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Wind über den Schären: Liebesgeschichten aus Schweden (German Edition)

Wind über den Schären: Liebesgeschichten aus Schweden (German Edition)

Titel: Wind über den Schären: Liebesgeschichten aus Schweden (German Edition)
Autoren: Inga Lindström
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Mutter.
    »Ganz bestimmt nicht«, sagte sie grinsend. »Sei bitte pünktlich zum Abendessen zu Hause.«
    »Klar. Bis später.« Er winkte seiner Mutter noch einmal zu, schwang sich aufs Rad und fuhr los.
    Valerie spurtete in die entgegengesetzte Richtung. Die Straße führte geradewegs zum Riddarfjärden; sie liebte es, am Ufer entlangzulaufen, vorbei an den vielen kleinen Cafés und Restaurants. Auf den Bänken saßen Touristen ebenso wie Einheimische und genossen die Aussicht aufs Wasser. Der Wind rauschte leise in den alten Bäumen, und die Menschen, die am Ufer entlangflanierten, machten ihr lächelnd Platz.
    Am Ende der Straße bog sie schwungvoll nach links ab – und prallte geradewegs in einen Mann. Er strauchelte, hielt sich an ihr fest und fing sich wieder.
    Als er sich aufrichtete, traf sein Blick den ihren. Ihre Blicke verfingen sich ineinander, und sekundenlang schien die Zeit stillzustehen. Valerie fand als Erste die Sprache wieder.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte sie atemlos, »ich habe Sie nicht gesehen.«
    Er wirkte besorgt. »Mir tut es leid. Haben Sie sich wehgetan?«
    Valerie schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein, mir ist nichts passiert.«
    Wieder fanden sich ihre Augen, ihre Blicke ließen einander nicht los. Beide sagten kein Wort.
    Valerie registrierte, dass er braun gebrannt war, so als würde er sich viel im Freien aufhalten. Sein ohnehin helles Haar wirkte wie von der Sonne gebleicht, und seine blauen Augen strahlten. Er war groß, schlank und wirkte dennoch kräftig.
    Valerie wurde sich peinlich bewusst, dass sie diesen Mann anstarrte. Sie trat einen Schritt zurück und stammelte: »Ich … äh … ich muss dann mal weiter. Ich habe ja noch acht Kilometer vor mir.«
    »Soll ich Sie fahren?«, bot er sofort an.
    Valerie betrachtete ihn belustigt. Er schien erst jetzt ihre Joggingkleidung zu bemerken, und sie lachten beide laut auf.
    »Vielleicht würden Sie ja Ihr Training für heute abbrechen, und ich könnte Sie auf den Schrecken auf einen Kaffee einladen? Oder ein Glas Wein«, sagte er mit einer Handbewegung in Richtung des Restaurants, aus dem er offensichtlich gekommen war.
    In diesem Moment klingelte sein Handy. Er entschuldigte sich und nahm das Gespräch an, nicht ohne ihr durch Gesten zu verstehen zu geben, sie möge doch bitte warten.
    »Leonie, wo bist du?«, hörte Valerie ihn fragen. »Wir haben auf dich gewartet.«
    Er lauschte einen Augenblick ins Telefon, bevor er sagte: »Ja, das verstehe ich natürlich. Thomas hätte sich einfach gefreut, dich zu sehen.«
    Als er den Ausführungen der Anruferin erneut aufmerksam lauschte, fand Valerie die Situation zunehmend peinlich. Unruhig trippelte sie von einem Bein auf das andere, bevor sie sich mit einem knappen »Auf Wiedersehen« in Richtung des Mannes verabschiedete und weiterlief.
    Er war sichtlich perplex und nahm kurz das Handy vom Ohr. »Auf Wiedersehen!«, hörte sie ihn hinter sich rufen.
    Valerie hob nur noch kurz die Hand, schaute sich aber nicht mehr um. Sie lief in gemäßigtem Tempo am Ufer entlang, ihre Gedanken aber verweilten bei dem Fremden. Vielleicht hätte sie doch warten und seine Einladung annehmen sollen …
    … und dann?
    Valerie mochte den Gedanken nicht weiterspinnen und versuchte, das Bild dieses Mannes aus ihrem Kopf zu verdrängen. Es war völlig unvernünftig, sich durch eine kurze Begegnung aus der Fassung bringen zu lassen.
    Drei Tage später hatte Lasse aufgrund einer Lehrerkonferenz schulfrei, und so nahm Valerie ihn mit nach Boxenberg, wo sie für diesen Tag das Vorstellungsgespräch vereinbart hatte. Lasse sollte ebenso wie sie selbst den Ort kennenlernen und entscheiden, ob er sich ein Leben dort vorstellen konnte. Vorausgesetzt, sie bekam den Job.
    Valerie hatte das Verdeck ihres Wagens aufgeklappt. Es roch nach Meer, und auf ihren Lippen schmeckte sie das Salz der nahen Ostsee. Nirgendwo war die Luft so klar, schien die Landschaft so weit wie hier. Eine ganze Weile schon fuhren sie auf einer Landstraße, ohne dass ihnen ein anderes Fahrzeug begegnet war. Nur hin und wieder kamen sie an einem Gehöft oder einem einsamen Haus vorbei, bevor sie in ein lichtes Birkenwäldchen eintauchten. Durch die Äste und Blätter hindurch schimmerte blau die Ostsee.
    Lasse hatte vor lauter Aufregung am Vorabend nicht einschlafen können und holte den mangelnden Schlaf nun auf der Fahrt nach.
    Weit und breit war keine größere Ansiedlung zu sehen, und Valerie befürchtete schon, sich verfahren zu haben,
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