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Winter auf Italienisch

Winter auf Italienisch

Titel: Winter auf Italienisch
Autoren: Joleen Carter
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Tanja, kommst am besten gleich mit in die Küche. Ich mache dir erstmal
einen großen Becher Caffelatte. Und frische Biscotti habe ich gestern Abend
extra noch für dich gebacken. Die mit Mandeln, die mochtest du doch letztes Mal
so gern.«
    »Ma, dai! Mamma! Sei doch mal einen
Moment lang still!«, bremste Mafalda ihre Mutter. »Tanja hat noch nicht ein
Wort sagen können, seit sie angekommen ist.«
    Wir setzten uns auf die lange Holzbank in
der Wohnküche. »Racconta, dai! Erzähl! Wie war deine Reise? Wie geht es deiner
Mutter?«
    Dankbar lächelte ich meine Freundin an
und nahm erst einmal einen tiefen Schluck des wärmenden Getränkes, das Signora
Caruso zusammen mit einem Teller voller Kekse vor mir platzierte.
    »Ich bin sehr glücklich, endlich wieder
bei euch zu sein«, begann ich und kämpfte schon wieder mit den Tränen. Signora
Caruso auch. Giacomo sah berührt zu Boden, während Mafalda nur lachte und
meinen Arm tätschelte.
    »Aber das will ich doch hoffen. Warum
sonst solltest du immer wieder eine so weite Reise auf dich nehmen?«
    Da stimmte ich ihr uneingeschränkt zu.
Außer Hamburg gab es keinen Ort, an dem ich mich wohler fühlte.

 
    »Meiner Mutter geht es gut«, erzählte ich
weiter und kaute dabei auf einem der köstlichen Mandelplätzchen.
    »Wir haben gemütlich Weihnachten zusammen
verbracht, bevor ich losgefahren bin. Gestern war sie dann bei meiner Tante,
Zia Sybille. Und ich bin sicher, dass sie den heutigen Tag ganz entspannt bei
einem Glas Rotwein und einem guten Buch auf dem Sofa genießen wird.«
    Ich wusste, dass Signora Caruso nicht
wirklich verstehen konnte, wie jemand es genoss, den Tag auf dem Sofa zu
verbringen, auch wenn sie milde lächelnd nickte. Für sie wäre es das Größte,
ein riesiges Zehn-Gänge-Menü für die Familie inklusive aller Freunde,
Verwandten und Nachbarn zu zaubern. So hatte jeder seine eigene Art, sich zu
entspannen.

 
    »Wo wir gerade davon sprechen, würde ich
sie gern gleich anrufen, damit sie weiß, dass ich gut angekommen bin.«
    »Ma certo! Aber sicher!« Signora Caruso
warf Giacomo einen strengen Blick zu, woraufhin er sofort das Telefon aus dem
Flur holte und mir reichte.
    »Aber das ist nicht nötig«, versuchte ich
zu erklären, indem ich mein Handy aus der Hosentasche zog und auf den Tisch
legte.
    »Das ist viel zu teuer!« Energisch
schüttelte Signora Caruso den Kopf.
    »Na, schön. Allora, grazie, danke sehr.«
    Es war aussichtslos, eine italienische
Mutter davon abzubringen, einem Gutes zu tun. Das hatte ich während meiner
Besuche längst begriffen. Also leerte ich meinen Becher, stopfte mir einen
letzten Keks in den Mund und folgte Mafalda in ihr Zimmer, wo Giacomo schon
meinen Koffer bereitgestellt hatte.

 
    Mafalda besaß ein eigenes Zimmer wie
Giacomo auch. Nur die zwei anderen Schwestern mussten sich ein Zimmer teilen. Sie
waren beide längst berufstätig und kamen eigentlich nur noch zum Essen und zum
Schlafen nach Hause. Wären sie verheiratet gewesen, wären sie lange ausgezogen.
Giacomo, auch schon 24 Jahre alt, war nur deshalb Besitzer eines Einzelzimmers,
weil er eben ein junger Mann war.

 
    Mafaldas Bett war in eine Schrankwand
integriert. Für Besucher wie mich gab es an der gegenüberliegenden Wand eine
klobige Kommode, die sich in ein Gästebett verwandeln ließ. Ich setzte mich auf
Mafaldas Bett, beugte mich vor und öffnete meinen Koffer. Mafi hatte mir auch
diesmal wieder zwei Fächer in ihrem Schrank freigeräumt.
    »Ich packe nur kurz aus und mache mich
ein wenig frisch«, sagte ich.
    »Kein Problem! Ich helfe Mama in der
Küche beim Vorbereiten des Mittagessens.«
    Dankbar lächelte ich meine Freundin an
und packte aus. Schließlich klappte ich den Koffer zu und schob ihn unter Mafis
Bett. Mit meiner Kulturtasche in der Hand saß ich da und guckte mich an dem
»Vasco Rossi«-Poster fest. Nur noch einen Moment verschnaufen, dachte ich,
legte mich auf Mafaldas Kopfkissen und - schlief auf der Stelle ein.

Kapitel 3

 
    Es war schon dunkel draußen, als Giacomo
mich sanft an den Schultern wachrüttelte.
    »Ma no! Ach nö!«, rief ich empört aus und
rieb mir verschlafen die Augen. Giacomo lachte.
    »Hai dormito tutto Il giorno. Du hast den
ganzen Tag verschlafen.«
    »Mi dispiace! Es tut mir leid! Ich bin
die ganze Nacht durchgefahren. Das hat mich wohl doch mehr angestrengt, als ich
wahrhaben wollte.«
    Ich fröstelte. Er reichte mir eine
Strickjacke, die über dem Sessel hing und die ich dankbar annahm.
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