge selbst hier in den
Bergen, doch ein kleiner Hauch von Salbei und Basilikum in der Luft.
    Ich startete den Wagen, schloss das
Fenster, drehte die Heizung voll auf und begab mich wieder auf die »Viale Gran
San Bernado« in Richtung Aosta. Die Stoßdämpfer hatten einiges zu leisten und ich
hoffte, dass mein Golf durchhielt. An vielen Stellen war die Straße
ausgebessert, an ebenso vielen aber auch nicht. Wo es besonders holprig wurde,
standen dreieckige »Attenzione«-Schilder, die von Petroliumfunzeln beleuchtet
wurden. Herrlich unperfekt eben.
    Je näher ich meinem Ziel kam, umso schneller
klopfte mein Herz. Ich passierte Orte wie Saint Lèonhard, Ètroubles und Gignod,
die alle noch sehr französisch klangen, da ich mich ja unweit der französischen
und der Schweizer Grenze im französischen Kanton befand. Selbst der Mont Blanc
- hier Monte Bianco genannt - war ganz in der Nähe .
    Noch einmal schlängelte sich die Straße
bei Variney-chez Roncoz, doch dann konnte ich fast direkt auf die Stadt
zuhalten, in die ich bald eintauchte. In Aosta selbst erkannte ich das
Krankenhaus, das »Ospedale Regionale«, wieder. Daran vorbei, noch einmal
rechts, dann geradeaus. Endlich bog ich gespannt in die Via Carducci ein,
versuchte, das Haus schon von weitem auszumachen. Ja, hier wohnte Mafalda. Ich
war wieder einmal angekommen, müde und erleichtert.

Kapitel 2

 
    Im Winter war ich noch nie in Italien
gewesen. Im späten Herbst, ja, aber nicht so richtig im tiefen Winter.
Weihnachten hatte ich noch mit meiner Mutter verbracht, auch damit sie das Fest
der Liebe nicht allein verbringen musste. Ich wusste zwar, dass sie gern mal
für sich war, auch, dass sie genug Freunde hatte, aber Weihnachten, das war
bisher immer unser gemeinsames Fest gewesen. Das sollte auch so bleiben. Gleich
am ersten Weihnachtstag war ich dann aufgebrochen, da Mama sowieso zu Tante
Sybille nach Lüneburg fuhr.

 
    Nun stand ich mit meinem Koffer vor dem
rustikalen Mehrfamilienhaus und schaute erwartungsvoll zu den grünen
Lamellenfensterläden hinauf. Obwohl ich mich bei den Carusos wie zuhause
fühlte, hatte ich schweißnasse Hände. Ganz schön kaputt von der langen Reise
war ich auch. Aber   die Euphorie des
Wiedersehens hielt mich wach.

 
    Ich atmete tief durch und drückte auf den
Klingelknopf.
    »Chi è? Wer ist da?«, krächzte die Stimme
von Signora Caruso durch die Gegensprechanlage.
    »Sono io! Ich bin es, Tanja.«
    Mit einem Klicken sprang die Haustür auf.
Ich schluckte den   Kloß im Hals hinunter
und verdrückte mir ein paar Freudentränen, als ich das Treppenhaus betrat. Die
Räder meines Koffers surrten leise über den Marmorfußboden. Es duftete nach
Italien, nach den Kochkünsten der italienischen Mütter dieses Hauses. Im
Fahrstuhl schloss ich kurz die Augen und genoss den letzten Moment der Ruhe für
die nächsten Stunden.

 
    Der Fahrstuhl kam mit einem Ruck zum Stehen.
5. Stock. Augenblicklich wurde die Tür aufgerissen. Mafalda sprang auf mich zu,
erdrückte mich fast, hielt mich ein wenig von sich weg, küsste mich dann auf
beide Wangen.
    »Wie schön, dich zu sehen!«. Sie
strahlte. »Ich dachte schon, du würdest niemals ankommen.«
    Nun schob Giacomo, Mafaldas Bruder, seine
Schwester beiseite, küsste mich ebenfalls erst links, dann rechts und griff
nach meinem Koffer.
    »Ben‘ arrivata! Willkommen!«, sagte er
und trug den Koffer in die Wohnung der Carusos.

 
    »Permesso!«, sagte ich höflich, als ich
im Türrahmen stand. »Dai, vieni, entra! Los, komm doch rein!« Signora Caruso
wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab, packte meinen Arm, zog mich in den
langen Flur und drückte mich an ihren üppigen Busen. Sie roch nach italienischen
Kräutern und Tomaten.
    »Endlich haben wir unser deutsches
Mädchen wieder«, lachte sie und kniff mich in beide Wangen. »Aber dünn bist du
geworden. Na, das werden wir aber ändern. Mafalda, nimm Tanja mal die Jacke ab.
Und du,
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