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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition)
Autoren: Stephen King
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einen Fellmann zu töten: mit einem spitzen Gegenstand aus dem heiligen Metall. Ich hatte den Schmied mit Gold bezahlt, aber das Geschoss, das er für mich angefertigt hatte – das vor den Hammer gelangen würde, sobald ich ihn spannte –, bestand aus reinem Silber. Vielleicht würde es wirken.
    Wenn nicht, würde ich Blei folgen lassen.
    Die Tür ging auf, und Sheriff Peavy erschien. In der rechten Hand hielt er einen gut ellenlangen Schlagstock aus Eisenholz, in dessen Rohlederschlaufe sein Handgelenk steckte. Während er hereinkam, schlug er sich mit dem verdickten Ende leicht in die linke Handfläche. Als sein Blick auf den leichenblassen Jungen hinter dem Gitter fiel, lächelte er.
    »Kopf hoch, Billy, Sohn von Bill«, sagte er aufmunternd. »Wir sind bei dir, und alles ist bestens. Du hast nichts zu befürchten.«
    Billy gab sich Mühe, das Lächeln zu erwidern, aber ich sah ihm an, dass er so einiges befürchtete.
    Hinter dem Sheriff kam Steg Luka herein, der auf seinen verkrüppelten Beinen hereinschwankte. Hinter ihm stapfte ein fast gleichaltriger Mann. Er hatte einen struppigen weißen Schnauzbart und ungewaschenes graues Haar, das ihm bis auf die Schultern fiel, und blickte finster und verschlagen drein. Vielleicht war er auch nur kurzsichtig. Auf der Liste stand er als Bobby Frane.
    »Geht langsam weiter«, sagte ich. »Und lasst euch von dem Jungen genau ansehen.«
    Sie gingen an der Zelle vorbei. Bill Streeter sah sorgenvoll in jedes Gesicht.
    »Wünsch dir ’nen guten Abend, Junge«, sagte Luka. Bobby Frane tippte sich an eine unsichtbare Mütze. Einer der jüngeren Männer – der Liste nach Jake Marsh – streckte seine vom Bingokrauttabak gelbe Zunge heraus. Die anderen schlurften ohne eine Geste vorbei. Einige hielten dabei den Kopf gesenkt, bis Wegg sie anblaffte, gefälligst den Jungen anzusehen.
    Auf Bill Streeters Gesicht zeigte sich kein aufkeimendes Erkennen, nur eine Mischung aus Angst und Verwirrung. Ich ließ mir nicht anmerken, was ich dachte, aber ich verlor allmählich die Hoffnung. Warum sollte der Fellmann sich hier verraten? Wenn er die Nerven behielt, hatte er nichts zu verlieren – und das musste er wissen.
    Jetzt waren nur noch vier übrig … dann zwei … dann nur noch der Junge, der im Busted Luck bekannt hatte, immer ängstlich zu sein. Als er vorbeiging, sah ich auf Billys Gesicht etwas, was mich wieder hoffen ließ, aber dann wurde mir klar, dass sich hier nur zwei junge Menschen stumm gegrüßt hatten.
    Zuletzt kam Wegg, der seinen Schlagstock für alle Fälle gegen zwei Schlagringe aus Messing eingetauscht hatte. Er bedachte Billy Streeter mit einem nicht sehr freundlichen Lächeln. »Siehst wohl keine Ware, die du kaufen möchtest, was, Junker? Nun, das tut mir leid, aber ich kann nicht sagen, dass ich überrascht …«
    »Revolvermann!«, rief Billy mir zu. »Sai Deschain!«
    »Ja, Billy.« Ich stieß Wegg mit der Schulter beiseite und blieb vor der Zelle stehen.
    Billy fuhr sich mit der Zungenspitze über die Oberlippe. »Lasst sie noch mal vorbeigehen, wenn’s Euch beliebt. Aber diesmal sollen sie die Hosenbeine hochziehen. Ich kann die Ringe nicht sehen.«
    »Billy, die Ringe sind alle gleich.«
    »Nein«, sagte er. »Das sind sie nicht.«
    Sheriff Peavy hatte alles mitgehört, weil der Wind vorübergehend abgeflaut war. »Alles kehrt, Männer, und an der Zelle vorbei zurück. Dieses Mal mit hochgezogenen Hosenbeinen.«
    »Reicht’s nicht allmählich?«, knurrte der Mann mit der alten Armbanduhr. Auf der Liste stand er als Ollie Ang. »Uns sind Drinks versprochen worden. Doppelte. «
    »Was gibt’s da zu meckern, Schätzchen?«, sagte Wegg. »Müsst ihr nicht sowieso an der Zelle vorbei zurück? Bist du als Kind auf den Kopf gefallen?«
    Sie murrten darüber, aber dann setzten sie sich wieder in Bewegung, um an der Zelle vorbei in Richtung Dienststelle zu gehen. Diesmal reichte die Schlange vom jüngsten bis zum ältesten Mann, und alle zogen ihre Hosenbeine hoch. Für mich sahen die Tätowierungen alle gleich aus. Anfangs glaubte ich, dem Jungen müsste es ähnlich ergehen. Dann bekam er plötzlich große Augen und trat noch einen Schritt von den Gitterstäben zurück. Aber er sagte nichts.
    »Sheriff, lasst sie einen Augenblick anhalten, wenn ich bitten darf.«
    Peavy verstellte die Tür. Ich trat an die Gitterstäbe und senkte die Stimme: »Billy? Hast du was erkannt?«
    »Die Narbe«, sagte er. »Ich hab die Narbe gesehen. Es ist der Mann mit dem
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