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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition)
Autoren: Stephen King
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Kleidungsstücken hervor, umschlang in dicken Windungen Lukas Taille und zog sich fester. Der Teil hinter dem Kopf glitt aus dem größer werdenden Loch in Lukas Genick.
    Ich trat vor, packte den Kragen von Weggs Staubmantel und zerrte ihn daran zurück. Sein Arm, in den sich die Schlange verbissen hatte, war bereits schwarz geworden und auf doppelte Größe angeschwollen. Seine Augen quollen aus den Höhlen, während er mich anstarrte, und von seinen Lippen triefte weißer Schaum.
    Irgendwo kreischte Billy Streeter.
    Die Giftzähne lösten sich. »Brennt«, stöhnte Wegg leise, dann konnte er nicht mehr sprechen. Seine Kehle schwoll zu, und die Zunge schoss aus dem Mund. Er brach, in Todeskrämpfen erzitternd, zusammen. Die Schlange fixierte mich, während die gespaltene Zunge vor dem Maul züngelte. Sie hatte Schlangenaugen, die aber zugleich auch Menschenaugen waren. Ich hob meinen Revolver mit dem besonderen Geschoss. Ich hatte nur dieses eine Silbergeschoss. Ihr Kopf zuckte wild von einer Seite zur anderen, aber ich bezweifelte nicht, dass ich ihn treffen würde; schließlich war ich als Revolvermann dafür ausgebildet. Sie stieß mit blitzenden Giftzähnen zu, und ich drückte ab. Ich hatte gut gezielt, und der Schuss ging mitten in den weit aufgerissenen Rachen. Der Kopf zerplatzte in einem roten Regen, der weiß wurde, noch bevor er gegen die Gitterstäbe und auf den Fußboden prasselte. Ich hatte solch mehliges, weißes Fleisch schon früher gesehen. Es war Gehirnmasse. Menschliche Gehirnmasse.
    Plötzlich war es Ollie Angs zerstörtes Gesicht, das mich, auf einem Schlangenleib sitzend, aus dem ausgefransten Loch in Lukas Genick anstarrte. Zwischen den Schuppen des Schlangenleibs wucherte zottiger, schwarzer Pelz hervor, als hätte das darin verendende Ungeheuer die Kontrolle über die Formen verloren, die es annahm. Unmittelbar bevor es zu Boden ging, wurde das verbliebene blaue Auge zu einem gelben Wolfsauge. Dann brach es zusammen und riss den unglücklichen Steg Luka mit sich. Auf dem Boden schimmerte und flackerte der sterbende Körper des Fellmanns, zuckte und veränderte sich. Ich hörte das Platzen von Muskeln und das Knirschen sich verschiebender Knochen. Ein nackter Fuß schoss hervor, verwandelte sich in eine Tatze und wurde dann wieder zu einem Menschenfuß. Durch Ollie Angs Überreste lief ein gewaltiges Zittern, dann lagen sie still da.
    Der Junge kreischte weiter.
    »Geh zu dem Strohsack, und leg dich hin«, forderte ich ihn auf. Meine Stimme klang nicht ganz fest. »Mach die Augen zu, und sag dir, dass es vorbei ist, denn das ist es.«
    »Ihr sollt bei mir sein«, schluchzte Billy, als er zum Strohsack ging. Seine Wangen waren mit Blut gesprenkelt. Ich war ganz damit getränkt, aber das sah er nicht mehr. Er hatte die Augen schon geschlossen. »Ich will Euch bei mir haben. Bitte, Sai, bitte!«
    »Ich komme zu dir, sobald ich kann«, sagte ich. Und so war es dann auch.
    Wir drei verbrachten diese Nacht auf zusammengeschobenen Strohsäcken in der Ausnüchterungszelle: Jamie links, ich rechts, Young Bill Streeter in der Mitte. Der heiße Wüstenwind war abgeflaut, und wir konnten bis tief in die Nacht hinein den Lärm hören, mit dem die Stadt Debaria den Tod des Fellmanns auf der Hauptstraße feierte.
    »Was passiert jetzt mit mir, Sai?«, fragte Billy, kurz bevor er endlich einschlief.
    »Alles wendet sich zum Besten«, sagte ich und hoffte, dass Everlynne von Serenitas mich nicht widerlegen würde.
    »Ist er tot? Wirklich tot, Sai Deschain?«
    »Wirklich.«
    In dieser Beziehung wollte ich jedoch nichts riskieren. Nach Mitternacht, als der Wind zu einer Brise abgeflaut war und Billy Streeter in einem erschöpften Tiefschlaf lag, in dem ihn nicht einmal Albträume erreichen konnten, trafen Jamie und ich uns mit Sheriff Peavy auf dem Ödland hinter dem Gefängnis. Dort übergossen wir Ollie Angs Leiche mit Petroleum. Bevor ich es anzündete, fragte ich, ob jemand die Armbanduhr als Andenken wolle. Irgendwie hatte sie den Kampf heil überstanden, und der raffinierte kleine Sekundenzeiger drehte sich immer noch.
    Jamie schüttelte den Kopf.
    »Ich nicht«, sagte Peavy. »Sie könnte immerhin verhext sein. Macht weiter, Roland. Wenn ich Euch so nennen darf.«
    »Aber gern«, sagte ich, strich das Schwefelholz an und ließ es fallen. Wir sahen zu, bis von Debarias Fellmann nur noch schwarze Knochenreste übrig waren. Die Armbanduhr lag als verkohlter Klumpen in der Asche.
    Am nächsten Morgen
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